GroKo-Neuauflage: Ein Scheitern käme der AfD zugute

20.1.2018, 14:50 Uhr
Am Sonntag entscheidet sich, ob es zu einer Neuauflage der GroKo kommt.

© Maurizio Gambarini/dpa Am Sonntag entscheidet sich, ob es zu einer Neuauflage der GroKo kommt.

Ich finde: Die SPD muss sich sogar dazu durchringen. Denn ein "Nein" würde nicht bloß die SPD auf einen neuen Tiefpunkt bringen. Es würde zudem die Republik in eine Krise stürzen.

Nicht in eine Staatskrise, dazu ist die Verfassung zu sehr auf Stabilität ausgerichtet. Aber in eine veritable Vertrauenskrise: Sind die Parteien, die doch auch und maßgeblich dazu da sind, Politik zu machen, dazu nicht mehr in der Lage, nicht mehr willens? Diese Frage stellen sich schon jetzt viele Bürger, die irritiert bis genervt auf das lange Ringen um eine Regierung blicken. Erst wollte die FDP nicht - und nun auch die SPD nicht?

Eine Partei, die sich bisher stets für die Verantwortung entschied? Sie tat das immer mit Skrupeln, Zweifeln, Schmerzen. Aber die ehren sie, weil die Sozialdemokraten immer mehr auf Inhalte blicken als die Union, die sich als eine Art automatische Regierungspartei sieht und für die der Machterhalt im Zweifel immer wichtiger war als das, was sie mit dieser Macht anfängt.

Entsprechend fielen die Sondierungsergebnisse aus: eher dünn, passend zu den angeschlagenen Akteuren Merkel, Schulz und Seehofer. Aber: Hat sich je eine Koalition exakt an die Vereinbarung gehalten, mit der sie gestartet ist? Auf positive Überraschungen, auf mehr Mut durch womöglich neue, andere Akteure kann, darf man hoffen - es ist alles andere als ausgemacht, dass eine neue GroKo vier Jahre halten muss.

Profitieren würde nur die AfD

Aber sie sollte starten. Minderheitsregierung? Dazu fehlen Angela Merkel schlicht die Ideen. Und von wegen spannendes Experiment: Zu erleben wäre eher ein elendes Ringen um Mehrheiten mit der steten Versuchung, die Kanzlerin hängenzulassen. Zäh, ermüdend - und Stoff nur für die AfD, die posaunen würde: Seht her, wie sie sich anstellen, die "Altparteien"!

Die haben es mehr denn je selbst in der Hand, eben nicht alt auszusehen. Sondern erst mal anzufangen. Und dann, im ureigenen Interesse, mehr zu machen aus dem Minimalkompromiss, auf den sie sich nun geeinigt haben. Es liegt an ihnen, die momentan zu oft matte, müde Parteiendemokratie wieder in Schwung zu bringen.

Neuwahlen? Würden ja kaum ein anderes Ergebnis bringen und zu neuen Sondierungen zwingen, mit einem wohl stärkeren rechtspopulistischen Lager, das davon am meisten profitieren würde.

Also, fangt bitte wenigstens und erst mal an. Damit sich wieder etwas bewegt. In Deutschland. Und in den Parteien. Die Zeit des Übergangs hat längst begonnen, es wäre den Noch-Parteichefs zu raten, ihn selbst zu gestalten, wenn die Koalition Fahrt aufgenommen hat. Daher: ein klares Ja zur GroKo!

Anders sieht es NN-Chefredakteur Michael Husarek:


Contra-GroKo-Kommentar: Nein zum Kompromiss-Einheitsbrei!


 

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