GroKo-Neuauflage: Nein zum Kompromiss-Einheitsbrei!

20.1.2018, 14:50 Uhr
Die GroKo ist nur eine mögliche Option.

© Bernd von Jutrczenka/dpa Die GroKo ist nur eine mögliche Option.

Ein Weiter so empfinde ich als schädlich für unsere ohnehin angeschlagene politische Kultur. Viele Wähler sahen das am 24. September offenbar auch so - Union und SPD zählten zu den klaren Wahlverlierern. Und, machen wir uns nichts vor, eine GroKo unter Merkel wäre ein Weiter so.

Mir genügt der Rückblick auf die zwei Merkel-GroKos, um festzustellen, dass politischer Wagemut, also das Aufbrechen alter Muster, mit CDU, CSU und SPD nicht zu erwarten ist. Ein Blick in die Sondierungsvereinbarung bestätigt das: Abgesehen von dem tatsächlich mutigen und zukunftsfähigen Bekenntnis für eine Stärkung der EU riecht der Rest nach kleinstem gemeinsamen Nenner.

Hier eine De-facto-Obergrenze zur Beruhigung der konservativen Klientel, dort sozialpolitische Zuckerl für die SPD. Und dazwischen viel Mittelmaß. Außerdem kann ich mit einer angstgetriebenen Debatte über die Frage Wie ginge es denn ohne eine GroKo weiter? wenig anfangen. Denn es ginge selbstverständlich weiter.

Zwei Optionen

Zwei Optionen stehen offen: eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen. Berlin ist nicht Weimar, die Gefahr einer Staatskrise sehe ich nicht im Entferntesten. Warum sollte eine unionsgeführte Minderheitsregierung nicht mit wechselnden Mehrheiten Politik gestalten können? Ginge das schief, kämen als Ultima ratio Neuwahlen ins Spiel.

Bleibt alles beim Alten, mache ich mir zudem Sorgen um den Parlamentarismus. Eine Große Koalition hat in der Vergangenheit den Bundestag zum zahnlosen Tiger degradiert. Ich sehne mich nach einem Ringen um die beste Lösung.

Die sieht halt häufig anders aus als der in kleinen und geheimen Koalitionsrunden ausgehandelte Kompromiss-Einheitsbrei. Schließlich bereitet es mir Kopfzerbrechen, Große Koalitionen als politischen Normalfall zu betrachten. Zwischen 1966 und 1969 und auch bei den jüngeren Kooperationen zwischen Union und SPD gab es jeweils gute Gründe für ein temporäres Zusammengehen.

Das Eis ist zu dünn

Dieses Mal gibt es nur einen Grund: Die Verhandlungen für ein Jamaika-Bündnis sind gescheitert. Mir ist dieses Eis zu dünn, um unsere Republik vier Jahre lang zu tragen. Ganz abgesehen davon, dass ein Blick nach Österreich lehrt, wer von der immerwährenden GroKo tatsächlich profitiert.

Sollte also die SPD-Basis mehrheitlich Nein zum dann vorliegenden Koalitionsvertrag sagen, bräche das Land nicht zusammen. Vielmehr begänne die wohl spannendste politische Phase. Mein Vertrauen in unser Grundgesetz und die Verfassungsorgane ist so groß, dass mir davor nicht bange wäre.

Anders sieht es NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz:


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