FDP vor der Wahl

Kommentar: Christian Lindner, der Kanzler-Macher?

22.9.2021, 10:00 Uhr
Sprach am Nürnberger Jaokobsplatz: FDP-Chef Christian Lindner.

© Roland Fengler, NNZ Sprach am Nürnberger Jaokobsplatz: FDP-Chef Christian Lindner.

Das ist eine Rolle, die Christian Lindner offensichtlich genießt: Auf ihn kommt es ziemlich wahrscheinlich an, wenn es ab dem Montag nach der Wahl darum geht, wer künftig Deutschland regiert.

Ampel, Jamaika oder Rot-Grün-Rot

Es liegt auch an der FDP, ob dies eine Ampel unter Olaf Scholz und mit den Grünen oder womöglich doch Jamaika mit einem Unions-Kanzler und wiederum den Grünen sein könnte. Beides sind Optionen, die Rot-Grün-Rot vermeiden würden – eine Koalition, die weder Scholz noch Annalena Baerbock frohgemut anstreben (ihre Basis teils allerdings schon).

Lindners Argumentation ist nicht von der Hand zu weisen: Es ist keineswegs selbstverständlich, dass die stärkste Partei automatisch den Kanzler stellt. Sonst hätte - bekanntestes Beispiel - Helmut Kohl 1976 regieren müssen, seine Union kam fast auf die absolute Mehrheit, dennoch blieben SPD und FDP an der Macht, weil ihre Programmatik damals noch übereinstimmte.

Schmerzhafte Kompromisse nötig

Das wird auch nach dem 26. September die entscheidende Frage sein: Wer findet mit wem zusammen? Was passt, was geht nicht? Da ist viel Flexibilität gefragt, da ist es nicht hilfreich, Maximalpositionen aufzubauen - denn am Ende wird jeder Beteiligte schmerzhafte Kompromisse schließen müssen, sonst kommt gar keine Koalition zustande.

Ganz wichtig dabei wird sein: Alle Partner müssen wirklich Partner sein (und das auch wollen). Jeder muss Erfolge vorweisen können, aber auch den anderen solche Erfolge gönnen können. Niemand wird „sein“ Programm ganz umsetzen können. Da braucht es Verhandlungsgeschick und Verkaufskünste.

Wofür steht die Union - außer für Machterhalt?

Auf den ersten Blick liegt es nahe, dass die Union der natürliche Partner der Liberalen ist. Doch zu Recht verweist der FDP-Chef auf die inhaltliche Leere von CDU und CSU, denen es aktuell zuallererst um den Erhalt der gefährdeten Macht zu gehen scheint und weniger um konkrete Ziele für eine bessere Zukunft.

Aber kommt eine FDP, die Steuern senken statt erhöhen will und beim Klimaschutz ganz andere Pläne hat als Grüne und SPD, wirklich klar mit einer Ampel? Das wiederum hängt davon ab, wie sehr Scholz es ernst meint mit seinen Absagen an die Außen- und Sicherheitspolitik der Linken. Und wie sehr er da auf die Liberalen zugehen könnte.

Ein bisschen grün, gelb und rot

Eine Studie des „rheingold-Instituts“ zeigte kürzlich, was viele Deutsche wollen: ein bisschen grün (mehr Klimaschutz), ein bisschen gelb (mehr Freiheit und weniger aufwendige Verfahren), ein bisschen rot (und das alles sozial abgefedert). Schwarz kam da nur am Rande vor - eventuell auch, weil zusehends unklar ist, wofür die Union eigentlich steht.

Klingt wie der Wunsch nach einer Ampel. Ja, die könnte das Land voranbringen. Aber nur, wenn sich alle Partner ab Sonntag, 18 Uhr verabschieden von Denkverboten und gemeinsam an den besten Lösungen fürs Land arbeiten.

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