Kommentar: Die AfD steckt jetzt in der Zwickmühle

11.1.2019, 14:19 Uhr
Der Vorsitzende der AfD in Brandenburg, André Poggenburg (Mitte), verabschiedet sich aus der Partei.

© Sebastian Kahnert/dpa Der Vorsitzende der AfD in Brandenburg, André Poggenburg (Mitte), verabschiedet sich aus der Partei.

Die AfD hat regelmäßig die Regeln des politischen und des menschlichen Anstands gebrochen: Das war ein Teil ihres Erfolgrezepts, weil es ihr in der Folge fette Schlagzeilen einbrachte. Der sachsen-anhaltinische  Rechtsaußen André Poggenburg war einer der Frontmänner dieser zutiefst unappetitlichen Strategie am Rande der Strafbarkeit: Er hat türkische Mitbürger auf das Übelste beschimpft und sich immer wieder unbelehrbar eine Sprache benutzt, die fatal an völkische Terminologie der Nazi-Zeit erinnert.

Das Problem der AfD ist jetzt: Auch wenn eine zutiefst widerwärtige und menschenverachtende Verhaltensweise eine Zeitlang funktioniert, muss das nicht auf Dauer gut gehen. Denn Rechtsradikale wie Poggenburg oder auch der thüringische Landeschef Björn Höcke rücken die AfD vollkommen zu Recht in den Fokus des Verfassungsschutzes. Und genau davor fürchtet sich die Bundesspitze, weil das bürgerliche Wähler nachhaltig verschrecken dürfte.

Die Umfragewerte sinken

Eben das ist die Zwickmühle, in die sich die AfD selbst manövriert hat: Entweder Schlagzeilen oder Verfassungsschutz. Daraus gibt es derzeit kein Entkommen - und wenn nicht alles trügt, reagieren die Wähler bereits darauf, weil die Umfragewerte sinken.

Dieser Effekt war allerdings eher im Westen erkennbar, nicht so sehr in den östlichen Ländern. Dort ist offensichtlich das Misstrauen in die bisherigen Volksparteien, verbunden mit Ängsten vor dem gesellschaftlichen Abstieg, so ausgeprägt, dass viele eine Protestpartei wählen wollen - auch wenn sie in völligem Gegensatz zu jener liberalen und offenen Gesellschaft steht, von der sie seit jetzt fast drei Jahrzehnten profitieren.

In drei dieser Länder, in Brandenburg, Thüringen und Sachsen, sind in diesem Jahr Landtagswahlen, die AfD hoffte auf Werte über 20 Prozent, vielleicht sogar auf die Rolle der stärksten Partei. Das wird jetzt deutlich schwieriger werden, weil André Poggenburg mit einer mitteldeutschen Bewegung - schon wieder ein Wort, das an Nazi-Deutsch erinnert - antreten will und damit wohl seinen ehemaligen Parteifreunden Stimmen abnehmen wird. Ob er es über die Fünf-Prozent-Marke schafft, ist völlig offen; er wird aber die Rechtspopulisten auf jeden Fall spürbar schwächen.

Eine Hassfigur geht

Die haben im übrigen noch ein paar Schwierigkeiten mehr: Die Folgen der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 sind weitgehend am Abklingen - mit den Straftätern unter den Flüchtlingen, wie sie jetzt in Amberg aufgetreten sind, werden Polizei und Justiz fertig. Die Integration jener, die bleiben dürfen, schreitet voran. Und selbst beim Thema Abschiebung, bei dem es in der Tat Vollzugsdefizite gab, lernen die Behörden dazu - wenn auch langsam.

Dazu ist eine der AfD-Hassfiguren, Kanzlerin Angela Merkel, auf dem politischen Rückzug. Und desweiteren hatte die AfD in der parlamentarischen Arbeit, besonders im Bundestag, keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen: All das macht den potenziellen Wählern der AfD allmählich klar, dass ein Kreuz bei dieser Partei zwar Unwillen und Protest ausdrückt, aber nichts verändert - schon gar nicht zum Besseren.

Unter dem Strich bleibt eine Partei, der die Themen ausgehen und die sich nun gerade in ihren Hochburgen spaltet. Das bedeutet eine düstere Zukunft für die Rechtspopulisten - für die politische Kultur in diesem Land ist das eine ausgezeichnete Nachricht.

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