Kommentar zur "neuen Seidenstraße": Riskantes Angebot für Rom

18.3.2019, 15:39 Uhr
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© Mark Schiefelbein/dpa

Der Vertrag, den Pekings Führung Italien anbietet, sieht auf den ersten Blick ganz harmlos aus. China lockt mit einem milliardenschweren Investitionsprogramm. Für die Regierung in Rom, in der sich die populistische Sterne-Bewegung und die rechte Lega die Macht teilen, ist das angesichts der massiven Finanzprobleme des Landes eine große Verlockung. Das Angebot, das offiziell "One Belt, One Road" (Ein Band, eine Straße) heißt, hat jedoch seine Haken.

Da ist zunächst eine gar nicht so raffiniert versteckte Finanzfalle. Die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIIB), über die das Geld fließen soll, überweist nicht einfach Geld nach Italien. Sie vergibt Kredite für Projekte, für die offene Ausschreibungen vorgesehen sind. Die Erfahrung in anderen Staaten zeigt, dass in aller Regel chinesische Baufirmen den Zuschlag erhalten. Die Hoffnung, dass die enorm hohe Arbeitslosigkeit in Italien damit gelindert werden könnte, wäre ziemlich naiv, denn die chinesischen Firmen bringen stets ihre eigenen Arbeitskräfte mit ins Land.

In die Schuldenfalle getappt

Auch die Kredite haben es ins sich. Italien drückt ohnehin eine Schuldenlast, die das Land auf viele Jahre schwer belasten wird. Neue Zahlungsverpflichtungen sind da mit einem hohen Risiko verbunden, die rasch zu einer politischen Abhängigkeit führen könnten. Asiatische Länder, die sich dem chinesischen Projekt angeschlossen haben, können ein Lied davon singen. Kambodscha, Vietnam oder Sri Lanka spüren längst, wie es sich anfühlt, in die Schuldenfalle getappt zu sein.

Mindestens ebenso problematisch ist aber eine Klausel, die Rom ebenfalls unterschreiben müsste, will es sich der Seidenstraße anschließen. Peking verknüpft das Investitionsprogramm mit eine politischen Forderung, die es in sich hat. Vom Partner wird nämlich der "Respekt vor Kerninteressen" eingefordert. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als Chinas umstrittene Machtansprüche auf weite Teile des Ost- und Südchinesischen Meers oder auch auf das demokratische Taiwan, das sich Peking notfalls auch gewaltsam einverleiben will.

China hat in Europa bereits mit einem großen Projekt einen Fuß in der Tür. Vor Jahren kaufte Peking von den arg gebeutelten Griechen den Hafen von Athen. Der hat seither zwar sein Umschlagvolumen verdreifacht. Doch auch hier arbeiten vor allem chinesische Kräfte. Der Nutzen für Griechenland hält sich in Grenzen.

Schwierige Standorte

Wenn Rom nun bei der Seidenstraße mitmachen sollte, wäre das jedoch eine ganz andere Größenordnung. Erstmals hätte sich ein Land aus der Gruppe der sieben großen Industriestaaten (G 7) dem chinesischen Projekt angeschlossen, was in Brüssel alle Alarmglocken hat schrillen lassen. Wenn es nach Pekings Führung ginge, würde man am liebsten in die Häfen in Genua oder Triest investieren. Beide Standorte wären zwar verlockender als Häfen im mafiageplagten Süditalien. Doch in den nördlichen Hafenstädten gibt es andere Probleme, nicht zuletzt fehlt es an leicht verfügbaren Flächen.

Ob Italiens Populistenregierung sich auf den Deal einlässt? Noch ist das nicht sicher. Die Verlockung ist natürlich, dass Rom sich etwas mehr Freiraum von Brüssel verschaffen könnte. Doch ob der neue Partner bequemer wäre, ist doch fraglich.

Im übrigen hat sich die EU mindestens einen Teil dieses Problems selbst eingebrockt. Zumindest Griechenland wurde von der im Zuge der Finanzkrise entsandten "Troika" geradezu genötigt, den Hafen von Athen zu verscherbeln. Peking hat das Angebot dankbar aufgenommen. Doch das war offenbar nur die Vorspeise. Mit Italien soll jetzt der Hauptgang folgen.

 

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