Seehofers Zynismus: Mit der Politik verroht die Sprache

12.7.2018, 07:29 Uhr
Seehofers Sätze über die 69 Afghanen, die an seinem 69. Geburtstag abgeschoben wurden, spiegeln eine neue politische Härte.

© dpa Seehofers Sätze über die 69 Afghanen, die an seinem 69. Geburtstag abgeschoben wurden, spiegeln eine neue politische Härte.

Dies vorweg: Wer einen direkten Strich zieht von der Abschiebung von 69 Afghanen zum Suizid eines dieser Flüchtlinge in Kabul, macht es sich zu einfach. Abschiebungen sind immer heikel, stets mit Härten verbunden.

Aber sie sind die logische Ergänzung eines funktionierenden Asylrechts: Nur wenn abgelehnte Bewerber zurückgewiesen werden, kann jenen Asyl gewährt werden, die darauf Anspruch haben oder Schutz brauchen.

Kritik und Fragen sind aber zwingend angesichts drastischer Geschehnisse. Siehe die versuchte Abschiebung einer Hochschwangeren aus Nürnberg (wir berichteten), siehe den Fall, der nun aus Weiden bekannt wurde.

Wir erleben da sehr wohl die volle Härte eines Rechtsstaats. Und wir erleben, wie sich diese Härte auch in Sprache niederschlägt. Die Welt fieberte — zu Recht — mit den thailändischen Jungen mit, die aus der Höhle befreit wurden. Aber das massenhafte Sterben im Mittelmeer scheint uns kaltzulassen.

Kann man sich daran gewöhnen? Dann jedenfalls leichter, wenn man viele Politiker in Europa kühl und unbarmherzig reden hört über die Helfer, die dort Menschen retten — in einem rechtlich heiklen Rahmen, aber gewiss im Zeichen der, ja doch: der christlichen Nächstenliebe.

Seehofers Sätze über die 69 Afghanen, die an seinem 69. Geburtstag abgeschoben wurden, spiegeln diese neue Härte. Er sprach zynisch, menschenverachtend, er entlarvte sich selbst. Aber den Zeitpunkt, ihn zu entlassen, hat Angela Merkel längst verpasst. Von sich aus wird Seehofer nicht gehen. Die nächste Entgleisung? Nur eine Frage der Zeit.

Auch die frühere SPD-Bundesministerin Renate Schmidt hat Seehofer für seine Worte scharf kritisiert.

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