Warum Aldi plötzlich auf Glyphosat verzichten möchte

21.12.2017, 16:58 Uhr
Für den Discounter Aldi steht wohl eher Marketing als der Öko-Gedanken im Vordergrund.

© Matthias Balk/dpa Für den Discounter Aldi steht wohl eher Marketing als der Öko-Gedanken im Vordergrund.

Plagt die Vorstandsetage von Aldi plötzlich ein schlechtes Öko-Gewissen? Immerhin, der Unkrautvernichter Glyphosat steht nach einigen Studien im Verdacht, möglicherweise Krebs auszulösen. Doch das dies der Beweggrund gewesen sein könnte, sich an die Lieferenten zu wenden, ist nicht wahrscheinlich. Es geht wohl um etwas ganz anderes: um Marketing.

Viele Verbraucher sind ob der öffentlichen Debatten um das Herbizid verunsichert. Und das spürt man offenbar auch bei Aldi. Wer jetzt damit werben könnte, dass die angebotenen Lebensmittel ohne Glyphosat produziert werden und trotzdem spottbillig sind, hätte gute Karten.

Das ist die Krux

Doch genau das ist die Krux: Viele Verbraucher wollen saubere Lebensmittel, nur zahlen wollen sie dafür nicht so viel. In keinem anderen EU-Land kaufen die Menschen mehr Nahrungsmittel beim Discounter ein als in Deutschland.

Wenn es Aldi tatsächlich um den Öko-Gedanken oder eine möglichste geringe Belastung durch chemische Mittel ginge, gäbe es da einen naheliegenden Weg: Der Discounter könnte sich einfach nur noch von Betrieben beliefern lassen, die nachhaltig wirtschaften und auf Glyphosat oder vergleichbare Mittel verzichten. Dann aber müsste Aldi den Lieferanten mehr bezahlen - und auch die Kunden müssten tiefer in die Tasche greifen wollen. Darum geht es aber erkennbar nicht. Es geht um Marketing und um Profitmargen. Aldi steht ganz an der Spitze derer, die die Erlöse der Anbauer in den Keller drücken.

Dabei ist die ganze Debatte längst aus dem Ruder gelaufen. Der heilige Zorn, mit dem Glyphosat bekämpft wird, missachtet mitunter, dass andere Herbizide keineswegs unbedenklicher sind. Landwirte, die herkömmlich wirtschaften, verweisen andererseits darauf, dass Biobetriebe schwermetallhaltige Pflanzenstärkungsmittel wie Kupfersulfat einsetzen, die auch nicht eben unproblematisch sind.

Mehr bewirkt als die Politik

Letztlich aber könnte der Aldi-Vorstoß dennoch etwas bewirken. Wenn der Branchenprimus mit dem Label "glyphosatfrei" werben sollte, werden andere Mitbewerber nachziehen müssen. Ob die Alternativen dann besser sind, ist damit freilich noch lange nicht gesagt. Auf jeden Fall hätte Aldi damit aber schon mehr bewirkt als die politischen Akteure.

Die vielleicht entscheidende Frage aber wird sein, ob die Verbraucher bereit sind, für Qualitätslebensmittel auch einen vernünftigen Preis zu bezahlen. Nicht alle, die billige Lebensmittel einkaufen, sind so knapp bei Kasse, dass sie sich nichts anderes leisten können. Der Verbraucher hat Macht, er solle aber auch ehrlich zu sich selbst sein.

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