Warum Söders Regierung vor turbulenten Zeiten steht

19.2.2019, 11:03 Uhr
Warum Söders Regierung vor turbulenten Zeiten steht

© dpa/ Matthias Balk

Es gibt nicht wenige Menschen, die sich verwundert die Augen reiben, wenn sie den neuen Markus Söder sehen. Die ihm nicht abnehmen, dass er sich gewandelt hat vom raubeinigen Populisten zum landesväterlichen Ministerpräsidenten. Sie vermuten dahinter nur eine weitere Rolle, die Söder spielt, weil sie in sein Konzept passt.

Was wäre daran so schlimm? Der Nürnberger weiß, was die meisten Bürger von einem Ministerpräsidenten erwarten. Und er liefert. Die Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern hat er in einer Weise durchgezogen, dass sie mittlerweile als vorbildhaft für den Rest der Republik gelten: ruhig, ohne schrille Begleittöne und deshalb an der Sache orientiert. Seitdem arbeitet das Regierungsbündnis seine Liste ab, so ruhig zwar, dass es manchen wiederum zu ruhig ist. Doch eigentlich sollte es genauso sein.

Bayern ist das nicht gewöhnt. Die CSU hat seit Jahrzehnten mit Lautstärke auf sich aufmerksam gemacht und ihren Anspruch zementiert als bundesweit bedeutende Partei, an der niemand vorbeikann. Das hat in der jüngeren Vergangenheit zunehmend genervt, außerhalb Bayerns sowieso, aber auch innerhalb. Krawall um des Krawalls willen generiert zwar Aufmerksamkeit, lässt aber die eigene Seriosität verblassen.

Söder steuert gegen

Die CSU hat das bei den jüngsten drei Wahlen nahe an den Abgrund gebracht. Söder, der mittlerweile die ganze christsoziale Macht in Händen hält, will gegensteuern, auf Landesebene mit einem ruhigen Regierungsstil, auf Bundesebene mit einem neuen Bündnis zwischen CDU und CSU, das sein Vorgänger faktisch pulverisiert hatte.

Zwei Dinge kommen ihm dabei entgegen. Die CDU hat sich mit ihrer neuen Führung konservativer aufgestellt als bisher; sie rückt damit etwas zurück in Richtung einer CSU, die mit der sozialliberalen Linie Angela Merkels wenig anfangen konnte. In Bayern wiederum steht ihm mit den Freien Wählern, insbesondere aber mit Hubert Aiwanger ein Koalitionspartner zur Seite, der für eine Regierungsbeteiligung bereitwillig einen hohen Preis gezahlt hat. Aiwanger hat seine Freien Wähler hin zur CSU geschoben. Es wird spannend, wie sich die beiden wieder voneinander abgrenzen wollen, wenn es auf die nächsten Wahlen zugeht.

Wie stabil das Bündnis tatsächlich ist, könnte sich allerdings früher zeigen. In den nächsten Tagen müssen CSU und Freie Wähler entscheiden, wie sie mit dem erfolgreichen Bienen-Volksbegehren umgehen – ein Thema, bei dem sich schon die Freien Wähler intern nicht einig sind. Söder, das zeichnet sich ab, will einen pragmatischen Kurs wählen und den Befürwortern so weit wie möglich entgegenkommen, vielleicht deren Gesetzentwurf sogar übernehmen, um eine absehbare Niederlage abzuwenden. Aiwanger will das nicht, er folgt bislang eher dem Kurs des Bauernverbandes.

Düstere Prognosen

Doch das könnte sich noch als eines der geringeren Probleme herausstellen. Sollte die Konjunktur wie erwartet einbrechen und damit die Einnahmen zurückgehen, müsste die Regierung ein Sparprogramm auflegen. CSU und Freie Wähler haben für ihre Wahlversprechen den Haushalt hemmungslos geplündert und den größten Teil der Rücklagen ausgegeben für Wahlgeschenke, die auf Jahrzehnte zusätzliche Kosten verursachen. Das Geld wird fehlen, falls es eng werden sollte.

Ein Plan der Regierung aber ist nicht erkennbar, wie sie sich auf die Krise vorbereitet, auch wenn sie beteuert, es werde nicht so schlimm kommen. Die Gefahr ist weit realer, als CSU und Freie Wähler suggerieren. Ein harter Brexit, eine Eskalation des Handelsstreits mit den USA, all das wirke sich unmittelbar und fatal auf die bayerische Wirtschaft aus – und damit auf die Menschen im Freistaat. In solchen Momenten kann eine Regierung sich beweisen. Oder grandios scheitern.

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