"Keine Pseudo-Lösungen": Nationalpark Steigerwald bleibt Reizthema

24.6.2016, 14:10 Uhr
Dutzende alter Buchen wachsen im Steigerwald bei Ebrach in Oberfranken. Ein knapp 800 Hektar großes Naturschutzgebiet im Steigerwald ist seit Jahren der grüne Zankapfel der Region.

© dpa Dutzende alter Buchen wachsen im Steigerwald bei Ebrach in Oberfranken. Ein knapp 800 Hektar großes Naturschutzgebiet im Steigerwald ist seit Jahren der grüne Zankapfel der Region.

Die Laubwaldmischung mit ihren uralten Buchen bewahren und sanfte Tourismusströme akquirieren wollen die einen, weiterhin unter dem Motto „Schützen und Nützen“ Holz machen die anderen. Im Streit zwischen Naturfreunden und Holzlobbyisten geht es - plakativ ausgedrückt - um den Vorrang von ökologischen vor ökonomischen Interessen. Über die zukünftige Ausrichtung des "Regenwaldes des Nordens" gab es in der Vergangenheit Ausschläge in die eine oder andere Richtung.

Der ehemalige Landrat Günter Denzler (CSU) ließ im April 2014 ein rund 775 Hektar großes Reservat, vier Prozent des staatlichen Forstbetriebs Ebrach, als Schutzgebiet ausweisen. Zusammen mit zwei benachbarten Gebieten bildet der "Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" ein Areal von über 900 Hektar, eine Größenordnung, die eine Bewerbung als Naturerbe ermöglicht. Befürworter sahen den ersten Schritt auf einem langen Weg hin zu einer Bewerbung gemacht, die Anti-Nationalpark Allianz um "Unser Steigerwald" dagegen einen bis zu 10.000 Hektar großen Park, inklusive der Gefährdung von Arbeitsplätzen in Forstwirtschaft und Holzindustrie, am Horizont.

Tiefe Gräben in der Debatte - Ausgang offen

Daraufhin änderte der CSU-dominierte Landtag die juristische Grundlage. Fortan sind für Naturschutzräume über zehn Hektar nicht mehr die Landkreise, sondern die Bezirkstage verantwortlich. Die Opposition sprach von einer "Lex Steigerwald". Die Bayerischen Staatsforste gingen daraufhin juristisch gegen das Schutzgebiet vor, sodass  die Regierung Oberfranken das Ende des Schutzgebiets zum 01.09.2015 bekanntgab. Die Idee den Steigerwald stattdessen als Unesco-Welterbe vorzuschlagen, stieß indes auf wenig Gegenliebe. BN und der Landesbund für Vogelschutz antworteten mit einer Normenkontrollklage, der Verein Nationalpark Nordsteigerwald brachte im April eine Popularklage ein. Während des Verfahrens schweigen die Sägen vor Ort.

© Nationalpark Nordsteigerwald

Entsprechend war die Eröffnung des neun Millionen Euro teuren Baumwipfelpfades samt Informationszentrum im März 2016 von Demonstrationen beider Lager überschattet. Dieses Projekt sieht auch Georg Sperber, welcher 26 Jahre lang das Ebracher Forstamt leitete, als hinreichende Vorleistung eines möglichen Nationalparks, ihm geht ein "gut angebundenes Ausflugsziel, welches vor allem dazu dient, dem Publikum die Notwendigkeit der Bewirtschaftung zu vermitteln" auf Dauer nicht weit genug, denn: "Ein Baumwipfelpfad ohne Schutzgebiet ist wie der Eiffelturm ohne Paris." Aus der bundesdeutschen Vorgabe bis 2020 fünf Prozent ihrer Wälder der natürlichen Entwicklung zu überlassen könne sich Bayern durch derlei Pseudo-Lösungen nicht herausstehlen, vielmehr sei auch der Steigerwald hierfür bestens geeignet, findet Sperber.

Trotz langwieriger Debatten über das Für und Wider einer Nationalparkgründung glaubt Sperber aufgrund 40-jähriger Erfahrung als Aktivist an deren Sinnhaftigkeit. "Das war beim Bayerischen Wald so, das war beim Schwarzwald so und wird beim Steigerwald so sein."

Überträgt man den Zeitverlauf für den jüngsten der 16 deutschen Nationalparks in Baden-Württemberg, kommt ein Nationalpark Steigerwald, sofern nicht vorher abgeschmettert, etwa 2031.

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