"Am Wöhrgarten": Auf weiter Flur weht dicke Luft in Hausen

5.12.2018, 07:50 Uhr

© F.: Petzoldt

Das erste Bürgerbegehren ist geplatzt. Die Liste mit 426 Unterschriften, die Friedrich Nolting im September der Gemeindeverwaltung übergab, war nichts wert. Denn: Rechtliche Vorgaben für ein Bürgerbegehren seien nicht eingehalten worden, hieß es seitens des Bürgermeisters und schließlich auch aus dem Landratsamt.

Dort hatte die Rechtsaufsicht die Liste geprüft und mehrere Punkte beanstandet. Von falschen Behauptungen, die von den Initiatoren in Bezug auf eine potenzielle Überlastung der Kläranlage durch die neuen Wohnhäuser aufgestellt wurden, war die Rede. Oder von "Blanko-Unterschriften", sprich von Listen, auf denen den Unterschreibern nicht explizit erklärt worden sei, was sie mit ihrem Autogramm auslösen könnten – nämlich einen Bürgerentscheid.

Ungültige Abstimmung

Erschwerend kam hinzu, dass ein Gemeinderat an einer Abstimmung zum Bürgerbegehren im Oktober teilgenommen hatte, obwohl er es nicht hätte tun dürfen: Roland Tischer (SPD) ist nicht nur Anwohner des "Am Wöhrgarten"-Gebiets zwischen Industriestraße, Hirtenbach und Main-Donau-Kanal – sondern auch Ehemann von Helga Tischer, ihres Zeichens Mitglied der von Friedrich Nolting angestoßenen Initiative, die sich gegen das geplante Baugebiet stellt.

Insofern wäre der SPD-Rat als Betroffener und persönlich Beteiligter nicht zur Stimmabgabe in der Oktobersitzung des Hausener Gemeinderates berechtigt gewesen.

Das allein hätte zwar nicht gereicht, um die ganze Abstimmung über die Zulässigkeit der Unterschriftenliste ungültig zu machen. Allerdings fiel das Ergebnis mit 8:7 für das Begehren denkbar knapp aus – mit Tischers Stimme als Zünglein an der Waage. "In diesem Fall ist dann die komplette Abstimmung ungültig", erklärt Frithjof Dier, Fachgebietsleiter und Jurist am Landratsamt. "Deshalb muss der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung den Beschluss für das Begehren wieder aufheben."

Niederlage entmutigt nicht

Die Wöhrgarten-Gegner lassen sich von dieser Niederlage nicht entmutigen: Mit einer überarbeiteten Unterschriftenliste gehen sie seit einiger Zeit wieder auf Autogramm-Jagd in Hausen und Wimmelbach. "Um sicher zu gehen, dass diesmal keine formalen Fehler vorliegen, haben wir mit Experten des Landratsamtes Gespräche geführt", so Nolting. Die neue Liste ist nun weit ausführlicher gehalten, die Behauptung, dass die gemeindliche Kläranlage den Hinterlassenschaften der geplanten 88 Wohnungen nicht gewachsen sei, fehlt.

Die Argumente von Nolting und seinen Mitstreitern lauten: 3,35 Hektar "wertvollste Flächen" für ortsnahen Acker- und Gemüseanbau gingen "für immer verloren", die "einzigartigen Pumpstationen und Bewässerungsanlagen" im dortigen Regnitzgrund verlören "Nutzung und Bedeutung".

Gegner sprechen den Flächenfraß an

Auch das Thema Flächenfraß sprechen die Gegner an – bereits erschlossene innerörtliche Flächen und Leerstände "sollten vorrangig bebaut werden". Zuletzt warnen sie vor einem erhöhten Verkehrsaufkommen, das durch das Baugebiet in den umliegenden Wohngebieten entstehe.

Gegen die Beanstandung, dass es im ersten Anlauf "Blanko-Unterschriften" gegeben habe, wehrt sich Nolting indes: "Jeder, der unterschrieben hat, wusste freilich, wofür." Er hoffe jetzt, dass die neue Liste den formalen Hürden eines Bürgerbegehrens genüge.

Frithjof Dier bestätigt auf NN-Nachfrage, dass die Wöhrgarten-Gegner vom Landratsamt diesbezüglich beraten worden sind. "Aber natürlich ist das Begehren nicht bis ins letzte Detail mit der Rechtsaufsicht abgestimmt worden." Ob im nächsten Anlauf also formal alles einwandfrei läuft, könne er nicht sagen. Die rechtlichen Anforderungen für ein Bürgerbegehren seien eben hoch, erklärt Dier. "Wir können vorab keinen Freibrief geben."

Bürgermeister hält dagegen

Keine Prognose über einen möglichen Bürgerentscheid will auch Hausens Bürgermeister Gerd Zimmer (SPD) geben. Der Gemeinde-Chef war von Anfang an ein "Am Wöhrgarten"-Verfechter. Die Positionen der Gegner könne er weiterhin "nicht ganz nachvollziehen". Das Argument "Kläranlage" sei schlichtweg falsch, für das geplante Baugebiet reiche sie "locker aus". Auch den Naturschutz-Aspekt kann er so nicht nachvollziehen: "Die Fläche ist weder wasserrechtlich geschützt, noch wird sie als hochwertiges Gemüseanbau-Gebiet verwendet." Für Zimmer überwiegt ganz klar der Nutzen für die Gemeinde – nämlich neues Wohnbauland für "unsere jungen Bürger", so der Bürgermeister der Zuzugsgemeinde.

Dafür werben auch die Eigentümer der betreffenden Flächen, die ihr Land teils verkaufen, teils als Wohnraum für ihre eigenen Familien nutzen wollen. Auf Flyern informieren sie derzeit ihre Mitbürger über ihre Pläne – und argumentieren, dass "Am Wöhrgarten" auch als Ausgleich zu den "einseitigen Baugebietsausweisungen der letzten Jahrzehnte" zu verstehen sei. Die beschränkten sich vor allem auf den Westen und Südwesten Hausens.

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