Mega-Stau auf A3: "Die Einsatzkräfte haben uns ignoriert"

26.7.2014, 09:29 Uhr
Der Blick in den Rückspiegel verheißt nichts Gutes: Stau, so weit das Auge reicht.

© dpa Der Blick in den Rückspiegel verheißt nichts Gutes: Stau, so weit das Auge reicht.

"Krisenmanagement sieht anders aus", sagt Markus Wende. Auch am Tag nach dem Mega-Stau ärgert sich der 41-jährige Feuchter. Der Donnerstag steckt ihm noch in den Knochen. Knapp sechs Stunden hatte er mit seinem sechs Monate alten Sohn auf einem Fleckchen Autobahn verbracht. Es war heiß, er hatte kaum etwas zu trinken, geschweige denn zu essen dabei. Niemanden habe das interessiert, beklagt sich Wende. Vorbeifahrende Einsatzkräfte hätten ihn und seine Leidensgenossen einfach ignoriert. Auf Anrufe bei der Polizei sei barsch reagiert worden.

Mega-Stau auf A3:

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"Ältere Menschen hatten erhebliche Probleme, bei 30 Grad stundenlang auf der Autobahn zu stehen ohne Flüssigkeitszufuhr, von den Kleinkindern ganz zu schweigen", sagt der 41-Jährige, der nicht vorbereitet war auf eine solche Extremsituation. Schließlich habe er aus Feucht "nur kurz zum Arzt fahren" wollen nach Erlangen. Eine Strecke, für die er normalerweise nicht mehr als eine halbe Stunde Fahrzeit benötigt. Auf der Rückfahrt, etwa um 11.45 Uhr, geriet er dann in den Stau, in dem er bis 17.30 Uhr gefangen war.

"Dieser Unmut ist nicht nur auf mich bezogen, sondern ich spreche gleichzeitig die Meinung meiner Leidensgenossen auf der Autobahn aus", erklärt Wende. Und tatsächlich scheint es vielen ähnlich ergangen zu sein, wie die Reaktionen am Tag nach dem Stau zeigten. Eine Betroffene berichtete gegenüber der NZ wiederum, sie sei mit genügend Wasser versorgt worden.

"Vollstes Verständnis"

Der Leiter der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Mittelfranken, Roland Faulhaber, will gar nicht bestreiten, dass es Probleme gab. "Selbstverständlich ist das auch für uns eine ungute Situation", räumt  Faulhaber ein.

Ausgelöst wurde der Unfall durch einen Reifenplatzer bei einem Lkw, der daraufhin die Mittelleitplanke durchbrach, einen Wohnwagen rammte und umkippte. Drei weitere Autos fuhren in die Unfallstelle zwischen Tennenlohe und Nürnberg Nord. Insgesamt wurden neun Menschen verletzt, fünf davon schwer und vier leicht. Den Rettern bot sich ein chaotischer Anblick. Überall lagen Stahlrollen herum, die der Sattelschlepper geladen hatte. Dazwischen die Wracks, Blech, Glasscherben - und die Verletzten.

Hier die Bilder vom Unfallort:

Diese Situation in den Griff zu bekommen, hatte für die Einsatzkräfte zunächst oberste Priorität. Faulhaber kann den Ärger der Betroffenen dennoch nachvollziehen: "Ich habe vollstes Verständnis dafür." Doch sei die Bergung schwierig gewesen. "Das hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Wir können nunmal nicht einfach ohne Weiteres die Leitschutzplanken aufschrauben oder zaubern", sagt Faulhaber.

Bei der Einsatzzentrale glühten während des Staus die Drähte. Viele Autofahrer hätten angerufen und sich erkundigt, wie es denn nun weiterginge, so Faulhaber. Wie viele Anrufe das etwa waren, vermochte er nicht zu schätzen. Mit Motorrädern seien Polizisten im Stau auf und ab gefahren und hätten versucht, möglichst alle über die Entwicklung zu informieren. Auch für Verpflegung sei seines Wissens nach gesorgt worden. "Es gab in dem Moment keine bessere Lösung", erklärt Faulhaber.

Bei seiner Kritik geht es Stauopfer Markus Wende ums Prinzip: "Ich bin selbst bei der Feuerwehr und kann mit den Kollegen mitfühlen, die diesen Einsatz zu bewältigen hatten, kein Vorwurf an die Kameraden." Aber wäre die Wartezeit noch 30 Minuten länger gewesen, hätte er seine Kollegen von der Feuerwehr alarmiert und seinen Sohn abholen lassen. Mehr zwischenzeitliche Hilfe für die Leidgeplagten im Stau hätte er besser gefunden. Immerhin: Zu Schaden gekommen ist darin nach derzeitigem Wissensstand niemand.

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