"Ich bin sehr ehrgeizig": So tickt der neue Ice-Tigers-Coach

21.6.2018, 12:32 Uhr

Herr Gohdee...

Kevin Gaudet: Coach ist okay. Und eigentlich ist auch Gohdee richtig, in Frankreich. Aber wo ich hier wohne in Kanada, sagt man Godett – und das höre ich auch lieber.

Okay, das erste Fettnäpfchen haben wird zielsicher getroffen. Spieler trainieren im Sommer. Was macht ein Trainer, der eine neue Mannschaft übernommen hat, Herr Godett?

Gaudet: In dieser Saison ist alles anders. In Bietigheim war ich sechs Saisons in Folge. Wenn du so viel Erfolg hast und immer mit dem gleichen Team spielst, gibt es nicht so viel zu tun. Nürnberg ist dagegen eine völlig neue Aufgabe. Jeden Tag arbeite ich an verschiedenen Sachen, System, Taktik, ich telefoniere häufig mit Martin Jiranek. Und wenn nicht, spiele ich Golf. Das ist meine zweite große Liebe.

Ihr Handicap?

Gaudet: Fünf.

Fünf?

Gaudet: Ich habe mehrmals Par geschossen, einmal unter Par. Wie gesagt, besonders in den letzten Sommern habe ich viel gearbeitet, mein Handicap zu verbessern – auch mit meiner Frau, eine sehr gute Golferin.

Gaudets Frau soll Ice Tigers fit machen

Robin Niderost, Ihre Frau, ist Fitnesstrainerin. Wird sie das auch bei den Ice Tigers machen?

Gaudet: Wir kennen uns seit 13 Jahren, in dieser Zeit war sie die Fitnesstrainerin in Hannover, in Straubing, in Wien und in Bietigheim. Wir werden auch in Nürnberg versuchen, dass sie das zusammen mit Ecki (Acker, Fitnesstrainer, die Redaktion) macht. Was sie macht, ist hervorragend.

War es denn schwer, Bietigheim zu verlassen?

Gaudet: Ganz ehrlich? Ja. Ich bin seit 28 Jahren Trainer – und habe in dieser Zeit nur bei vier Mannschaften gearbeitet. Zuvor habe ich alles erlebt. Ich bin nie abgestiegen – darauf bin ich sehr stolz. Mit Abstiegskampf hat es sogar in Bietigheim angefangen. Als ich im November 2011 gekommen bin, waren wir Abstiegskandidat. Aber in meinem Alter macht es vor allem Spaß zu gewinnen. In sechs Jahren in Bietigheim waren wir fünfmal Erster, haben sechsmal das Finale erreicht, waren dreimal Meister, zweimal Pokalsieger – wir haben viel gewonnen. Meine Frau und ich haben Freundschaften geschlossen. Natürlich ist es nicht einfach, nach sechs Jahren zu gehen. Gleichzeitig ist es immer gut, sich einer neuen Aufgabe zu stellen und sich zu verbessern.

War Bietigheim Ihre schönste Zeit?

Gaudet: Ich habe zwölf Jahre in Hannover gearbeitet. Straubing ist schön. Was soll ich über Wien sagen? Eine der schönsten Städte der Welt. In Bietigheim hat der Erfolg den Spaß gebracht – das war ganz besonders.

Aber war es nicht zugleich unbefriedigend, nicht aufsteigen zu dürfen?

Gaudet: Das war hart. Weil es nicht verständlich war, dass es keinen Weg gab, den Aufstieg in die DEL möglich zu machen. Aber so war das eben.

Es heißt, Sie mussten Bietigheim verlassen, weil dort Geld gespart werden musste und Sie hätten junge Spieler einbauen müssen.

Gaudet: Dazu gibt es viele Meinungen. Die Wahrheit ist, dass da am Ende ein Minus von 1,3 Millionen Euro stand – in der 2. Liga. Das ist viel Geld. Die Verantwortlichen der DEL2 haben gesagt, dass das so nicht weitergehen kann. Ich war der teuerste Trainer, mein Nachfolger verdient wahrscheinlich die Hälfte. Damit haben sie angefangen. Die Wahrheit ist, dass die Jugend in der DNL2 gespielt hat – die Spieler waren nicht gut genug. Zuschauer und Sponsoren wollen gewinnen, das habe ich gelernt in 28 Jahren. Wenn dazu ein junger Spieler beitragen kann, baue ich ihn ein. Zuletzt waren das Max Lukes und Ben Zientek – beide sind bereit für die DEL. Mit Ilya Sharipov, unserem jungen Torwart, habe ich viel gesprochen. Am Ende hat er uns zum Meister gemacht.

So findet Gaudet die Ice-Tigers-Truppe

Wie gut gefällt Ihnen denn Ihre neue Mannschaft?

Gaudet: Zunächst einmal muss ich Rob (Wilson) ein großes Kompliment machen. Nürnbergs Etat lag und liegt zwischen dem fünften und dem achten Platz, wenn du es damit dreimal in Folge ins Halbfinale schaffst: Hut ab, das ist in dieser ausgeglichenen Liga eine starke Leistung. Natürlich ist der Abgang von Ehliz hart, er ist einer der besten Spieler der Liga – wenn du ihn ersatzlos verlierst, ist das schade. Aber Buck, Acton, Brown, Bast – das sind gute Verpflichtungen. Ich bin einfach froh, dieses Team zu trainieren.

Haben Sie mit Wilson gesprochen?

Gaudet: Natürlich. Mehrmals. Von jemandem wie Rob kann man nur lernen. Ich bin schon lange dabei, aber man kann sich immer verbessern. Seine Meinung wird mir helfen. Ich bin ehrgeizig, sehr ehrgeizig. Ich werde einige Dinge ändern, andere beibehalten, aber meinen Stil fortführen.

Können Sie Ihren Stil beschreiben?

Gaudet: Wenn wir die Scheibe haben, werden wir immer versuchen, Tore zu schießen. Dazu müssen fünf Mann den gegnerischen Torwart angreifen und fünf Mann den eigenen Torwart verteidigen. Ich versuche, sehr offensiv spielen zu lassen. Wenn einer nicht dabei ist, schadet das unserem Forecheck. Natürlich gewinnst du nichts ohne eine starke Verteidigung. Dabei müssen alle mithelfen.

Wird man unter Coach Gaudet eine Trap sehen wie unter Coach Wilson?

Gaudet: Ich habe mehrere Systeme. Die Trap ist eine Möglichkeit, ebenso ein harter Forecheck. Einfach zu laufen, ist auch ein Weg. Immer nur ein System werden wir nicht spielen.

Sie kennen die DEL. Mit den Ice Tigers aber spielen Sie in der Champions Hockey League, nehmen am Spengler Cup teil. Sind Sie aufgeregt?

Gaudet: Aufgeregt ja, nervös nein. Ich war acht Jahre in der DEL, habe dreimal das Halbfinale erreicht. Aber natürlich ist die Champions League etwas Besonderes. Ein Spaß für alle.

Hatten Sie Kontakt zu Spielern, Patrick Reimer zum Beispiel?

Gaudet: Ich habe in dieser Woche versucht, Patrick zu erreichen, aber ich habe es nicht geschafft.

Ging uns genauso. Er ist auf dem Weg nach Moskau – mit dem Auto.

Gaudet: Das ist gut, wenn ihn die Presse nicht erreichen kann. Moment, wirklich? Ist das ein Witz?

Nein, mit dem Auto und Leo Pföderl zur Fußball-Weltmeisterschaft.

Gaudet: Haben sie Flugangst? 

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