Misidjan und der FCN: Ein Tor und ein Problem

18.9.2018, 06:45 Uhr
Zwei Nürnberger Hauptdarsteller in Bremen: Virgil Misidjan und Enrico Valentini (links).

© Sportfoto Zink / DaMa Zwei Nürnberger Hauptdarsteller in Bremen: Virgil Misidjan und Enrico Valentini (links).

Ein einziges Mal brauchen die Zuhörer am Valznerweiher am Montag nicht die Übersetzungskünste von Sebastian Koelman. Der ist normalerweise verantwortlich für die hauseigene Videoproduktion beim 1. FC Nürnberg, sorgt jetzt aber dafür, dass sich die deutsch sprechenden Journalisten und der Niederländer Virgil Misidjan auch wirklich verstehen. Misidjan hat am Sonntagnachmittag und eingewechselt nach 60 Minuten ein aufregendes Debüt gegeben für den 1. FC Nürnberg. Aufregend vor allem deshalb, weil es Misidjan war, der beim Gastspiel in Bremen mit seinem Treffer in der Nachspielzeit die Nürnberger Überlegenheit in der zweiten Halbzeit mit einem Punkt belohnte.

Darüber also sprach Misidjan am Montag nach der Rückkehr auf niederländisch und übersetzte Koelman das Gesagte. Nette Belanglosigkeiten folgten da also über einen Umweg als Antworten auf als Fragen getarnte nette Belanglosigkeiten. Nur als die Frage kam nach diesem gar nicht so kleinen Problem, das in seiner Heimat auf ihn wartet, da verstand jeder sofort, was Misidjan meinte. 

Besser nichts sagen

 In den Niederlanden ist er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er einen Rentner krankenhausreif geschlagen hat. Beim Club wussten sie das, als sie Misidjan verpflichtet haben, sahen aber großzügig darüber hinweg, weil sie erstens auf sein sportliches Können angewiesen sind beim Versuch, den Klassenverbleib zu schaffen, und weil sie zweitens davon ausgehen, dass die Strafe in einer Berufungsverhandlung deutlich reduziert wird. Dass hofft sicherlich auch Misidjan, der seine entlastenden Argumente aber erst einmal dem Gericht vorstellen will und deshalb glaubt, dass es besser ist, zu der unschönen Angelegenheit jetzt nichts zu sagen.

Dass es schade wäre für den 1. FC Nürnberg, wenn Misidjan ins Gefängnis müsste, das hat er angedeutet in den ersten 30 Minuten seines Wirkens. Erst mit einigen Tempoläufen die Seitenlinie entlang, dann mit Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Nach einem weit geschlagenen Ball von Georg Margreitter verlängerte erst Mikael Ishak per Kopf und leitete dann Hanno Behrens weiter zu Misidjan, der sich noch etwas Zeit nahm für den Abschluss.

Nicht, weil ihn plötzlich all die Verantwortung erdrückte, sondern weil er noch überlegen wollte, ob er nun seinen ersten Bundesliga-Treffer mit einem Schuss ins kurze oder ins lange Eck erzielen wollte. Er entschloss sich ausreichend schnell für die erste Variante und wurde dann doch noch erdrückt - von seinen Mannschaftskollegen.

Misidjan lacht, wenn er von dieser Erfahrung erzählen soll und sagt dann, dass ihn eigentlich schon der Jubelsprint zur Eckfahne erschöpft hatte, er dann ganz unten angekommen kaum noch Luft bekam. Egal, war ja lustig und Misidjan kam unbeschädigt davon: "Ich bin froh, dass ich jetzt hier stehen kann."

Empfehlung fürs Hannover-Match 

Trainieren kann er natürlich auch, und so hofft er, dass er die Woche nutzen kann, um Michael Köllner davon zu überzeugen, dass er Misidjan am Samstag gegen Hannover 96 von Beginn an spielen lässt. In Bremen verzichtete Köllner darauf noch - auch mit Verweis auf einen weiteren Neuen.

Matheus Pereira kam ja praktisch zur gleichen Zeit wie Misidjan nach Nürnberg und schien die ersten Trainingstage besser genutzt zu haben. Jedenfalls durfte Pereira in Bremen beginnen und verdrängte Misidjan deshalb auf die Bank. Das Risiko, mit zwei neuen Spielern zu beginnen, die sein System noch nicht gänzlich verinnerlicht haben, war Köllner zu groß. 

Also durfte Pereira von Anpfiff an vorspielen und hatte nach der Partie trotzdem nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit erregt wie Misidjan. Wahrscheinlich war Pereira das ganz recht, denn dass Köllner - wie Misidjan beobachtet hatte - auch von den offensiven Außenbahnspielern Defensivarbeit erwartet, hatte er wahrscheinlich schon auch mitbekommen, es war ihm im Weserstadion nur augenscheinlich ziemlich wurscht. Zwar deutete Pereira in einem schönen Dribbling seine Klasse an, beschäftigte ansonsten aber vor allem die eigene Defensive.

"Er hat mir einige taktische Aufgaben gestellt" 

Zu leiden hatte darunter vor allem Enrico Valentini. Der arbeitete am Sonntag hinter Pereira und war damit nicht nur glücklich. "Er hat mir einige taktische Aufgaben gestellt", fand Valentini milde Worte für Pereira. Auf dem Platz hatte der Rechtsverteidiger, der mit Pereira Portugiesisch sprechen kann, schon versucht, seinen Vordermann davon abzubringen. Letztlich aber erfolglos, wahrscheinlich ein Übersetzungsfehler.