Nürnbergs Dortmund-Debakel: Aufarbeiten statt Abhaken

27.9.2018, 17:26 Uhr
Gesenkter Kopf und verschränkte Arme: Club-Trainer Michael Köllner war vom Ausgang des Nürnberger Gastspiels in Dortmund sichtlich enttäuscht.

© Sportfoto Zink / DaMa Gesenkter Kopf und verschränkte Arme: Club-Trainer Michael Köllner war vom Ausgang des Nürnberger Gastspiels in Dortmund sichtlich enttäuscht.

"Wenn man auf die Statistik schaut, macht das heute keinen großen Spaß", gab der sichtlich bediente Club-Coach Michael Köllner nach dem 0:7 bei Borussia Dortmund zu. Nicht nur der Blick auf die Statistik hat das Potenzial, den Anhängern und Verantwortlichen des FCN die Laune zu verderben. Auch die Leistung, die die Köllner-Elf vor 75.700 Zuschauern im Westfalenstadion zeigte, war mehr als enttäuschend. Die Statistik bestätigt diesen spielerischen Totalausfall, der einen Negativ-Rekord aus dem Jahre 1983 egalisierte.

Der Club überließ den in der Spielanlage deutlich stärkeren Dortmundern das Feld, die nur 27,2 Prozent Ballbesitz sind ein Indiz dafür, dass die Köllner-Elf erst gar nicht versuchte, dem Champions-League-Teilnehmer spielerisch Paroli zu bieten. Das frühe 1:0 durch Jacob Bruun Larsen gab den Schwarz-Gelben Sicherheit, der BVB ließ Ball und Gegner in der Folge gut laufen - wie die starken 96,2 Prozent Passgenauigkeit in der eigenen Hälfte beweisen.

Defensiv-Kollaps in Dortmund

Dem fränkischen Bundesligisten blieb oft nur der lange Ball als Mittel zur Spieleröffnung, jeder zehnte Pass war ein solcher - und machte der Dortmund-Defensive mit den hochgewachsenen Innenverteidigern Manuel Akanji (1,87 Meter) und Dan-Axel Zagadou (1,93 Meter) überhaupt keine Probleme. Von Beginn an war der BVB die aggressivere Mannschaft, setzte Nürnberg im Spielaufbau früh unter Druck und legte so die Schwächen offen, die der FCN in den ersten vier Saisonspielen noch gut zu vertuschen wusste. Kassierte der Club gegen die Hertha, Mainz, Bremen und Hannover insgesamt nur drei Tore, legte der BVB dem oftmals überforderten Aufsteiger gleich sieben Eier ins Nest.

Dieser abrupte Absturz von der zweitbesten Defensive der Liga zur Bundesliga-Schießbude - keiner kassierte nach fünf Spielen mehr Gegentreffer als der Club - ist zwar bedenklich, allerdings noch kein Weltuntergang. "Wir haben heute viel Lehrgeld bezahlt", erklärte Köllner, und wird dabei auch sich selbst gemeint haben. In seinem 54. Spiel als Club-Trainer coachte der Oberpfälzer erstmals gegen einen aktuellen Europacup-Teilnehmer - und diese Premiere ging der Nürnberger Trainer mit einer ungewohnten 5-3-2-Formation gehörig naiv an. Die Borussia kombinierte sich teils spektakulär durch die Abwehrreihen des FCN und nutzte dabei noch nicht einmal alle Fehler, die der Club ihr anbot.

Wenig Zeit zur Analyse

Allein Christian Pulisic und Marco Reus (je vier) gaben genauso viele Schüsse ab wie alle Club-Spieler zusammen. Tim Leibold hatte am Spielende zwar 25 Sprints zu verbuchen - keiner davon führte aber zu einer Flanke. Und dem mit Reus und Bruun Larsen sichtlich überforderten Enrico Valentini gelangen nur 20 seiner 33 Pässe, der Rest landete beim Gegner. Die Niederlage an einzelnen Spielern oder dem Trainer festzumachen wäre falsch, diese schwachen Statistiken müssen aber in den kommenden Tagen Teil der Analyse am Valznerweiher sein. Es gilt, das Debakel auch aufzuarbeiten, und nicht nur aus den Köpfen zu verdrängen.

Viel Zeit, um das 0:7 in all seiner Grausamkeit zu analysieren, bleibt dem Club allerdings nicht. Schon am Samstag kommt Mit-Aufsteiger Fortuna Düsseldorf nach Nürnberg, ein Gegner, der genauso wie der FCN nach fünf Partien fünf Zähler auf dem Konto hat. Im Gegensatz zum fränkischen Altmeister steckt den Rheinländern allerdings keine Klatsche im Nacken - F95 unterlag Bayer 04 Leverkusen unglücklich mit 1:2. Im Duell am Wochenende steht wohl das Selbstvertrauen im Mittelpunkt - und jeder Zähler hilft, dieses wieder schnell aufzubauen.

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