Stress bei der SpVgg: Burchert will in die Kleeblatt-Kiste

15.8.2017, 17:38 Uhr
Stress bei der SpVgg: Burchert will in die Kleeblatt-Kiste

© Sportfoto Zink / WoZi

"Absteiger, Absteiger", riefen die enttäuschten Fans des SV Morlautern den Fürther Spielern im Stadion von Pirmasens noch hinterher. Nur wenige Minuten nach Abpfiff war der Pressesprecher des Fünftligisten um eine anständige Verabschiedung bemüht: "Es war ein schönes Event für uns. Alles Gute für unsere Gäste." Diese Gäste hatten zuvor den Klassenunterschied demonstriert, einen wirklich gefährlichen Ball musste Torhüter Sascha Burchert nie entschärfen.

"Solche Spiele sind eher undankbar, weil nichts aufs Tor kommt. Ich denke, ich habe das Beste draus gemacht", kommentierte der Berliner seinen ersten Pflichtspieleinsatz in dieser Saison. Die ersten beiden zuvor in der Liga hatte sein Konkurrent Balazs Megyeri bekommen. Schon wieder.

Vor einem Jahr hatte die Spielvereinigung gleich zwei Torhüter auf Augenhöhe geholt. Die 55 Gegentore, die sich Keeper Sebastian Mielitz fing, sollten sich nicht wiederholen. Mit Megyeri aus Getafe, erfahren in der ungarischen Nationalmannschaft und in der Champions League, und Burchert, dem ewigen Ersatztorwart der Berliner Hertha, sollten sich zwei gestandene Profis im Training gegenseitig zu Höchstform treiben. Der Plan ging auf, Megyeri hielt auch sogenannte unhaltbare Bälle. Pech für Burchert. Die Trainer Stefan Ruthenbeck und ab November Janos Radoki setzten ihn lediglich im Pokal und zwei Mal in der Liga ein. Am Ende standen nur noch 40 Gegentore zu Buche.

Nervige "Nuancen"

Sascha Burchert gab den fairen Bankdrücker, verlängerte im Frühjahr seinen Vertrag sogar bis 2020, weil er viel Hoffnung in die neue Saison setzte. Vielleicht auch, weil er, wie einige Beobachter auch, vermutete, dass Megyeri, Vertrag bis 2018, in diesem Sommer auf dem Transfermarkt gehandelt würde. Er habe, so sagte Burchert es vor kurzem, im vergangenen Sommer nicht den Eindruck gehabt, er hätte eine faire Chance gehabt. Ruthenbeck sprach damals von einer "Bauchentscheidung" pro Megyeri, Radoki diesmal von "Nuancen". Der Ungar trägt nun die Spielführerbinde – und zeigte in den ersten beiden Partien ungewohnte Unsicherheiten.

Der 27-jährige Burchert ist nun zwar immerhin Vize-Kapitän, doch in ihm brodelt es. "Im letzten Jahr war es ähnlich knapp", erinnert er sich, "diesmal dachte ich, dass es in meine Richtung geht. Dass es nicht so war, hat mich ein Stück weit überrascht. Diese Nuancen wurden mir genannt, aber ich kann sie nicht nachvollziehen." Der Trainer, selbst nach Niederlagen ein Heißsporn, kann sich vorstellen, wie es in Burchert aussehen muss. "Sascha hat die Entscheidung respektiert, aber nicht akzeptiert. Dass man das nicht sofort verstehen muss, ist klar", sagt Radoki. Weil er aber im Training weiter Stoff gebe und einen sauberen Umgang mit allen pflege, habe er ihn nun im Pokal eingesetzt. Ob es weitere Einsätze geben wird, hänge von der Trainingsleistung der Keeper ab.

In Pirmasens nutzte Burchert die Gelegenheit, um den größten Unterschied zwischen ihm und Megyeri zu demonstrieren: Mit großer Gestik und laut dirigierte er seine Leute, wenn es auch nur ein bisschen brenzlig wurde. Megyeri lenkt zwar auch, doch sein Deutsch ist noch rudimentär; dabei ist die Sprache ein Punkt, auf den der Trainer viel Wert legt.

"... bloß, ich muss halt spielen"

Burchert, der mit seiner offenen Art bei den Fans gut ankommt, war auch nach Abpfiff in der Lage, den Spielverlauf eloquent zu sezieren – und über sich zu reflektieren, obwohl "die Stimmung nicht die beste ist". Er habe seit seiner Verpflichtung im Training Gas gegeben, sich per Vertragsverlängerung zum Kleeblatt bekannt, seinen Urlaub verkürzt, um der zweiten Mannschaft in der Relegation zu helfen und stand auch in dieser Regionalliga-Saison schon wieder im Tor, "um gewappnet zu sein. Mehr geht fast gar nicht", fasst er alle Maßnahmen zusammen. Es muss deprimierend sein. "Man muss es irgendwie ertragen, weil man Profi ist", sagt er tapfer, "es passt alles, ich fühle mich sehr wohl hier, bloß, ich muss halt spielen."

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