Seehofer plant Regel, die Trassenbau verlangsamen könnte

16.4.2015, 00:09 Uhr
Mit einer neuen Regelung könnte der Trassenausbau verlangsamt werden.

© dpa Mit einer neuen Regelung könnte der Trassenausbau verlangsamt werden.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will neue Stromtrassen bei Bedarf über das Landesentwicklungsprogramm aushebeln. Auf seine Initiative wird darin eine Anti-Trassen-Klausel aufgenommen, nach der «schutzwürdige Landschaftsbereiche» vom Leitungsbau ausgenommen werden können. Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte am Mittwoch in München: «Ich finde das eine gute Idee.» Söder ist hauptzuständig für das Landesentwicklungsprogramm und stellte die Vorschläge für die Reform vor. Welche Landschaften so schützenswert sind, dass dort keine Stromtrasse gebaut werden darf, soll bis Jahresende das Umweltministerium festlegen.

Damit wird voraussichtlich eine schwierige Rechtslage entstehen, denn für die Netzplanung ist der Bund zuständig - diesem Gesetz hatte 2013 auch die CSU zugestimmt. Doch nun will Seehofer im bayerischen Landesrecht eine Regelung unterbringen, die die Planungshoheit des Bundes wieder infrage stellt.

Fachlich zuständig für die Stromleitungen ist Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Sie sagte, der Schutz von Umwelt und Natur sei ein hohes Gut. Deshalb sei es vor allem «symbolisch wichtig», im Landesentwicklungsprogramm schutzwürdige Landschaftsbereiche vom Trassenbau auszunehmen. «Für den Freistaat ist aber auch die Versorgungssicherheit unverzichtbar.»

Lockerere Auflagen

SPD und Grüne kritisierten die Pläne: SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen nannte Seehofers Idee «unfassbar». «Seit eineinhalb Jahren warten wir nun schon auf ein Konzept, wie die CSU-Staatsregierung die Energiewende gestalten will. Doch wir hören immer nur, wie es nicht geht.» Der Grünen-Politiker Martin Stümpfig sagte: «Diese Klausel ist die reine Farce.» «Mit einer landesgesetzlichen Scheinregelung gaukelt Seehofer vor, dass er Stromleitungen durch Bayern verhindern könne.»

In der Neufassung des LEP geht es aber keineswegs nur um die umstrittenen Stromtrassen. In anderer Hinsicht sollen die Auflagen für die Gemeinden gelockert werden. Söder will den Bau von Gewerbegebieten an Autobahnausfahrten und vierspurigen Straßen erleichtern. Gebäude für Gewerbe, Handwerk und Tourismus sollen künftig auch außerhalb von Ortschaften errichtet werden können. «Die Grundphilosophie heißt Stärkung des ländlichen Raums», sagte Söder. «Es muss ein Landesentwicklungs- und kein Verhinderungsprogramm sein.»

Die Bürgermeister sollen bei Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Gemeinden größeren Entscheidungsspielraum bekommen. Auch in den Grenzregionen zu Österreich und Tschechien sollen neue Gewerbeansiedlungen erleichtert werden. In beiden Nachbarländern sind die entsprechenden Vorschriften liberaler als in Bayern. Nicht gelockert werden soll aber das Verbot großer Einkaufsmärkte auf der grünen Wiese. «Wir wollen keine Zersiedlung Bayerns», sagte Söder.

Schwächung befürchtet

Die Kommunen sind gespalten. Der Gemeindetag reagierte erfreut: «Wenn die starren Vorschriften des Landesentwicklungsprogramms zugunsten der Gemeinden und Städte gelockert würden, wäre das sehr zu begrüßen», sagte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU). Der Städtetag hingegen fürchtet eine Schwächung der größeren Orte und reagierte skeptisch bis ablehnend. «Wenn sich Gewerbe an der Autobahnausfahrt ansiedelt, folgt der Einzelhandel mit Filialen und Discountern», sagte Städtetagspräsident Ulrich Maly (SPD). «Alte Handwerksbetriebe schließen, Läden machen dicht, Ortskerne verlieren Leben, Städte und Gemeinden verlieren ihr Gesicht.» Das Nachsehen hätten Menschen ohne Auto oder Senioren, die nicht mehr in Wohnungsnähe mit Einkaufstasche einkaufen können.

Söder konterte: Gerade in den Außenbezirken der großen Städte reihe sich ein großer Markt an den anderen, der nur mit dem Auto erreichbar sei. «Da muss der Städtetag nochmal nachdenken, was er selber tun kann.»

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