Phoenix liefern fast perfekte Popmusik

27.5.2013, 00:00 Uhr
Phoenix spielen am Freitag, 7. Juni, ab 18.40 Uhr bei Rock im Park 2013 auf der Alternastage.

© dpa Phoenix spielen am Freitag, 7. Juni, ab 18.40 Uhr bei Rock im Park 2013 auf der Alternastage.

Ihr Video zur aktuellen Single „Entertainment“ bietet großes Kino mit fernöstlicher Note: Blut und Tränen, Liebesdrama und actionreiche Kampfkunst, die Emotionalität des kleinen Glücks und den Größenwahn choreografierter Massenveranstaltungen, alles in bester Filmqualität, versteht sich. Inmitten dieser Koordinaten dürfte sich die französische Band Phoenix mit ihrer Kunst zuhause fühlen, im Hang zum Effekt wirklich alle Register zu ziehen.

Das hintersinnige Spiel mit dem Pompösen, Prächtigen, Perfekten und Populären brachte zuletzt den Titel ihres Grammy-verzierten Albums „Wolfgang Amadeus Phoenix“ (2009) hervor. Das Video zum wichtigtuerisch benannten Song „Lisztomania“, die erste Singleauskopplung des gefeierten Werks, drehten die vier im Pariser Nobelvorort Versailles aufgewachsenen Musiker gleich im Bayreuther Festspielhaus.

Phoenix gönnen sich den Luxus eines zur makellosen Vollkommenheit optimierten Gesamtkunstwerks, alles soll schön perfekt klingen, schön perfekt aussehen, einen schön perfekten Eindruck hinterlassen, daran hat sich bis heute nichts geändert.

Dieser Ästhetizismus spiegelt sich auch in ihrem fünften Album, das „Bankrupt!“ heißt – wegen der Aussprache des Wortes Bankrott im Französischen und der eleganten Darstellbarkeit als Schrift – und mit dem fruchtigen Cover auf den Tag des Pfirsichs im französischen Revolutionskalender Bezug nehmen will.

Der Klang der Wörter ist wichtiger als ihre Bedeutung

Was das zu bedeuten hat? Nichts. Pleite und Bestechlichkeit, Krise und Umsturz sind dann nicht die Themen, mit denen sich Frontmann Thomas Mars, Freund von Regisseurin Sofia Coppola, die Brüder Christian Mazzalai und Laurent Brancowitz sowie Deck D’Arby stärker herumärgern wollen. Letztlich stellt ihre Songlyrik meist den Klang der Wörter über ihre Bedeutung.

Vom Ideal des Schönen und Perfekten sind auch die zehn Songs des neues Albums geleitet, und das hat, bei all der damit verbundenen streberhaften Verkrampftheit, auch seine überzeugenden Momente. Phoenix hat ein Händchen für brillante Popsongs, verwiesen sei auf bisherige Hits wie „Too Young“ oder „If I Ever Feel Better“, die leicht und lässig durch die Disko tanzen.

Dieses Können zeigt das Quartett auch aktuell mit seinem von trockenen Drumbeats und exotischen Asia-Hooklines getragenen Synthiepop, der aus seiner Nähe zu den befreundeten Bands Daft Punk und Air keinen Hehl macht. Das erwähnte „Entertainment“ vereinnahmt mehr laut und hektisch, „Trying To Be Cool“ mehr leise und entspannt.

Die Albummitte markiert wie auf dem Vorgängerwerk mit „Love Like A Sunset“ abermals ein siebenminütiger Koloss: Das titelgebende „Bankrupt!“ macht mehrere Metamorphosen durch, von minimalem House über Elektro zu schwelgerischem Beatles-Pop und ist ein experimentelles Zwischenspiel, welches das Album in zwei fast symmetrische Hälften teilt. So rappelt es am Ende in der Kiste, wie es am Anfang gerappelt hat: Das ästhetische Empfinden von Phoenix kennt keine Grenzen.

Schon beinahe zu cool und glamourös

Thomas Mars singt mit sanfter Stimme über Romantik und Liebesstress, Mittelmaß und Kommerz, hat Songs über das Parfüm „Drakkar Noir“ und das Narkotikum „Chloroform“ im Repertoire, aber wir haben gelernt, die Wörter und Themen nicht übermäßig ernst zu nehmen.

Perfekte Popmusik kann schließlich ohne perfekte Texte auskommen, und diesen Beweis treten Phoenix auf „Bankrupt!“ unter Mithilfe ihres langjährigen Produzenten Philippe Zdar erneut an: beinahe zu schön, zu cool, zu glamourös, zu ausgetüftelt, zu eingängig, zu vielschichtig und zu ausgewogen. Die Überwältigung auf breiter Front mit einer Vollendung, die aus dem Primat der Form entspringt, werden Phoenix wohl bis ans Ende ihrer popmusikalischen Tage versuchen.

Solange sie gelingt, ist wenig dagegen einzuwenden. Simple, bodenständige, fehlerhaft hingeknallte Unterhaltungsmusik wird von ihnen jedenfalls niemals zu bekommen sein.

 

Genre:
Indie-Pop

Herkunft:
Versaille (Frankreich)

Bisherige Alben:
"United" (2000)
"Alphabetical" (2004)
"Thirtydaysago (Live)" (2004)
"It's Never Been Like That" (2006)
"Wolfgang Amadeus Phoenix" (2009)
 
Aktuelles Album:
"Bankrupt" (2013)
 
Aktuelle Besetzung:
Thomas Mars (Gesang)
Deck d'Arcy (Bass)
Laurent Brancowitz (Gitarre)
Christian Mazzalai (Gitarre)

Alle Infos zu Rock im Park 2013.
 

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