Mensch der Woche

Aufs Feld statt in die Uni

12.8.2021, 13:47 Uhr
Lazizjon Sodikov ist Usbeke und über ein Ferienaustauschprogramm nach Nürnberg gekommen, wo er auf einem Gemüsehof im Knoblauchsland arbeitet. Und gleichzeitig lerne er dadurch besser Deutsch, sagt er.

© Lazizjon Sodikov, NN Lazizjon Sodikov ist Usbeke und über ein Ferienaustauschprogramm nach Nürnberg gekommen, wo er auf einem Gemüsehof im Knoblauchsland arbeitet. Und gleichzeitig lerne er dadurch besser Deutsch, sagt er.


Lazizjon Sodikov hat zwei Dinge in Nürnberg gelernt: Fränkisch ist ein herausfordernder Dialekt und am Sonntag mäht man besser nicht den Rasen, um die Nachbarn nicht zu stören.
Sodikov ist Usbeke und hat eine Leidenschaft: Deutsch. Und er hat ein Ziel: Er möchte als Deutschlehrer in seiner Heimat arbeiten, Kulturbotschafter zwischen Deutschen und Usbeken sein und eine eigene Sprachschule in Usbekistan eröffnen.

„Können Sie das bitte
nochmal wiederholen?“

Um seine Deutschkenntnisse zu verbessern, arbeitet der 29-Jährige, der in Samarkand Linguistik und Philologie studiert, derzeit im Gemüsebaubetrieb von Richard Meier im Knoblauchsland. Dort arbeitet er auf dem Feld und im Gewächshaus, hilft beim Verpacken der geernteten Lebensmittel, wässert, schneidet, zupft Unkraut.


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In einer ersten E-Mail an unsere Redaktion schrieb er, er wolle gerne einmal zeigen, dass man nicht immer eine Uni oder eine Schule braucht, um eine Sprache zu lernen, sondern dass man das auch bei einer Ferienarbeit in einem Landwirtschaftsbetrieb tun kann.
Seitdem nutzt er jede Minute, um mit Kollegen, Nachbarn, Freunden oder dem Landwirt zu sprechen. Parallel dazu macht er Online-Sprachkurse einer Sprachschule. Und er lernt viel: „Die Bauern beziehungsweise Landwirte sprechen miteinander sehr schnell, man muss richtig zuhören. Meine Lieblingsfrage ist inzwischen: ,Könnten Sie das bitte nochmal wiederholen?‘“, sagt er.

Auch der fränkische Dialekt sei nicht leicht: „Die Bauern sagen untereinander Brödla für Brötchen, Aadöbfl für Kartoffeln, Servus für Hallo und Abschied, net für nicht, Aamala für Eimer, Häusla kafft für Haus gekauft“, hat er entschlüsselt. „Aber mit den Ferienbeschäftigten sprechen sie Hochdeutsch, das verstehen wir dann besser.“ Ferienarbeiter wie Sodikov vermittelt die Agentur Praktikum4People, die mit Hochschulen – wie mit dem Fremdspracheninstitut, an dem Sodikov in Samarkand studiert – Kooperationsvereinbarungen schließt. Studierende aus Osteuropa, Zentralasien und Südostasien können über die Zusammenarbeit während ihrer Ferien in Deutschland arbeiten – der Schwerpunkt liegt dabei auf Bereichen, die unter einem Arbeitskräftemangel leiden, wie Landwirtschaft und Gastronomie. Die Ferienarbeiter müssen hart arbeiten, 40 bis 48 Stunden pro Woche, bekommen den Mindestlohn von 9,50 Euro, abzüglich Kost und Logis.

Schon Sodikovs
Mutter sprach Deutsch

Um den Ferienjob für die zwei Monate in Nürnberg zu bekommen, musste Sodikov gute Deutschkenntnisse nachweisen, ein Vorstellungsgespräch führen, ein Visum besorgen und einen Corona-Test machen.
Die deutsche Sprache begleitet Lazizjon Sodikov schon sein ganzes Leben: „Als Kind hatte ich Interesse an der deutschen Sprache, was daran liegt, dass meine Mutter in ihrer Schulzeit gut Deutsch gelernt hat. Und ihre guten Deutschkenntnisse wurden auch an die Kinder übertragen. Wir sind vier Kinder in der Familie und alle haben in der Schule Deutsch gelernt. Nach der Schule habe ich weiterhin fleißig Deutsch am Samarkander ,Lyzeum Nummer 1‘ gelernt und dadurch wurde ich am Samarkander Institut für Fremdsprachen in der Abteilung ,Deutsche Philologie‘ immatrikuliert“, erzählt Sodikov. Zudem lernte er neben dem Studium Deutsch bei Privatlehrern und besuchte als Stipendiat des DAAD-Studentenaustauschdienstes während seines Bachelor-Studiums den Sommersprachkurs in Hamburg.

Dass Sodikov mit seinen sehr guten Deutschkenntnissen eine gute Zukunft in Usbekistan haben kann, zeigt auch die aktuelle Situation: Der Binnenstaat in Zentralasien mit seinen 33,2 Millionen Einwohnern ist – auch aufgrund von ersten Reformen im Land – für die deutsche Wirtschaft ein lockender Markt und möglicher Produktionsstandort. Mit Staatschef Shawkat Mirsijojew besuchte Anfang 2021 erstmals seit 18 Jahren ein usbekischer Staatschef Deutschland.

Usbekistan ist
für Deutschland enorm attraktiv

In Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde deutlich, dass die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Technologie und Kultur verstärkt werden soll. Mirsijojew äußerte zudem besonderes Interesse an einer engeren Zusammenarbeit in Bildung, Ausbildung und Wissenschaft.


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Der usbekische Student Lazizjon Sodikov hat diesen Austausch verfolgt: „Es ging auch um das Thema ,Die intensive Verbesserung der deutschen Sprache in Usbekistan‘“, sagt er. „Und damit bin ich auch wie meine anderen Landsleute sehr zufrieden.“ Denn nach seinem Studium möchte er selbst als Deutschlehrer Schülern die Sprache Goethes und Schillers beibringen – und ganz sicher ist dann auch ein bisschen Fränkisch dabei.

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