Amokläufer gestoppt: Mechaniker wollen keine Helden sein

14.7.2015, 08:44 Uhr
An dieser Tankstelle stoppten Me­chaniker und Kunden den Amokschützen, der am Freitag in Leutershausener Ortsteilen zwei Menschen erschossen hatte.

© Stefan Blank An dieser Tankstelle stoppten Me­chaniker und Kunden den Amokschützen, der am Freitag in Leutershausener Ortsteilen zwei Menschen erschossen hatte.

„Ich war in der Werkstatt und habe im Radio von dem Amoklauf im Nachbarlandkreis gehört“, beginnt der 44-Jährige seine Erzählung vom vergangenen Freitag. Danach habe er erstmal weitergearbeitet. Als die Warnmeldung kam, dass der Täter mit einem silberfarbenen Mercedes-Cab­rio unterwegs ist, und auch das Kenn­zeichen durchgegeben wurde, blickt der Mann gerade Richtung Werkstatt-Tor. „Und da steht genau dieses Auto mit genau dem Nummernschild.“ Der 44-Jährige ruft den Polizei-Not­ruf an und gibt die Adresse durch.

Danach überschlagen sich die Er­eignisse: „Im Büro gab es eine wilde Verfolgungsjagd und ein ehemaliger Mitarbeiter von uns und noch ein an­derer haben den Typen kurz vor der Beifahrer-Tür seines Cabrios atta­ckiert.“ Bei den mutigen Kunden handelt es sich nach WZ-Informatio­nen um einen 28-Jährigen und einen etwa 20-Jährigen.

Der 44-jährige Mechaniker sowie sein 48-jähriger Kollege rennen los und schreien gleichzeitig nach Hilfe. Diese kam unter anderem in Person eines 20-jährigen Werkstatt-Mitarbei­ters, der aus dem hinteren Teil der Halle herbeieilte. Zu fünft setzen sie dem mutmaßlichen Amokläufer zu, fixieren ihn am Boden. „Seine Kräfte waren nicht normal“, berichtet der 44-Jährige.

Täter riss sich von Fesseln los

Die mutige Gruppe fesselt den mutmaßlichen Amokschützen mit Kabelbindern, doch der Mann reißt sich nochmal los. „Wir haben dann mehrmals drumgewickelt, bis es richtig fest war“, sagt der 48-Jährige. Erst als das Quintett den Mann mit Knien und Füßen am Hals und ande­ren Körperteilen unter Kontrolle gebracht hatte, kam der 44-Jäh­rige dazu, seinen Kollegen von den Details der Fahndung nach dem Amokläu­fer aus dem Ra­dio zu berichten. „Davor dachten wir, es ist nur ein Tankstellen­-Überfall. Wir hatten unheimli­ches Glück“, sagt der 48-Jährige.

Gar nicht dran denken wollen alle Beteiligten, was passiert wäre, wenn der Amokläufer die Beifahrer­tür des Autos erreicht hätte. Auf dem Sitz lagen laut Staatsanwaltschaft nicht nur ein Revolver, sondern auch 200 Schuss Munition. Selbst den mu­tigen Mechanikern wird noch drei Tage später mulmig, ihre Mienen ver­finstern sich. Möglich wurde das beherzte Ein­greifen der fünf Männer nur, weil sich die 46-jährige Kassiererin vorher die Pistole geschnappt hatte. Diese hatte der 47-jährige Beschuldigte kurz auf den Tresen des Verkaufsrau­mes der Tankstelle gelegt. Die Kas­siererin rief „Ich habe die Waffe“ und rannte auf die Toilette, wo sie sich einschloss. Der Beschuldigte befindet sich nun in der forensischen Psychiatrie in Ansbach.

Wie die Staatsanwaltschaft Ans­bach gestern mitteilte, war am Frei­tag gegen 11.45 Uhr auch eine 60 bis 70 Jahre alte Frau in der Tankstelle. Sie soll zu dem Amokschützen gesagt haben, dass er die Waffe wegtun sol­le, „mit so etwas laufe man nicht he­rum“. Nachdem die Seniorin weiter auf den Mann eingeredet hatte, habe er wie berichtet gedroht, „sie solle jetzt ruhig sein oder er knalle alle ab“, so die Staatsanwaltschaft. Die Zeugin verließ daraufhin die Tank­stelle, konnte bis gestern aber von der Polizei nicht ermittelt werden.

Leicht waren die vergangenen Tage für die Autohaus-Mitarbeiter nicht. Die Telefone, nicht nur das von Chef Frank Gurrath, standen aufgrund des enormen Medien-Interesses kaum still. Gestern kam Landwirtschafts­minister Christian Schmidt in der Nürnberger Straße vorbei und dank­te den Beteiligten. Schmidt und Landtagsabgeordneter Hans Herold wollen alle für die bayerische Ret­tungsmedaille oder eine andere Aus­zeichnung vorschlagen. Der Minister selbst wollte nach eigener Aussage am Freitagvormit­tag selbst zum Autohaus Gurrath, um seinen Wagen dort in die Werkstatt zu geben – ihm sei jedoch etwas dazwischengekom­men.

Den Mechanikern, die wohl einige Menschen vor Schlimmerem bewahrt haben, sind Reparaturen und Inspek­tionen gerade recht. Ihren Na­men wollen alle nicht in der Zeitung lesen. Sie wollen kei­nen weiteren Wirbel. „Wir und unsere Familie wollen eigentlich unsere Ruhe haben.“

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