Ausgewogene Ernährung: Auch Schäufele ist erlaubt

17.1.2021, 06:00 Uhr
Ausgewogene Ernährung: Auch Schäufele ist erlaubt

© Foto: Gerald Wüchner

Husten, Schniefnase, wenig Sonne und nasskaltes Schmuddelwetter: Winter ist auch Erkältungszeit. Gerade in Zeiten des Coronavirus ist es wichtig, das Immunsystem zu stärken und dadurch weniger anfällig für Viren und Bakterien zu werden. Mit unserer Serie"Fit durch den Winter" begleiten wir Sie – hoffentlich immer bei bester Gesundheit. Einen ganz wesentlichen Einfluss auf Körper und Gesundheit hat die Ernährung. Der Bad Windsheimer Gerald Wüchner ist Küchendirektor der ANregiomed-Kliniken im Landkreis Ansbach, er erklärt, auf welche Küche er schwört und präsentiert drei Rezepte.

Vom Begriff "gesunde Ernährung" hält Gerald Wüchner nicht viel, kein Lebensmittel ist seiner Meinung nach per se gesund oder ungesund. "Das Maß macht es aus", sagt der Küchendirektor. Esse man beispielsweise alle vier Wochen Schäufele mit Knödel, trinke dazu eine Maß Bier und im Anschluss einen Schnaps sei das in Kombination mit ausreichend Bewegung nicht ungesund. Nehme man das allerdings jeden zweiten Tag zu sich, fördere das freilich nicht die Gesundheit.


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Gerald Wüchner verweist auf ein Zitat von Hippokrates, in dem alles wesentliche drin stecke: "Wenn wir jedem Individuum das richtige Maß an Ernährung und Bewegung zulassen kommen könnten, hätten wir den sichersten Weg zur Gesundheit gefunden." Ernährung habe einen großen Einfluss auf die Gesundheit, sagt der Bad Windsheimer. Studien würden zeigen, dass 64 Prozent aller Erkrankungen mit ernährungsbedingt sind.

Ausgewogene Ernährung: Auch Schäufele ist erlaubt

© Foto: Privat

Aus dem 14. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gehe hervor, dass in der Altersklasse zwischen 18 und 65 Jahren fast 60 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen an Übergewicht leiden. Bei den Senioren über 65 Jahren seien es 70 Prozent bei den Männern und 56 Prozent bei den Frauen. Dabei hätten gerade Senioren in Rente Zeit sich ausreichend zu bewegen und ausgewogen zu kochen, findet der Küchendirektor. Als möglichen Grund schätzt Gerald Wüchner die Unwissenheit vieler.

Nicht ohne Bewegung

Trotz Wichtigkeit der Ernährung betont der Koch stets die große Bedeutung ausreichender Bewegung. "Unsere Vorfahren mussten noch täglich 30 Kilometer rennen, um etwas zu Essen zu jagen. Wir schaffen heute im Schnitt zwei Kilometer." Mit dem Auto werde zum Supermarkt gefahren, einen Kampf gebe es nicht mehr – "außer an der Kasse".

Gerald Wüchner gilt seit rund 20 Jahren als Verfechter der mediterranen Küche: Gemüse aus der Region, Kohlenhydrate, Nüsse und Samen treffen dabei auf gute Fette aus Oliven- und Rapsöl und Obst. Bei geringem Fleischanteil wird stattdessen auf Fisch und vegetarische Elemente gesetzt. Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Linsen seien wertvolle Eiweißlieferanten, die nötig seien, wenn der Fleischkonsum zurückgefahren werde.

Wer es nicht gänzlich vom Speiseplan verbannen mag, solle auf weißes Fleisch wie Geflügel statt rotes Fleisch vom Schwein setzen. Zwei Möglichkeiten würden bestehen: Wer es täglich will, kann pro Tag maximal 80 Gramm Fleisch und Wurst – etwa vier Scheiben – verzehren. Oder aber man setzt auf mehrere vegetarische und Fisch-Gerichte in der Woche und gönnt sich dafür eine größere Portion Fleisch. "Wenn man das Muster verstanden hat, hat man schon mal viel richtig gemacht", sagt Gerald Wüchner.


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Basis für eine Ernährungsumstellung seien laut dem Küchendirektor die drei H’s: Zum einen das Herz. Man müsse die Umstellung wollen und sich dafür entscheiden. Zum anderen das Hirn. Man müsse verstanden haben, was zu tun ist. Und zuguterletzt die Hand. Man müsse in der Lage sein ein gesundheitsförderndes Essen zu kochen. Gerade in Pandemiezeiten, in denen Menschen gezwungen sind, mehr selbst zuzubereiten, gehe der Trend laut Wüchners Erfahrung aber in eine andere Richtung:

Viele würden auf Fertiggerichte zurückgreifen, die Übergewicht begünstigen. "Da läuft etwas schief", findet Wüchner, der dazu Sebastian Kneipp zitiert: "Lasst das Natürliche so natürlich wie möglich. Die Zubereitung der Speisen soll einfach und ungekünstelt sein. Je näher sie dem Zustande kommen, in welchem sie von der Natur geboten werden, desto gesünder sind sie."

Dennoch beobachtet er auch, dass der Hang zur gesünderen Ernährung mehr Gewicht findet. "Aber eben nicht flächendeckend, das spiegelt nicht den Querschnitt der Bevölkerung." Bei Jüngeren merke er ein anderes Bewusstsein, der Trend zu weniger Fleisch, zu vegetarischer oder veganer Ernährung sei "deutlich spürbar", was Wüchner als "absolut gut" bewertet.


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Begegnet er in Nicht-Corona-Zeiten in seinen Kochkursen Menschen, die auf "ihr Fleisch" beharren, weißt der Koch auf die Konsequenzen dieses Konsums wie beispielsweise Übergewicht oder hohe Harnsäure, die in Verbindung mit Alkohol zu Gicht führen kann, hin. Gleichzeitig zeigt er ihnen, dass vegetarische Gerichte ebenfalls schmecken können. "In der Regel sind die Menschen dann auch dafür zu gewinnen", sagt Wüchner.

Ein "Riesenthema" sei zudem Zucker, der zu Kohlenhydraten zählt. Viele Menschen würden zu viel von ihnen in Form von beispielsweise Backwaren, Reis, Nudeln oder Brot zu sich nehmen. Der Körper sei einfach gestrickt: Zu viel Energie hebt er sich auf für schlechte Tage, baut sie in Fett um – die schlechten Tage allerdings kommen nicht. "Der Körper speichert und so entsteht Übergewicht", erklärt Wüchner.

Drei Rezeptideen

Zur Inspiration hat der Küchendirektor mehrere Rezepte bereitgestellt. Zum Frühstück empfiehlt Wüchner vor allem mehr dunkles Brot und Vollkornbrot und wenig, fettarmen Belag. Ergänzt solle es mit Obst und Gemüse werden. Müsli-Fertigmischungen würden viel Zucker enthalten, deshalb: Selber mischen. Ein Rezept: 100 Gramm Bananenchips zerbrechen und mit 500 Gramm kernigen Haferflocken, 100 Gramm Sonnenblumenkernen, 100 Gramm Cornflakes ohne Zucker sowie 100 Gramm Rosinen mischen. Zwei bis drei Esslöffel der Mischung unter 150 Gramm Joghurt, Dickmilch oder Quark geben und frische Früchte darunterschneiden, bei Bedarf mit Honig süßen.

Etwas deftiger sind die gefüllten Spitzpaprika mit Schafskäse, Pesto, Tomaten und Schalotten. Zwölf Cocktailtomaten müssen dafür halbiert, vier Schalotten in feine Scheiben geschnitten werden. In eine feuerfeste Form etwas Olivenöl geben, Tomaten und Schalotten verteilen, mit Salz und Pfeffer würzen. Zwei Knoblauchzehen sorgen für Aroma. Von der Spitzpaprika (insgesamt vier Stück) den Deckel abschneiden und mit Wasser ausspülen. 400 Gramm Schafskäse in kleine Würfel schneiden, in die Paprikas drücken und diese auf das Gemüse legen, mit Pesto bestreichen und Salz und Pfeffer würzen. Das Ganze etwa 30 Minuten im 160 Grad heißen Backofen garen.

Ausgewogene Ernährung: Auch Schäufele ist erlaubt

© Foto: Gerald Wüchner

Wer es fruchtiger mag, kann sich an gebackenen Miniäpfeln mit Salbei, Nüssen, Honig und Sesam probieren. Das Kerngehäuse von zwölf Miniäpfeln ausstechen. 50 Gramm Walnüsse grob hacken und mit 50 Gramm gehackten Mandeln mischen. Zwei Salbeiblätter in feine Streifen schneiden, mit einem Esslöffel Honig und den Nüssen mischen. Die Masse in die Äpfel drücken und diese in eine feuerfeste Form setzen. Im 160 Grad heißen Backofen etwa 25 Minuten backen. Die Äpfel auf einen Teller setzen, einen Esslöffel Honig darüber träufeln, mit Sesam bestreuen und Puderzucker bestäuben.


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Von Verzicht würde Gerald Wüchner übrigens "niemals" sprechen, "das ist Quatsch. Die Dosis macht das Gift". Gegen einen maßvollen Genuss sei nichts einzuwenden. Gerald Wüchner dreht den Begriff Lebensmittel gerne um: Mittel zum Leben. Wer ihnen keinen Wert beimesse, schätze auch seine eigene Person gering. Merken würden deren Wichtigkeit viele erst bei Krankheit. Wüchner: "Umso wichtiger ist es, sich das immer wieder ins Gedächtnis zu rufen."

INFO: Gerald Wüchners Bücher können beispielsweise über die Deutsche Herzstiftung im Internet bestellt werden.

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