Wölfe in Franken: Wie lassen sich Herden schützen?

23.7.2019, 22:35 Uhr
Wölfe in Franken: Wie lassen sich Herden schützen?

© Foto: Rosi Thiem

Am Nachmittag folgte ein praktischer Teil in Oberailsfeld. Das Interesse war sehr groß, weil noch sehr viele Weidehalter aus ganz Oberfranken hinzustießen. Viele von ihnen sind ratlos und im Ungewissen, welche Probleme und Herausforderungen auf ihre Betriebe künftig zukommen.

Bei Wolfsangriff: Zeitnahe Meldung unerlässlich

Einigen geht es dabei nicht nur um materielle Schäden, sondern auch um den persönlichen Bezug zu ihrer Herde, sei sie noch so klein. Die Wölfe als große Beutegreifer seien sehr anpassungsfähig, sie lernten schnell, wo und wie sie Nahrung finden. Viele Teilnehmer waren sich einig, dass die Wolfspopulation kontrolliert werden müsse. Rehe, Wildschweine und Rothirsche stünden auf der Speisekarte des Wolfes, hieß es.

Irina Horrix vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) referierte unter anderem über die Thematik Was tun bei Übergriffen? Sie erklärte, dass der Kadaver am Fundort belassen werden müsse, geschützt vor der Witterung. Eine zeitnahe Meldung ans LfU sei unbedingt erforderlich. Und Horrix sagte: "Konflikte lassen sich am leichtesten gemeinsam lösen." Dabei bat sie, in einem Schadensfall sofort zu reagieren und auch kein anderes Tier zum Kadaver zu lassen. Damit solle es möglich werden, den Übergriff eines Wolfes tatsächlich nachzuweisen.

Baierlein zeigte derweil die Möglichkeiten der Entnahme eines Wolfes, auch schon nach einem einmaligen Übergriff, auf. Sie erläuterte, dass aktuell die Entschädigung von nachgewiesenen Rissschäden über das Landesamt für Umwelt erfolgten. Die Mittel stammten aus einem Präventionsfond.

Hieraus würden auch Präventivmaterial, etwa für Zäune und Betriebsberatungen, finanziert. Eine leihweise Vergabe von Zaunmaterial kann in nachgewiesenen Wolfsgebieten – Veldensteiner Forst, Rhön, Nationalpark Bayersicher Wald und Truppenübungsplatz Grafenwöhr – erfolgen.

Derzeit gibt es laut Baierlein 550 Schafhalter in Oberfranken. Ihre Zahl hat seit 2005 um 23 Prozent abgenommen. Die Zahl der Mutterschafe sank im gleichen Zeitraum um 32 Prozent und beträgt jetzt 14 500. "Für den Naturschutz ist es tragisch, wenn ein Schäfer aufhört", betonte Baierlein. Profitieren von der Beweidung doch Artenschutz und Artenvielfalt.

Hilfe bei Nachtwachen

Stefanie Morbach von "WikiWolves" stellte ihre junge Initiative vor. So bieten ehrenamtliche Helfer unter anderem Hilfe beim Zaunbau oder Nachtwachen gefährdeter Weidetiere an. Günther Herkert von der Zaunbaufirma Patura zeigte am Nachmittag an den Hängen von Oberailsfeld, wie schwierig eine Einzäunung in steilen und trockenen Weidegelände ist.

"Eine Schwachstelle im System sorgt dafür, dass der Zaun nicht mehr versorgt ist", mahnte Herkert. "Der Wolf testet gnadenlos den Zaun." Der Zaun müsse außerdem täglich kontrolliert werden, auch gebe es keinen hundertprozentigen Schutz. Strom könne nicht an rostigen Erdstäben fließen; die Leitfähigkeit im feuchten Boden sei besser als in trockener Erde, zählte er weiter auf. Herkert nahm sich einige Stunden Zeit, um den Tierhaltern alle Sicher- und Unsicherheiten am Weidezaunschutz aufzuzeigen. "Wildtiere auszuzäunen ist eine andere Liga, als Haustiere einzuzäunen", resümierte er.

Bei etlichen Teilnehmern blieben noch Fragen, die nicht an einem Tag geklärt werden konnten. Es war für sie somit ein informationsreicher Anfang, der nach mehr Aufklärung und Sensibilisierung ruft. Viele Herausforderungen, so machten die Teilnehmer deutlich, stehen für sie erst noch an; auch sei die Politik gefordert. Renate Baierlein erklärte am Schluss: "Wir müssen mit dem Wolf leben. Doch es muss auch dafür gesorgt werden, dass wir mit dem Wolf leben können."

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