Dorfschule: Bubenheimer setzen sich durch

31.10.2019, 06:04 Uhr
Dorfschule: Bubenheimer setzen sich durch

© Patrick Shaw

Die Geschichte des direkt vor der Heilig-Kreuz-Kirche hoch über der Dorfstraße thronenden Walmdachhauses geht zurück bis ins Jahr 1838. 1906 wurde es umgebaut und war bis 1968 Dorfschule. "Nach dem Krieg wurden hier in den zwei Klassenräumen zeitweise bis zu 60 Kinder unterrichtet", weiß Dorfvereins-Schriftführer Rudolf Brückel. Im Obergeschoss gab es eine Lehrerwohnung samt kleinem Gemüsegarten auf dem dahinter liegenden Friedhof. Das einstige Teppichklopfgestell steht noch heute etwas deplatziert zwischen den Gräbern. Zeitweise war im Hochparterre des Schulhauses auch das Bubenheimer Bürgermeisterbüro samt Standesamt untergebracht.

1972 ging das Gebäude dann im Zuge der Eingemeindung an die Stadt Treuchtlingen. Die Witwe des letzten Lehrers wohnte noch bis Anfang der 1990er Jahre dort, seither steht das Obergeschoss leer. Die Räume im Erdgeschoss werden aber bis heute vom Ortsausschuss, den Landfrauen, dem Posaunenchor und für den Kindergottesdienst genutzt.

Auch wenn die Unterhaltskosten durch die recht gute Bausubstanz und die regelmäßige Nutzung kaum der Rede wert sind, war der Verkauf des Gebäudes schon unter Altbürgermeister Wolfgang Herrmann im Gespräch. Neben dem alten Pfarrstadl (heute Schützenhaus) und dem neuen Feuerwehrhaus erschienen drei städtische Liegenschaften für das 360-Einwohner-Dorf wohl recht üppig, mutmaßt die Ortssprecherin und aktuelle CSU-Bürgermeisterkandidatin Kristina Becker.

Vor drei Jahren war es dann soweit: Plötzlich hing ein "Zu verkaufen"-Schild am Gebäude – ohne dass im Dorf jemand davon wusste. "Das hat uns geärgert, weil es mit uns nicht abgesprochen war", so Becker. Kurioses Detail: Im Exposé war (wohl mangels Ortskenntnis) auch die benachbarte Leichenhalle als Teil der Immobilie gekennzeichnet – und ein ortsfremder Rechtsanwalt wollte das Ensemble prompt kaufen, um im Schulhaus zu wohnen und in der Leichenhalle seine Kanzlei einzurichten.

Solidarität aus Nachbardörfern

Dagegen ging die Dorfgemeinschaft auf die Barrikaden, unterstützt von den Ortssprechern mehrerer anderer Treuchtlinger Ortsteile, die ebenfalls bereits um ihre Gemeinschaftshäuser gekämpft hatten (wie etwa in Dietfurt) oder noch kämpfen. Mit Erfolg: Die Stadt gestand den Bubenheimern zu, das Gebäude über einen neu zu gründenden Dorfverein selbst zu kaufen und zum Gemeinschaftshaus umzubauen. Selbst wollte die Kommune die dafür veranschlagten rund 770.000 Euro nicht in die Hand nehmen. "Da war aber auch viel Unnötiges dabei", blickt Kristina Becker zurück. Und die Stadt hätte die Kosten über die Vermietung der Wohnung im Obergeschoss gegenfinanzieren können.

Das will nun stattdessen der Dorfverein tun. 40.000 Euro bezahlt er der Stadt für das Haus, drei Viertel davon sollen aber in den Folgejahren in Tranchen zurückerstattet werden. Dieses Konstrukt ist nötig, weil die Kommune das Gebäude als öffentliches Eigentum nicht einfach verschenken darf. Etwa 10.000 Euro hat der Verein bereits bei Veranstaltungen erwirtschaftet, den Restbetrag muss er als Kredit aufnehmen.

"Wir sind eigentlich nicht sehr glücklich, dass das so gelaufen ist", sagt Dorfvereins-Beisitzerin Helga Gempel. Zum einen hätten die Bubenheimer keinen weiteren Verein gebraucht und zum anderen auch schon bei der Sanierung des Schützen- und beim Neubau des Feuerwehrhauses intensiv mit Hand angelegt. Deshalb könne und wolle die Dorfgemeinschaft nicht schon wieder umfangreiche Eigenleistungen einbringen, so der zweite Vereinsvorsitzende Jörg Kulig.

Räume gut in Schuss

Glücklicherweise besteht für die Gemeinschaftsräume laut Kristina Becker auch "kein allzu großer Handlungsbedarf". Sie wurden und werden regelmäßig geheizt, gelüftet und gesäubert, auch die Fenster aus 1990er Jahren sind noch in Ordnung. Eine neue Küche hat der Dorfverein bereits aus den Restbeständen des geschlossenen Treuchtlinger Gesundheitszentrums ergattert. Neben der bisherigen Nutzung sollen die Räume im Erdgeschoss künftig auch das bis ins frühe 17. Jahrhundert zurückgehende Ortsarchiv beherbergen sowie auf Wunsch der Stadt weiterhin als Wahllokal dienen. Und es soll einen Raum für die Dorfjugend geben, die nach Beckers Worten "schon total wild darauf ist".

Das in Sachen Bausubstanz mit breiten Dielen und Kassettentüren sehr schöne Obergeschoss soll unterdessen zur Mietwohnung werden. Hier ist mehr zu tun – neben einer neuen Heizung fürs gesamte Haus braucht es eine neue Elektrik und eine grundlegende Renovierung. Zudem müssen die Decke gedämmt sowie der wurmstichige Dachstuhl repariert und abgedichtet werden. 180 000 Euro veranschlagt der Architekt dafür. Ein Drittel davon hat das Amt für Ländliche Entwicklung bereits als Förderung zugesagt.

Für die Gemeinschaftsräume darunter und anteilig auch die Heizung läuft aktuell überdies ein Antrag auf EU-Förderung aus dem "Leader"- Topf. Für die Förderperiode 2016 bis 2020 ist dieser zwar schon ausgeschöpft. Helga Gempel hält es aber ohnehin für zielführender, "erst einmal abzuwarten, bis wieder Geld da ist und die Baukosten sinken". Dann könnte aus dem "neuen alten" Bubenheimer Dorfgemeinschaftshaus ein echtes Schmuckstück werden.

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