Protest am "Walli": Schaufenster jetzt mit Unterhosen dekoriert

5.5.2021, 06:01 Uhr
Protest am

© Foto: Lidia Piechulek

"Der Staat zieht uns die letzte Unterhose aus", prangert als Anklage an die Regierung seit dem Wochenende in einem der Schaufenster von Jutta Böhrers "Modetreff" auf dem Wallmüllerplatz. Getreu dem Motto gibt es in diesem Fenster nur das zu sehen: Unterwäsche an zwei Schaufensterpuppen, Unterhosen auf einer Wäscheleine und ein paar Plakate, die den Unmut der Treuchtlinger Einzelhändlerin auf den Punkt bringen sollen. "Die Innenstädte sterben" steht darauf, oder auch "Im Discounter ist alles egal".Man merkt es schon: Hinter der vermeintlich witzigen Dekorierung steckt ein bitterernstes Anliegen. Und ernste Botschaften bleiben bekanntlich durch Kuriosität besser im Gedächtnis.

Ausstellungsfläche verschwindet

Aus eben jenem Grund hat sich die Einzelhändlerin auch prompt dazu entschieden, an der Aktion teilzunehmen, die in Füssen im Allgäu ihren Ursprung hat. Dort dekorierten dieser Tage eine ganze Reihe an Geschäften ihre Schaufenster mit schwarzen Unterhosen und dem eingangs genannten Slogan. In der Almühlstadt ist Jutta Böhrer bislang die Einzige, hat aber schon von einer Kollegin eine Anfrage für die Plakate bekommen. Wenn andere Einzelhändler mitziehen würden, würde sie das sehr freuen.

Dabei sei die Teilnahme daran freilich Abwägungssache, erklärt sie: "Ich nehme mir damit ja auch selbst Verkaufsfläche weg." In ganz Altmühlfranken ist derzeit nur Click & Collect, , möglich. Die Artikel in den Schaufenstern zu präsentieren, sei demnach extrem wichtig für die Einzelhändlerin.

Eines davon als Zeichen ihres wachsenden Unmuts freizuräumen, erschien ihr dann aber doch richtig und wichtig. Sie wolle mit ihrer Aktion nicht die Kunden diskreditieren, die ihr trotz Beschränkungen stets die Treue gehalten haben, stellt sie klar. Und auch die Bürgermeisterin der Stadt Treuchtlingen, Kristina Becker, zeige sich sehr solidarisch mit den Einzelhändlern. Viel mehr wolle sie auf die Lage im Einzelhandel aufmerksam machen.

"Zu hohe Auflagen"

Dass in den Supermärkten normal eingekauft werden kann, bei ihr aber nicht, findet sie ungerecht und unverhältnismäßig. "Es kommt ja fast nie vor, dass bei mir drei Kunden gleichzeitig einkaufen", erklärt die Treuchtlingerin. Sie bezieht sich damit auf die Hygieneregeln, die im vergangenen Sommer gegolten haben: Erlaubt wären demnach auf der 120 Quadratmeter großen Ladenfläche maximal drei Personen. Mit FFP2-Maske, aber ohne Termin und Test, wäre in ihren Augen ein Besuch in ihrem Laden auch jetzt sicher. Dass der Einzelhandel gegenüber den Supermärkten derart benachteiligt ist, obwohl es Hygienekonzepte gibt, sorgt bei ihr indessen zunehmend für Frust.


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Und nicht nur bei ihr selbst, sondern auch bei den Kunden: Für einen großen Teil kommt der Einkauf, für den extra ein Schnelltest gemacht werden muss, derzeit nicht in Frage, berichtet sie. Gesteigert würde der Unmut vieler Verbraucher noch zusätzlich durch "das Hü und Hott der Regierung", moniert Böhrer. Es gebe dann eben eine große Zahl an potenziellen Kunden, die vollends zuhause bleiben würden, während die Ladeninhaber die Leidtragenden seien.

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