Bürgerbegehren "Schirnaidler Straße": Kein Kompromiss?

14.2.2020, 06:00 Uhr
Bürgerbegehren

© Foto: Marquard Och

Die 1007 Unterschriften haben erreicht, dass der Baumbestand mit wenigen Fällungen erhalten wird, unterstrich Bürgermeister Claus Schwarzmann (Bürgerbund). Sein JB-Gegenkandidat für das Bürgermeisteramt, Martin Albert, beharrte aber auf dem Dogma des Bund Naturschutz, die Streuobstwiese in Gänze zu erhalten.

"Wir sind aus dem Volksbegehren Rettet die Bienen moralisch verpflichtet, den Lebensraum der hier festgestellten 463 Arten zu erhalten", bemerkte Albert – die komplette Ablehnung des Baugebiets sei aber nicht das Ziel. Schon da setzten Bürgermeister Schwarzmann und Bürgerbundrat Stefan Pfister entgegen, der Erhalt eines geschätzt 80 Jahre alten Baumbestands sei doch fragwürdig. CSU-Rat Peter Eismann fing sich dabei Pfisters "Rempler" ein, ob er nach der 18:1-Zustimmung des Rats für den Bebauungsplan nicht eher an der Seite der "Bürgerbegehrer" Platz nehmen sollte.

Ausgleich geplant

Bürgermeister Schwarzmann stützte sich auf die artenschutzrechtliche Prüfung, nach der zum Ausgleich 28 Nistkästen für Vögel und fünf für Fledermäuse sowie 20 Neupflanzungen am Schwedengraben vorgesehen sind. Schwarzmann ziemlich genervt: "Wenn es Ziel ist die ganze Streuobstwiese herauszunehmen, können wir das abkürzen, dann macht doch den Bürgerentscheid."

Schon die Erschließungsmaßnahmen beeinträchtigten den Baumbestand massiv: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bäume das überstehen", sagte Albert. Geschäftsleiter und Moderator Stefan Loch fasste zusammen: "Wenn die Nichtbebauung der Wiese unumstößlich ist, wird’s schwierig." Peter Eismann schickte hinterher: "Ich versteh’ die Welt nicht mehr: Sollen hier nur die Vorschläge der Verwaltung gelten?"

Auch der nächste Schauplatz – städtebauliche Gesichtspunkte – bestätigte die harten Fronten: Der Rathauschef führte die hohe Nachfrage Einheimischer nach Bauland ins Feld. Im städtebaulichen Entwicklungskonzept Isek hatten die Bürger die Fläche als zur Nachverdichtung geeignet angesehen. Für ganz wichtig hielt Schwarzmann die zügige Bebauung mit 24 Wohneinheiten durch den auferlegten Bauzwang innerhalb fünf Jahren.

Albert hielt dagegen, die Frage nach dem "Wo Bauen" sei in Isek mit der Bürgerschaft gar nicht erarbeitet worden. Wohl aber stünde im Entwicklungskonzept, der "Grüngürtel" sei zu erhalten. Nach seiner Auffassung reiche es angesichts des demografischen Wandels aus, zehn Grundstücke an junge Familien zu vergeben, außerdem beeinträchtigte der Friedhof (Beerdigungen) in 15 Meter Entfernung "das Leben in den Blöcken".

FW-Rat Uwe Rziha bemerkte, die Anpassung des Bebauungsplans sei gemacht: "Wir reden hier um den heißen Brei", er habe Kompromissvorschläge erwartet. Von Seite des Bürgerbegehrens warf Astrid Amon-Bollenbeck ein: "Es ist doch bereits ein Kompromiss, dass wir nur einen Teil bebauen wollen." Erich Weis (OEB) pochte darauf: "Wir brauchen bezahlbaren Wohnbau. Was Albert zum Leben am Friedhof sagt ist Quatsch. Ich wohne 50 Jahre neben dem Friedhof, beeinträchtigt hat das mein Leben nie."

An den Rand des Abbruchs gelangte der Runde Tisch beim Thema "Finanzielle Aspekte". Claus Schwarzmanns Rechnung: Bei Annahme des Begehrens steigt der Quadratmeterpreis von 117 auf 170 Euro, mit Erschließung auf 300 Euro. Das schien dem Konkurrenten um das Bürgermeisteramt fraglich; 330 Meter Straße und die Länge des Kanals seien die "Kostentreiber". Nach seinem Erschließungsplan könne die Straße einschließlich Wendehämmern auf 250 Meter reduziert werden, dies führe zu einem Erschließungsbeitrag von 135 Euro, so der Bauingenieur Martin Albert. Beifall aus den Reihen der geschätzt 20 Anhänger.

"Zweifelhafte Rechnung"

"Die zweifelhafte Berechnung kann ich so nicht stehen lassen", wehrte Geschäftsleiter Stefan Loch energisch ab. Schwarzmann: "Den Plan hier als großen Wurf zu präsentieren ist abwegig, zu sagen wir hätten noch keinen Grunderwerb getätigt ist eine Lüge." 470 000 Euro hat die Gemeinde für den Erwerb von fast 10 000 Quadratmeter landwirtschaftlicher Flächen ausgegeben. Der Erhalt der Obstwiese koste die Gemeinde massig Geld: "Wärt ihr mal in die vorhergegangene Haushaltsberatung gekommen, dann hättet ihr gehört woher das Geld kommt, etwa für das Sportgelände", so Stefan Pfister. Ute Pfister (Bürgerbund) schob nach: "Habt ihr mal überlegt wie viele Menschen weniger bauen können?" Martin Alberts Antwort: "Wir haben Alternativen."

Auch die "Folgenabschätzung" im Fall des Bürgerentscheids bewerteten die Parteien unterschiedlich: Einen neuen Aufstellungsbeschluss sieht der Bürgermeister frühestens Ende des Jahres, bauen könnten die Leute vielleicht 2023.

Bei einer Rücknahme des Bürgerbegehrens könne schon im März der Satzungsbeschluss fallen, sagte Albert, fände der Bürgerentscheid statt, sei mit drei Monaten für den neuen Plan zu rechnen: Erschließung 2021, Bebauung im Herbst.

Zum Thema "Verantwortung für künftige Generationen" sah der Bürgermeister die Möglichkeit die Initiative des Bürgerbegehrens zu unterstützen; die Obstwiese des Gartenbauvereins könne zum Lernort für Schule und Kitas werden, wie es in der Liasgrube seit 20 Jahren praktiziert werde; das Stichwort vom "verantwortungsvollen Umgang mit Ausgleichsflächen" interpretierte Martin Albert kritisch. Er zeigte Fotos von verdorrten Bäumen, vernachlässigten Gärten. Schwarzmann: "Es ist hanebüchen, das der Gemeinde vorzuwerfen." Der private Besitzer sei verpflichtet Ersatz zu pflanzen.

Am nicht eben versöhnlichen Ende blieb dem Moderator die Abfrage an die fünf Vertreter des Bürgerbegehrens: Rückmeldung wann? Am Montag, 17. Februar werden die Initiatoren Farbe bekennen, ob sie das Bürgerbegehren durchziehen oder zurücknehmen.

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