Tonnen sollen verheiratet werden

Dem Müll-Schwarzmarkt auf der Spur: Kreis Forchheim leert Tonnen künftig digital

19.11.2021, 05:07 Uhr
Dem Müll-Schwarzmarkt auf der Spur: Kreis Forchheim leert Tonnen künftig digital

© imago images/Becker&Bredel

Es gibt sie. Bürger, die hinter den Gardinen auf das Müllauto warten. Ist die Bio- oder Restmülltonne leer und das Auto um die Ecke, wird die Tonne gleich wieder mit Müll befüllt und eine Straße weiter aufgestellt. Die ahnungslose Müllabfuhr leert die gleiche Tonne auf der Rückfahrt wenig später ein zweites Mal. Doppelt entsorgen, aber dafür nicht mehr Gebühren als alle anderen zahlen.

Schluss mit "Schwarztonnen"

"Die Leute sind teils sehr kreativ", beschreibt es Frank Müller. Das ist unfair, sagt die zuständige Abfallwirtschaft am Landratsamt und will jetzt gegensteuern. Übrigens auch gegen "Schwarztonnen": Mülltonnen, die nicht mehr angemeldet sind und für die folglich nichts mehr bezahlt wird, die aber trotzdem regelmäßig am Straßenrand stehen. Eine besondere Art des "Schwarzmarkts" sozusagen. Bis zu fünf Prozent, in Extremfällen bis zu zehn Prozent Müllschmarotzer könnten im Landkreis stehen - das legen zumindest die Erfahrungswerte aus anderen Kommunen nahe.

Schluss damit könnte schon nächstes Jahr sein. Dann sollen die Tonnen schrittweise verheiratet werden. So heißt das, wenn die Abfallbehälter einen Transponder - eine Art kleinen Chip - fest aufgeklebt bekommen. Der Schlund des Müllautos öffnet sich dann nur, wenn die Tonne auch registriert ist und für sie bezahlt wird. Diese Informationen sind im Chip gespeichert. Nicht nur den schwarzen - also illegalen - Tonnen kommt der Landkreis damit auf die Spur.

Mit Transpondern gibt es keine Ausreden mehr

"Gerade bei den Biotonnen gibt es vermehrt Beschwerden, dass sie nicht geleert worden seien und wir haben keine Möglichkeit nachzuweisen, dass die Tonne aber tatsächlich geleert wurde", sagt Müller von der Abfallwirtschaft. Mit wenigen Klicks am Computer wäre ein solcher Fall dank der Transponder-Technik zu klären.

Wer Tonnen unsachgemäß befüllt, dem wird sie nicht geleert. Auch das kann im System hinterlegt werden und dem Anwohner ein automatisierte Brief mit Hinweisen zur Mülltrennung zugeschickt werden.

Neu ist die Idee aber nicht. "Das ist schon seit vielen Jahren Stand der Technik. Viele Landkreise nutzen das System schon, teilweise seit 20 Jahren." 400.000 Euro kostet die Umrüstung der Tonnen, den geringsten Teil macht die Software, die im Hintergrund steht, aus.

Steigen mit dem neuen System die Müllgebühren?

Sorgen, dass deshalb die Müllgebühren erhöht werden, müssen die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis laut Müller nicht haben. Gerade weil auch die schwarzen Schafe, pardon: Tonnen, dann ihren Beitrag leisten, geht Müller sogar davon aus, langfristig sogar die Kosten senken zu können.

Geld ist auch das Stichwort für einen möglichen nächsten Schritt, der nach der Transponder-Umstellung folgen könnte. "Sobald es an den Geldbeutel geht, machen sich Leute Gedanken über eine bessere Mülltrennung und allgemein weniger Müll", sagt Müller.

Gerade beim Restmüll. Noch immer landen viel zu viele und viel zu wertvolle Wertstoffe in der Tonne, obwohl so dort nicht hingehören. Damit wirklich nur der Rest in die Tonne kommt, erwägt die Abfallwirtschaft deshalb eine so genannte "progressive Müllgebühr". Das bedeutet: Wer mehr Leerungen will, muss dafür bezahlen. 18 Pflichtleerungen gibt es im Jahr, bis zu acht zusätzliche wären gegen einen Aufpreis möglich.

Im jüngsten Umweltausschuss des Kreistages haben die Kreisräte das Konzept einhellig gelobt. Landrat Hermann Ulm (CSU) spricht von einem "innovativen Projekt", FW-Rat Manfred Hümmer von einem "sinnvollen Beitrag, um Müll sauber zu halten und einen Umweltbeitrag zu leisten". Und CSU-Rat Konrad Rosenzweig drückte es so aus: "Willkommen im 21. Jahrhundert!"

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