Schulstart in Bayern: Wie eine Schülerin in Forchheim mit der Maskenpflicht umgeht

14.9.2020, 12:33 Uhr
Emma Fuchs geht in die sechste Klasse am Herder-Gymnasium. 

© Anne Kleinmann Emma Fuchs geht in die sechste Klasse am Herder-Gymnasium. 

Emma Fuchs runzelt die Stirn und schaut die Zahlen einige Sekunden lang an. Dann beginnt sie, die Rechenaufgabe in ihr Matheheft abzuschreiben. "Versucht, eine einfache Lösung zu finden", betont ihre Lehrerin, während sie im Klassenzimmer durch die Reihen geht. 28 Kinder sitzen an diesem Morgen im Raum D204 im Herder-Gymnasium. Auf dem Boden stehen die vollgepackten Schultaschen, auf den Tischen herrscht das übliche Chaos aus Heften, Büchern und Stiften. Es scheint als sei alles normal, wären da nicht die Masken, die die 28 Gesichter zur Hälfte bedecken.

Die Regelung, eine Maske im Unterricht zu tragen, die von der bayerischen Staatsregierung erst eine Woche vor Schulbeginn beschlossen wurde, gilt zunächst für die ersten zwei Wochen, dafür aber für Schüler und Lehrer, innen und außen. Auch Christina Knauer, Mathe- und gleichzeitig Klassenlehrerin der 6c, hat deswegen Mund und Nase bedeckt, während sie sich über das Heft eines Schülers beugt und die Lösung kontrolliert. Wenige Sekunden später steht der vorne und präsentiert den anderen Sechstklässlern sein Ergebnis. "Bitte seid alle ganz leise, sonst ist es schwierig ihn mit Maske zu verstehen", ermahnt Knauer die anderen – das leise Gemurmel verstummt.

Auf Dauer anstrengend

Dass man die anderen mit Maske weniger gut versteht, findet auch Emma. Und auf Dauer strenge sie die Mund-Nasen-Bedeckung auch an: "In den ersten Stunden geht es noch, aber je später es wird, umso anstregender wird es." Deswegen trägt Emma, so wie die meisten in der Klasse, auch nur eine Einwegmaske. "Meine Mama hat einige Masken selbst genäht, aber die sind dann aus einem dickeren Stoff, unter dem man schlechter Luft bekommt." Deswegen habe sie mit ihren Eltern beschlossen, es erst einmal mit den dünneren Modellen zu versuchen.

Ingrid Käfferlein ist seit 2017 Direktorin des Herder-Gymnasium Forchheim.

Ingrid Käfferlein ist seit 2017 Direktorin des Herder-Gymnasium Forchheim. © Anne Kleinmann

Und ist positiv überrascht: "Ich hab davor gedacht, dass es noch schwieriger wird, wenn man die Maske den ganzen Vormittag tragen muss, aber es geht eigentlich." Zwei bis drei verschiedene Masken hat sie nun jeden Tag dabei. "Damit ich wechseln kann, wenn sie feucht werden." Die Schüler sind diszipliniert, halten sich von selbst an dieneuen Regelungen; es beklage sich kaum jemand, berichtet auch die Direktorin der Schule, Ingrid Käfferlein. Die Schule hat, wie auch alle anderen Schulen, ihr eigenes Hygienekonzept erstellt. Darin wurde der Rahmenhygieneplan der bayerischen Staatsregierung an die Gegebenheiten vor Ort angepasst.

Ungefähr 600 Kinder besuchen aktuell das Herder-Gymnasium in Forchheim. Die Schule ist damit das kleinste Gymnasium im Landkreis, weniger Organisation aufgrund der neuen Regelungen bedeutete das dennoch nicht. In einem kurzfristigen Treffen mit Gesundheits- und Landratsamt, Schulamt und allen Schulleitungen hat sich Käfferlein in der vorvergangenen Woche zudem genau abgesprochen: "Wir wollten, dass in Forchheim die Schulen vergleichbar handeln, deswegen gibt es zum Beispiel auch überall aktuell noch keinen Hallensport." Die neuen Regelungen im Gebäude musste die Schulleitung allerdings in weniger als einer Woche ausarbeiten: "Die Informationen der Politik kamen schon im letzten Halbjahr immer relativ kurzfristig. Ich hätte mir gewünscht, zumindest jetzt vor dem Schulstart, früher informiert zu werden."


Kommentar zur Maskenpflicht in Schulen: "Zwei Wochen sind zu lang"


Umgesetzt hat die Schule die Maßnahmen dennoch, wie der Gang durch das Gebäude zeigt: Schon am Eingang erinnert das Foto einer Katze mit Maske an die neue Regelung: "Maske nicht vergessen! Auch Emilio macht mit", steht auf dem leuchtend gelben Papier darunter. Daneben hängt ein roter Zettel mit den geltenden Hygieneregeln. Um den Abstand zu wahren, herrscht auf allen Gängen zudem Rechtsverkehr, in die Toiletten dürfen maximal zwei Schüler/innen gleichzeitig, Wasserspender gibt es derzeit nicht.

Was die Schüler erwartet, darüber hat Direktorin Käfferlein die Eltern vorab genau informiert. Maskenverweigerer oder wütende Briefe? "Glücklicherweise gab es nichts davon." Auch Emmas Eltern haben vorab mit ihr über die neue Situation geredet, erzählt sie in der Pause abseits ihrer Mitschüler auf dem fast leeren Gang. "Sie haben mir zum Beispiel auch erklärt, dass wir die Masken eben tragen, um niemanden anzustecken." Sei einer ihrer Mitschüler infiziert, könne ja auch sie sich dadurch anstecken, erklärt sie weiter. "Und dann würde ich das Virus vielleicht an meine Familie weitergeben und das will ich nicht. Von daher ist die Maske schon wichtig."

Fenster weit geöffnet

Tatsächlich halten sich in der Stunde alle Kinder an die neue Regelung. Kein/e einzige/r trägt das Tuch unter der Nase, nur wenige fassen sich ab und an ins Gesicht. Die Fenster sind während der Stunde weit geöffnet, auch für die Lüftung im Gebäude wurden genaue Regelungen festgesetzt. Mathelehrerin Knauer wiederholt derweil den Inhalt des letzten Halbjahres: Das Kommutativgesetz, Rechenregeln für Potenzrechnungen, das Koordinatensystem. Emma seufzt: "Mathe ist jetzt nicht mein Lieblingsfach." 13 Wochen lang konnten die Schüler in Bayern wegen des Virus nicht in die Schule. Ausgenommen waren nur die Abschlussklassen.

Danach wurde an vielen Schulen, auch am Herder-Gymnasium, auf einen Zwei-Wochen-Rhythmus umgestellt: In einer Woche durfte die eine Gruppe kommen, in der nächsten die andere. Der Stoff musste zuhause erlernt werden – Homeschooling. Nicht alle Schüler kamen damit zurecht; für die schwächeren hat die Schule deswegen sogenannte Brückenangebote erstellt. Dazu gehört beispielsweise eine individuelle Lernbegleitung.

Emma betrifft das nicht. Sie muss lediglich wieder am regulären Unterricht teilnehmen – und das sogar mit Freude: "Ich bin echt froh, dass die Schule wieder angefangen hat. Es ist einfacher, wenn man Fragen hat oder Hilfe braucht." Ähnlich sieht es auch Direktorin Käfferlein. "Mein Wunsch ist es, dass wir bald die Schulnormalität, so wie wir sie kennen, zurückbekommen. Das ist ein überaus wichtiger Punkt für Schüler, Eltern und Schulkräfte. Allerdings muss dabei immer alles unternommen werden, um die Gesundheit nicht zu gefährden." Für Emma beginnt unterdessen die nächste Stunde. Bevor sie die Tür zum Klassenzimmer öffnet, rückt sie den Stoff in ihrem Gesicht noch einmal zurecht. "Ich hoffe einfach, dass wir bald wieder ohne Maske im Unterricht sitzen dürfen."

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