Wie in Forchheim weniger Plastikmüll anfallen kann

21.6.2019, 06:00 Uhr
Wie in Forchheim weniger Plastikmüll anfallen kann

© Alexander Heinl/dpa

Kaufen Sie sich im Supermarkt gerne mal „Original Münchner Weißwürste“? Dann wissen Sie schon, wovon wir sprechen: unnötiger Verpackungsmüll. In vielen Fällen sind die Brühwürste zu fünft in Plastik eingeschweißt. Und der eingeschweißte Fünferpack liegt wiederum in einer Plastikschale. Und in der Plastikschale befinden sich wiederum drei bis vier Mini-Tütchen süßer Senf. Bis auf Würste und Soßen landet am Ende alles im Abfall.

Nicht nur angesichts solcher Negativ-Beispiele, des heuer inkraftgetretenen neuen Verpackungsgesetzes oder jüngster Wahlerfolge der Grünen hat in weiten Teilen der Gesellschaft ein Umdenken in puncto Müllvermeidung eingesetzt. Wie aber ändern hiesige Lokale, Industriebetriebe und Behörden ihre alten Gewohnheiten, wenn es um vermeidbaren Verpackungsmüll geht?

Teller von daheim ins Restaurant

Was den „Transport“ der hauseigenen Suppen, Eintöpfe und Co. betrifft, setzt man im Schnell-Restaurant GuDiess in der Forchheimer Hauptstraße schon lange auf Nachhaltigkeit: Die Essen werden generell in Keramik-Gefäßen serviert „und Gerichte zum Mitnehmen kommen in Papierbecher“, sagt Geschäftsführer Andreas Dießner.

„Braucht jemand Besteck zum Mitnehmen, haben wir kompostierbare Messer, Gabeln und Löffel.“ Außerdem ist es im GuDiess kein Problem, eigenes Geschirr von zu Hause mitzubringen. „Das befüllen wir gerne mit unseren Gerichten“, so Dießner.

Das Ende des Alu-Schwans

Ein früher vertrauter Anblick, insbesondere in italienischen Restaurants, ist heute sehr selten geworden – wenn es heißt „Können Sie das bitte einpacken?“: die Reste der zu großen Portion Spaghetti im kunstvoll gestalteten Schwan aus Alu-Folie. In der Osteria am Paradeplatz beispielsweise gibt es die Aluminium-Gebilde längst nicht mehr. Die „Pizza-to-go“ kommt in den obligatorischen Pizza-Karton, nur bei der Pasta zum Mitnehmen werden Alu-Boxen mit Pappdeckel verwendet – weil die Lasagne und Ravioli darin länger warm bleiben.

Laut Verbraucherzentrale NRW ist die Herstellung von Aluminium allerdings mit einem deutlich höheren Energieverbrauch verbunden und belastet die Umwelt stärker als die Herstellung von Kunststoff. Wobei Alufolien wiederum leichter zu recyceln sind als Plastikfolien.

Manchmal muss es Einweg sein

Ganz ohne Kunststoff geht es in manchen Bereich bislang eben nicht. Bestes Beispiel: medizinische Gerätschaften, Medikamente und Gebrauchsgegenstände, die steril verpackt sein müssen. „Bei uns gelten hygienische Vorschriften, die uns zwingen, Einweg-Artikel zu verwenden“, teilt Franka Struve, Sprecherin des Klinikums Forchheim-Fränkische Schweiz, mit. Der am Klinikum anfallende Müll werde jedenfalls „nach den gesetzlichen Vorschriften getrennt“.

Medizintechnik ist es auch, die am Forchheimer Standort des Logistik-Unternehmens Simon Hegele die größte Rolle spielt – mit Blick auf die Siemens Healthineers.

In den vergangenen Jahren hat Simon Hegele den „offenen Transport“ für seinen Hauptkunden entwickelt. „Das bedeutet, die Geräte werden im europaweiten Versand nicht komplett verpackt“, erklärt Maximilian Streit, Leiter des Medizintechnik-Bereichs („Healthcare Services“) bei Hegele. „Unsere Lkws sind speziell aufgebaut, es sind luftgesicherte Laster.“ Erschütterungen auf der Straße werden dadurch abgefedert und das Transportgut besser geschützt. „So sparen wir uns sehr viel Verpackung und vermeiden sehr viel Müll.“

Ein weiterer Vorteil: die Hegele-Mitarbeiter können die Geräte über Räder direkt aus dem Lkw ins Krankenhaus liefern. „Wäre alles noch komplett mit Holz und Plastik verpackt, müsste man es vorher entfernen und vor Ort entsorgen“, so Streit. Im Luftfrachtbereich lande die Transportware in speziellen „Air-Cargo-Containern“, was gleichfalls enorm viel Verpackungsmüll einspare – „vor allem im Vergleich zu früher, wo die Geräte eigentlich immer vollverpackt waren“. Zudem sind die Transportgestelle aus Metall und Paletten aus Holz bei Hegele größtenteils wiederverwendbar. „Aus unserer Sicht sind das Innovationen, die absolut Sinn machen“, sagt Streit.

Die "Tütchen" verschwinden

Das sah man in der Forchheimer Zahnwerkstatt Stephan Dietzel ähnlich: Der Zahnmedizin und -technik-Entwickler hat nicht nur seinen alten dieselbetriebenen Firmenwagen durch ein neues E-Auto ersetzt. Auch „dem Verpackungswahn in Plastiktüten sagen wir den Kampf an“, heißt es in einer Mitteilung des Betriebs.

Konkret: Die Zahnwerkstatt werde nun auf sogenannte Algi-Port-Boxen setzen. Das sind Behälter, in denen Zahnabdrücke der Patienten transportiert werden. Aus hygienischen Gründen seien solche Abdrücke früher in Kunststofftüten angekommen. „Unzählige Plastiktütchen landeten so, nach einmaligem Gebrauch, in der Mülltonne.“ Künftig wird der Zahnarzt den Abdrucklöffel in die Box stecken, die nach der Anlieferung sterilisiert wird und wieder zum Einsatz kommen kann.

Plastik-Getränkeflaschen sind aus den Ausschüssen des Kreistages seit Anfang 2019 verbannt, Wasser, Apfelschorle und Cola gibt es nur noch im Glas. „Das gilt auch für unsere internen Besprechungen“, sagt Landratsamts-Sprecherin Kathrin Schürr.

Kaffee gibt es ausschließlich in der Keramik-Tasse. Schürr: „Alle Amtsmitarbeiter haben vor einigen Jahren zu Weihnachten außerdem einen Coffee-to-go-Becher aus Porzellan geschenkt bekommen.“

Nur die Milchdöschen bleiben

Den Mehrweg-Becher kann man sich in der Cafeteria des Forchheimer Landratsamtes nachfüllen lassen, gegessen wird dort im Übrigen mit Metallbesteck auf Keramik-Geschirr, das ins Büro mitgenommen werden darf, der Zucker kommt aus dem Glasstreuer.

„Nur bei der Kaffeemilch haben wir noch keine gute Lösung,“ gesteht Schürr, es gebe weiterhin die Mini-Plastikdosen. „Wir hatten mal auf Keramik-Kännchen umgestellt, doch da blieb oft so viel übrig, dass wir die Milch regelmäßig wegschütten mussten.“

Dafür werde inzwischen spürbar weniger Druckerpapier verbraucht, so Schürr. Vieles laufe heute digital via E-Mail – und weil immer mehr Mitarbeiter und Kreisräte einen Tablet-PC haben, müssen weniger Sitzungsunterlagen gedruckt werden.

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