Corona: Im Sterne-Restaurant liegen die Nerven blank

22.3.2021, 16:00 Uhr
Corona: Im Sterne-Restaurant liegen die Nerven blank

© Foto: Florian Burghardt

"Am Anfang war der Gedanke: Wir können das aussitzen. Auch dass man uns Gastronomen das Weihnachtsgeschäft nimmt, konnten wir bis zuletzt nicht glauben", erzählt Chefkoch Martin Grimmer. Mittlerweile ist die Realität des Lockdowns längst auch im einzigen Sterne-Restaurant im gesamten Fürther Stadt- und Landkreisgebiet angekommen.

Es geht nicht nur ums Essen

Der Umsatzausfall beträgt 80 bis 90 Prozent. "Was wir aktuell pro Woche einnehmen, machen wir bei Normalbetrieb an einem Abend", sagt Betreiberin Vera Grimmer. Die Aussichten, vielleicht ab dem 22. März mit der Außengastronomie im Biergarten loslegen zu können, macht dem Ehepaar wenig Hoffnung. Das Wetter werde schließlich nicht schlagartig auf warm und trocken umschalten, besonders in den Abendstunden.

Und: "Unsere Gäste kommen nicht mal eben für ein schnelles Essen in den Biergarten. Für unsere mehrgängigen Menüs bleiben sie in der Regel mehrere Stunden und erwarten ein besonderes Erlebnis", meint Martin Grimmer, der schon ein Jahr nach seinem Arbeitsantritt den begehrten Michelin-Stern nach Keidenzell holte und seitdem hält.

Kochkunst mit Anleitung

Seine Kochkunst lässt sich aktuell nur in den eigenen vier Wänden genießen - aber immerhin. Denn der Keidenzeller Hof liefert seine Kreationen zu den Gästen nach Hause. Dies geschieht mitsamt einer Anleitung für die Zubereitung – häufig ist nur Erwärmen nötig – sowie mit Serviervorschlägen für eine passende Optik auf dem Teller.

Die Vier-Gänge-Menüs werden immer am Samstagmittag geliefert. Alles kalt und in Weckgläsern, die am darauffolgenden Montag wieder abgeholt werden. Für den 20. März stehen ein Hauptgericht aus Rind, Bohne und Kichererbse sowie ein Dessert aus Zierquitte, Süßholz und Milch auf der Karte. "Eine Kundin bestellt jede Woche die Box bei uns. Sie sagt, es sei jedes Mal wie ein kleiner Kochkurs", erzählt Vera Grimmer.

Dennoch fehlen dem Team des Keidenzeller Hofs die reguläre Arbeit und die direkte, persönliche Bewirtung der Gäste. Sie hätten so viele Ideen, aber müssten weiter die Füße stillhalten, sagt die Chefin. So stellt sich etwa mit Blick auf die bevorstehende Spargelsaison die Frage, ob das Team die Gerichte nur für die Boxen oder auch für den normalen Betrieb konzipiert.

Die Pandemie habe zudem Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Mannschaft gezeigt. Zwei Mitarbeitern sei aufgrund der langen Schließzeiten klar geworden, dass sie sich beruflich doch nicht dauerhaft in der Gastronomie sehen. Sie hätten bereits andere Wege eingeschlagen.

Die Resignation ist groß

Zwar sei das Sommergeschäft im Vorjahr gut gelaufen, inklusive einiger Hochzeiten in der zugehörigen Event-Scheune. Auch die Tische habe man nicht reduzieren müssen, da es ohnehin nur wenige gebe und diese relativ weit auseinander stünden. Dennoch ist die Resignation aktuell groß.

"Es kann ja nicht ewig so weitergehen", sagt Martin Grimmer. Ein Testesser des Guide Michelin sei ihm im vergangenen Jahr übrigens nicht aufgefallen. Häufig würden sich diese zum Ende ihres Besuchs kurz mit der Visitenkarte vorstellen.

Dass sich der Tester dieses Mal nur eine Box nach Hause hat liefern lassen, sei aber bestenfalls kühne Spekulation, meint der Sternekoch schmunzelnd. Schließlich müsse für die Auszeichnung nicht nur das Essen bewertet werden, sondern auch der Service. In Keidenzell hoffen sie sehr, ihn bald wieder anbieten zu können.

Mehr Informationen über den "Keidenzeller Hof" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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