Ein Gespräch über Politik

Harry Scheuenstuhl: "Ich bin ein Parteisoldat"

24.2.2021, 06:55 Uhr
Harry Scheuenstuhl:

© Foto: Thomas Scherer

Herr Scheuenstuhl, warum?

Harry Scheuenstuhl: Warum – das ist die Frage? In welcher Beziehung? Ach so, warum ich für den Bundestag kandidiere.

Genau. Warum?

Scheuenstuhl: Weil mir Politik viel Spaß macht. Ich habe Freude daran, Menschen zu treffen, neue Ideen zu entwickeln. Als ich 1996 in Wilhermsdorf erstmals mit gerade einmal sieben Stimmen Vorsprung zum Bürgermeister gewählt wurde, habe ich gesagt: ,Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.‘

Bürgermeister, Kreisrat,Landtagsabgeordneter, die Kandidatur für den Oberbürgermeister in Rothenburg und jetzt für den Bundestag: Können Sie eigentlich alles?

Scheuenstuhl: Ich hatte bereits Aufgaben in unseren verschiedenen politischen Ebenen, die alle aufeinander aufbauen. Und ich bin in der Lage, mich in alle Situationen einzuarbeiten.

Man könnte glauben, Harry Scheuenstuhl kandidiert für jeden Posten, der kommt. Haben Sie eigentlich keine Angst, sich unglaubwürdig zu machen?

Scheuenstuhl: Nein. Ich bringe mich eben gerne in die Sache ein. Ich habe Lust und Zeit. Und ich bin ein Parteisoldat.

Vielleicht können Sie nur einfach nicht loslassen?

Scheuenstuhl: Sagen Sie mal einem Journalisten mit 59 Jahren, er soll loslassen, wenn ihm sein Job Spaß macht. Und von was überhaupt soll ich loslassen? Um mich daheim aufs Sofa zu legen? Ich bin Vorsitzender der SPD im Landkreis Fürth, des BRK-Kreisverbands Neustadt/Aisch-Bad Windsheim und stellvertretender Vorsitzender des Awo-Kreisverbands Fürth-Land. Politik ist mein Beruf.

Und als Parteisoldat haben Sie sich jetzt zur Bundestagskandidatur in den Stimmkreis 241 abkommandieren lassen. Oder wie lief das?

Scheuenstuhl: Das müssten jetzt eigentlich die Genossinnen und Genossen vor Ort beantworten. Mit Michael Rehberg, dem früheren Geschäftsführer der Bezirks-SPD, habe ich in Rothenburg bereits eng zusammengearbeitet. Und dabei haben wir immer wieder mal die Frage der Bundestagskandidatur diskutiert. Wir haben es schließlich mit den dortigen Kreisvorsitzenden abgeklärt, und dann war das unser gemeinsamer Weg.


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Wie stufen Sie vor diesem Hintergrund Ihr Ergebnis mit 30 Ja-, 13 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen bei der Nominierung auf der Bundeswahlkonferenz in Muhr am See ein? Ist das nicht deprimierend – oder einfach nur "ehrlich", wie man im Politiker-Jargon sagen würde?

Scheuenstuhl: Matthias Dornhuber, der stellvertretende Vorsitzende der Bayern-SPD aus Fürth hat mir hinterher gesagt: ,Gewonnen ist gewonnen.‘ Ich habe viel Zuspruch bekommen. Aber ich bedauere auch, dass niemand aufgestanden ist und gesagt hat: ,Den wollen wir nicht.‘ Es gab keinen politischen Disput. Schade, denn dann hätte man feststellen können, mit wem oder mit was einige Leute unzufrieden sind.

Sie selbst haben nach der Wahl vermutet, dass die Delegierten sich vielleicht jemanden aus dem eigenen Stimmkreis gewünscht hätten. Hat man es als Import-Kandidat schwerer?

Scheuenstuhl: Also, ich komme ja nicht aus Norddeutschland und der Stimmkreis 241 ist für mich kein Neuland. Ich habe ihn in meiner Zeit als Landtagsabgeordneter, also zwischen 2013 und 2018, mitbetreut, da es dort keinen eigenen SPD-MdL gab. Ich habe viele Veranstaltungen gemacht – mehr als vermutlich jeder andere Landtagsabgeordnete in Mittelfranken. Man kennt mich, und ich wurde in der Stadt und im Landkreis Ansbach auch sehr gut gewählt.

Bei der OB-Wahl im März 2020 in Rothenburg waren Sie in einer ähnlichen Rolle. Dabei hat es nicht einmal für den Sprung in die Stichwahl gereicht. Wie enttäuschend war das für Sie?

Scheuenstuhl: Ich habe mir natürlich gewünscht, OB zu werden. Ich bin nicht angetreten, um in die Stichwahl zu kommen, sondern um zu gewinnen. Woran es lag, kann ich nicht sagen. Meine Konkurrenten waren jedenfalls örtlich bekannte Persönlichkeiten. Bei einem Hausbesuch hat mir eine Frau gesagt: ,Herr Scheuenstuhl, wir kennen Sie nicht, aber wir kennen die beiden anderen.‘ Als ehemaliger Fußballer weiß ich, dass man den Platz nicht immer als Gewinner verlässt.

Bei der Bundestagswahl 2017 erreichte der SPD-Kandidat im Stimmkreis 241 18,4 Prozent bei den Erst- und 17,1 Prozent bei den Zweitstimmen – und das bei einer insgesamt besseren Ausgangslage für die SPD als heute. Was ist Ihr Ziel?

Scheuenstuhl: Mein Ziel ist, in den Bundestag zu kommen. Das geht natürlich nur über die Zweitstimmen – und da entscheiden die Wähler. Dann kommt es auf die Reihung in der Liste an und auf den Genossen-Trend, also die bundesweite Stimmung. Wir haben mit Olaf Scholz einen Kanzlerkandidaten, der Regierungsfähigkeit bewiesen hat. Wenn wir auf 20 oder 22 Prozent kommen, ist die Sache nicht hoffnungslos.

Und wenn es nichts wird: 2026 sind wieder Kommunalwahlen in Bayern. Eine Bewerbung für das Amt des Landrats im Landkreis Fürth schaffen Sie vor dem Erreichen der Altersgrenze. Würde Sie diese Kandidatur nicht noch reizen?

Scheuenstuhl: Ich halte es mit Peter Paul Gantzer, dem ehemaligen Alterspräsidenten des Landtags, der meinte, Altersbashing sei nicht erlaubt. Die anderen Bundestagsmitbewerber sind im gleichen Alter. Seit Trump und Biden ist anscheinend ja alles möglich. Aber ich habe nicht vor, so kurz vor dem Pensionsalter, als Landrat im Landkreis Fürth zu kandidieren. Ich freue mich, dass ich jetzt zwar schon ein gewisses Alter, aber immer noch viel Spaß an der Politik habe.

Harry Scheuenstuhl (59) schaut auf eine lange politische Karriere zurück: 17 Jahre lang, von 1996 bis 2013, war der Wilhermsdorfer in seiner Heimatgemeinde Bürgermeister. Von 2013 bis 2018 saß der Umweltschutzingenieur für die SPD im bayerischen Landtag und verfehlte den Wiedereinzug nur knapp. Bei den jüngsten Kommunalwahl scheiterte er als OB-Kandidat in Rothenburg ob der Tauber. Jetzt folgt die Bundestagskandidatur: "Politik", sagt Scheuenstuhl, "ist mein Lebenselixier."

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