Mindeststandard oder mehr?

Kritik am Hochwasserschutz im Fürther Reichsbodenfeld

29.7.2021, 06:00 Uhr
 Kritik am Hochwasserschutz im Fürther Reichsbodenfeld

© Foto: Wolfgang Händel

Unter dem noch frischen Eindruck der Flutkatastrophen in Deutschland sind sich Stadträte verschiedener Fraktionen zwar einig: Das künftige Wohngebiet Dambach-West bei Unterfürberg muss besser gegen Zerstörung durch Starkregenereignisse gesichert werden. Bei genauer Betrachtung aber unterscheiden sich die Vorstellungen.

Rund 300 Wohneinheiten sollen zwischen Südwesttangente, Breslauer Straße und Beethovenstraße errichtet werden. Das erste CO2-neutrale Baugebiet Fürths steht kurz vor dem Startschuss. Am Donnerstag, 29. 07.2021, könnte der Stadtrat den Bebauungsplan beschließen, dessen Geschichte bis 1964 zurückreicht. Ob es so kommt, bleibt abzuwarten. Jetzt fordert auch die SPD mehr Hochwasserschutz.

Der Bund Naturschutz (BN) hat bereits kritisiert, dass der Bebauungsplan "keine ausreichenden Festlegungen zur Wasserrückhaltung und zu einer sicheren Entwässerung enthält". Das in Auftrag gegebene Überflutungsgutachten beziehe sich nur auf einen Starkregen, wie er bisher im Durchschnitt alle 20 Jahre aufgetreten ist. Angesichts der fortschreitenden Klimakrise sei dies für einen im Jahr 2021 erstellten Bebauungsplan untauglich; denn klar sei, dass auch mit deutlich heftigeren Niederschlägen gerechnet werden müsse.

Starkregenereignis ohne "erhebliche negative Folgen"

In der Beschlussvorlage verweist das Baureferat auf den besagten Überflutungsnachweis für das Gebiet, der die benachbarte Offizierssiedlung mit berücksichtigt. Für Neubebauung und Bestand seien bei einem Starkregenereignis "keine erheblichen negativen Folgen zu erwarten".

Für eine FN-Leserin aus der Offizierssiedlung, wo viele Bewohner mehr Überschwemmungen befürchten, wenn Dambach-West erst einmal existiert, sind diese Worte alles andere als tröstlich. Das heiße, negative Folgen seien durchaus zu erwarten, meint sie. Wie schnell daraus "erhebliche negative" Folgen werden können, sehe man in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Sie ist "in großer Sorge" und fordert, den Bebauungsplan so nicht zu genehmigen.

Während das Energiekonzept zu begrüßen sei, fehle ein angemessenes Wasserkonzept, hatten Freie Wähler und Grüne im Bauausschuss moniert. Wie der BN mahnen die Grünen ein "besseres Wassermanagement" im Reichsbodenfeld an. Mit 20-jährlichen Hochwasserereignissen werde man dem "Klimanotstand" nicht gerecht, so Stadtrat Harald Riedel. "Wir haben 100-jährliche Ereignisse, wir müssen mehr machen." Proteste wie kürzlich in Unterfarrnbach zeigten, dass sich die Bevölkerung mehr von der Kommunalpolitik erwarte "als nur den gesetzlichen Mindeststandard". Im Reichsbodenfeld könne man einen Grundstein für das Konzept "Schwammstadt" in Fürth legen, das funktioniere nur in großen Baugebieten.

Nach den Vorstellungen der Öko-Partei soll die Verwaltung Konzepte zur ortsnahen Speicherung von Regenwasser präsentieren und ein Niederschlagswasser-Management im Bebauungsplan verankern. Infrage komme neben Zisternen etwa die Ausgestaltung des zentralen Grünstreifens als Versickerungsmulde. Auch ließe sich ein größeres Grundstück als Pufferspeicher nutzen und mit Birken bepflanzen, die große Mengen an Wasser verdunsten lassen. Den Verlust an Wohnfläche könne man durch eine Aufstockung der an der Breslauer Straße geplanten Mehrfamilienhäuser kompensieren.

Weniger umfassend fallen die Forderungen von SPD und CSU aus. Nach Vorstellungen der SPD soll die Bebauung dort, wo sie an einen Grünstreifen am Rand der Offizierssiedlung grenzt, aufgelockert werden. Motto: Einfamilienhäuser statt Reihenhäuser, also weniger Flächenversiegelung. Die Verwaltung soll ferner prüfen, inwiefern sich der Hochwasserschutz durch Wasserrückhaltebecken, Rigolen (unterirdische Versickerungsräume) oder andere Maßnahmen verbessern lässt. Und sie soll mit Bewohnern der Offizierssiedlung Maßnahmen zur Eindämmung der Hochwassergefahr erarbeiten.

Hochwasser: CSU zieht Antrag zurück

Die CSU wollte die Verabschiedung des Bebauungsplans explizit vertagen, damit die Verwaltung "weitergehende Maßnahmen zum Oberflächenwasser-Management" prüfen kann. Davon rückt sie jetzt ab. Laut Fraktionschef Maximilian Ammon findet die Partei das Überflutungsgutachten nun doch ausreichend; mit der Forderung, mindestens von einem zehnjährlichen Starkregen-Ereignis auszugehen, habe sie sich außerdem vertan. In der ohnehin vorgesehenen Absichtserklärung ("Letter of Intent"), die Wünsche etwa nach Carsharing-Angeboten festhalten soll, wolle man den Bauträgern den Einsatz von Zisternen nahelegen.

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