Krankenverein Gunzenhausen: Corona macht ohnehin harte Arbeit noch schwerer

4.2.2021, 17:11 Uhr
Krankenverein Gunzenhausen: Corona macht ohnehin harte Arbeit noch schwerer

© Foto: Tina Ellinger

Allein, dass das Team am Pflegezentrum in der Leibnizstraße nach einem Corona-Ausbruch Mitte Januar bereit gewesen ist, zwölf Tage am Stück durchzuarbeiten, "war ein tolles Zeichen des Zusammenhalts", ist er sich mit Annette Stengel, der Pflegedienstleiterin der Ambulanz, einig. Und lobt ausdrücklich den weiterhin freundlichen und respektvollen Umgang mit den Bewohnern – trotz aller Anspannung, Unsicherheiten und unzähligen Nachfragen. "Die älteren Herrschaften sind eben unruhig, und sie fragen viel nach", weiß er aus langjähriger Erfahrung. Sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen sei bewundernswert.

Aktuell steht das ganze Haus noch bis 8. Februar unter Quarantäne, regelmäßig werden Bewohner und Mitarbeiter getestet. Am Standort in der Zufuhrstraße laufen diese Woche die Impfungen an, während im Pflegezentrum noch die nächsten Testergebnisse abgewartet werden.

Sieben Standorte und 220 Beschäftigte

Insgesamt unterhält der Krankenverein Einrichtungen an sieben Standorten, zählt rund 220 Beschäftigte und bietet von der ambulanten Pflege bis zu hauswirtschaftlichen Leistungen verschiedene Dienste an – seit Beginn der Pandemie unter erschwerten Bedingungen, mit viel Organisationsaufwand und Materialeinsatz: Im Frühjahr musste die Tagespflege komplett schließen, die Mitarbeiter halfen in der ambulanten Pflege sowie zeitweise im Burkhard-von-Seckendorff-Heim aus.

Krankenverein Gunzenhausen: Corona macht ohnehin harte Arbeit noch schwerer

© Foto: Tina Ellinger

Jetzt, im zweiten Lockdown, ist die Zahl der zu betreuenden Personen stark eingeschränkt. "Nur so können wir den Abstand einhalten", erklärt Martin Meister und spricht von einer 50- bis 60-prozentigen Auslastung. Das treffe natürlich die Angehörigen, die das Angebot ansonsten teilweise bis zu fünf mal die Woche in Anspruch nehmen. "Da fehlt die Entlastung, aber genauso fehlen den Klienten die Ansprache und das Miteinander", gibt er zu bedenken.

Das ganze Jahr über durchgelaufen ist die ambulante Versorgung, wenn sich auch in diesem Bereich so manches verändert hat. Zum einen sagte im Frühjahr ein Teil der Klienten von sich aus vor allem im hauswirtschaftlichen Bereich die Besuche ab, "aus Angst vor einer Ansteckung und auch, weil mehr Angehörige zu Hause waren und sich selbst kümmerten". Zum anderen müssen die Abläufe und Touren neu organisiert werden, etwa, wenn es im Umfeld des Patienten einen Verdachtsfall gibt.


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Dann heißt es für die Mitarbeiter, den Besuch ganz am Schluss der Tour und in Vollmontur zu absolvieren. "Nach Wunschzeiten können wir uns da nicht mehr richten", erzählt Annette Stengel von vielen Umplanungen, die nötig waren und sind.

Hohe körperliche Belastung durch Schutzkleidung

Das gilt auch für den stationären Bereich, wo alleine eine Neuaufnahme mit viel mehr Aufwand als früher verbunden ist: Tests, Quarantäne im Einzelzimmer samt Betreuung in voller Schutzkleidung sind nur einige Beispiele, die die beiden Fachkräfte nennen, die außerdem auf die hohe Belastung verweisen, die das Tragen der FFP2-Masken mit sich bringt: "Da wird körperliche Arbeit geleistet", machen sie deutlich, wie anstrengend es ist, eine Schicht unter diesen Bedingungen durchzustehen. Manche der Kollegen klagen zudem über Schmerzen hinter den Ohren, andere leiden an Hautreaktionen.


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Die Beschaffung des notwendigen Materials – von den Masken bis hin zur Schutzkleidung – ist ebenfalls ein Kapitel für sich. Zu Beginn der Pandemie war alles "schwer zu bekommen und sehr teuer", erinnert sich die Pflegedienstleiterin und schüttelt nachträglich noch den Kopf: "Wir sind mit selbstgenähten Stoffmasken herumgelaufen!" Gleichzeitig weiß sie das Engagement von privater Seite sehr zu schätzen, Masken für den Verein zu nähen. "Die Bereitschaft war sehr groß."

Auch der Staat griff der Einrichtung bei den Bestellungen unter die Arme, was nicht immer reibungslos über die Bühne ging: "Wir bekamen zum Beispiel fehlerhafte Masken, die kurz darauf zurückgerufen wurden. Oder es wurde fast abgelaufenes Desinfektionsmittel geliefert", berichtet Annette Stengel, die gar nicht daran denken mag, welche behördlichen Konsequenzen dessen Verwendung unter "normalen" Umständen nach sich ziehen würde. "Da hätten wir ein riesiges Problem."

"Immer noch schwierig an Material zu kommen"

Mittlerweile habe sich die Lage beim Nachschub an Schutzausrüstung zwar etwas entspannt, es bleibe aber "teilweise immer noch schwierig, an ausreichend Material zu kommen". Zumal, wie sie durch den Ausbruch in der Leibnizstraße feststellt, die "Bestände schnell schwinden. Das sind ja alles Einmalartikel."

Als sehr schön habe sie die Geste des Freistaats empfunden, den Mitarbeitern in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern zwei Monate lang täglich eine Brotzeit zu spendieren. "Dieser kleine Streichler tat schon gut", bestätigt Martin Meister, der jedoch bedauert, dass man von der vielstimmig beschworenen und beklatschten Systemrelevanz dieser Berufsgruppen kaum noch etwas höre. Und getan habe sich bisher weder beim Personalschlüssel noch bei den Arbeitsbedingungen etwas. "Die Belastung wird nicht mehr anerkannt. Das finden viele frustrierend", weiß Annette Stengel, die jedoch trotzdem ein starkes und engagiertes Team hinter sich weiß.


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Und das erfuhr ein paar Wochen lang eine nicht alltägliche Unterstützung: Vier junge Männer von der Bundeswehr halfen in der Einrichtung mit. Ob Verwaltung, Fahrdienst oder Essensausgabe: "Sie waren richtig motiviert und einsatzfreudig und eine echte Entlastung", stellt die Pflegedienstleiterin ihnen ein sehr gutes Zeugnis aus und fügt schmunzelnd hinzu: "Es war wie früher, als es noch Zivis gab." Wie Martin Meister könnte auch sie sich eine Wiederholung dieses Einsatzes, das mit dem Corona-Ausbruch schneller endete als gedacht, vorstellen: "Vielleicht klappt es ja nochmal."

Lob für Gesundheitsamt und Ärzte

Ein dickes Lob verteilt sie außerdem ans Weißenburger Gesundheitsamt und die Gunzenhäuser Hausarztpraxis Dr. Sievert für die gute Zusammenarbeit beim Infektionsgeschehen in der Leibnizstraße: "Das hat toll funktioniert!" Ebenfalls begeistert war sie von der externen Beratung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. "Wir wurden richtig gut beraten und für das Thema sensibilisiert", erklärt sie und ist vor allem für die vielen praktischen Tipps dankbar. "Das hat uns beim Ausbruch wirklich geholfen."

Nicht ganz so optimal ist für Martin Meister der Austausch innerhalb der Belegschaft. "Dienstbesprechungen sind im Moment ganz schwierig. Wir können mit 60 Leuten schlecht eine Videokonferenz abhalten." Daher werden neben den neuesten Informationen zum Corona-Geschehen auch sämtliche Änderungen, die der Gesetzgeber in der Pflege oder im Bereich der Krankenkasse erlässt, schriftlich weitergegeben. Auch auf Leitungsebene fehlen ihm der persönliche Dialog und die Gelegenheit, gemeinsam Ideen zu entwickeln.

Doch so schnell, da sind sich die beiden sicher, wird sich die Situation wohl nicht ändern. "Wenn das Wetter besser wird, wird es sich entspannen", hofft Annette Stengel. "Bis dahin planen wir von Tag zu Tag." Schließlich "müssen die Versorgung und Betreuung weitergehen, und wir werden versuchen, dies so gut wie möglich aufrechtzuerhalten", lautet das Versprechen von Martin Meister.

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