Kommentar: Videoüberwachung ja – aber mit Maß

14.5.2013, 06:50 Uhr
Die meisten Überwachungskameras werden von den Menschen gar nicht wahrgenommen.

© Günter Distler Die meisten Überwachungskameras werden von den Menschen gar nicht wahrgenommen.

Vor einigen Jahren wurde mir aus meiner Tasche mein Handy geklaut. In einem Geschäft ohne Videokameras. Ich gehe davon aus, dass die Diebe das wussten – ansonsten hätten sie sich vermutlich nicht in den Laden getraut, um ihrem diebischen „Geschäft“ nachzugehen. In diesem einen Fall hätte ich mir eine Kamera gewünscht – schließlich ging es um mein eigenes Hab und Gut, das mir entwendet wurde.

Genauso dürfte es denjenigen gehen, deren Auto in einem Parkhaus ohne Kameras aufgebrochen wurde, denen die Tasche aus der Hand gerissen oder die nachts auf offener Straße überfallen wurden und kein Zeuge zur Stelle war. Mithilfe von Videomaterial ist die Aufklärung von Gewaltdelikten und Diebstahl durch die Polizei um ein Vielfaches höher.

Doch wo fängt man mit der Videoüberwachung an und wo hört man auf? Im Grunde ist Videoüberwachung eine Akzeptanzfrage: Wieso nimmt jeder hin, an Geldautomaten gefilmt und aufgezeichnet zu werden, auf öffentlichen Plätzen jedoch nicht? Wieso stören uns Kameras an Tankstellen weniger als die Polizeikameras in der Königstraße in Nürnberg? Private Videoüberwachung durch Banken, Tankstellenbetreiber, Ladenbesitzer und Stadionbetreiber wird von uns als nötiges Übel oder als Selbstverständlichkeit angesehen – obwohl es dieselben datenschutzrechtlichen Probleme aufwirft, wie die Videoüberwachung durch den Staat.

Das Selbstschutzinteresse der Unternehmen ist für uns eher nachvollziehbar als die Interessen, die der Staat mit der Videoüberwachung verfolgt. Polizeiliche Überwachung hat etwas von Bevormundung durch eine höhere Instanz. So etwas stinkt dem Normalbürger. Die Selbstbestimmung ist des Menschen höchstes Gut.

Viel kritischer sehe ich die subtile Beobachtung durch Mobilfunk- und App-Anbieter: Ununterbrochen zeichnen die Mobilfunknetzbetreiber Standortdaten jedes Handys auf. Auch Handyhersteller und App-Anbieter speichern die Bewegungsdaten des Nutzers und generieren daraus individuelle und gezielte Werbung. Aus datenschutzrechtlicher Sicht habe ich da wesentlich größere Bedenken als bei der Videoüberwachung durch die Polizei.

Wir sind nicht im Ansatz auf dem Weg zu einem Überwachungsstaat wie ihn George Orwell in seinem Roman 1984 skizziert. Politiker, die allerdings immer wieder und vehement mehr Überwachung fordern, steigern die Akzeptanz von Videokameras im öffentlichen Raum kaum.

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Videoüberwachung rettet keine Menschenleben".

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