Diese Auswirkungen hat die Tönnies-Krise auf Franken

29.6.2020, 06:00 Uhr
Das Fleischwerk Tönnies hat seinen Stammsitz weit weg von Bayern. Aber der Fleischmarkt ist eng verwoben und so kann es auch hier schnell zu Problemen kommen.
 
  

© Imago Das Fleischwerk Tönnies hat seinen Stammsitz weit weg von Bayern. Aber der Fleischmarkt ist eng verwoben und so kann es auch hier schnell zu Problemen kommen.  

Denn der vorübergehende Stopp beziehungsweise die Drosselung der Schlachtung an den Tönnies-Standorten in Kempten und Bamberg macht sich auch hier bemerkbar. „Die Ställe werden schnell voll“, sagt Felßner. Vor allem bei der Schweinemast mit der relativ kurzen Mastdauer von 100 bis 120 Tagen. „Zwei bis drei Wochen lässt sich das aussteuern.

Aber wenn es länger dauert, ist das schlecht.“ Wobei für Felßner die Situation in Bayern grundsätzlich besser ist als etwa in Nordrhein-Westfalen, wo Tönnies praktisch alleine alles beherrsche. Zwar gebe es auch in Bayern nicht mehr viele Schlachtbetriebe. „Trotzdem sind die Strukturen hier noch kleinteiliger“, kann leichter auf andere Schlachthöfe wie etwa Unifleisch in Erlangen ausgewichen werden. „Das kommt uns entgegen“, so Felßner. Ähnlich ist die Situation im Allgäu, wo der Tönnies-Standort Kempten zu den wichtigen Betrieben gehört. „Wir schlachten normalerweise ein Viertel unserer Rinder dort“, sagte der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Schlachtvieh Allgäu, Berthold Kirchmaier. Doch bisher lässt sich das Problem für die 5000 Betriebe der Gemeinschaft lösen: „Die Tiere bringen wir stattdessen nach Buchloe“, so Kirchmaier.

Dort werde ohnehin der überwiegende Anteil der im Schnitt 600 bis 700 Rinder pro Woche geschlachtet. Bei dem Betrieb der Firma Vion Deutschland heißt es, man übernehme zusätzliche Schlachtungen „im Rahmen des Möglichen“. Finanziell macht sich der Wechsel nach Buchloe bisher nicht bemerkbar, wie Kirchmaier sagte. Daher bereitet die aktuelle Situation ihm zwar zusätzliche Arbeit, aber noch keine größeren Sorgen. „Bei uns bleiben auch keine Tiere stehen“, betonte er. „Aber ich hoffe schon, dass der Schlachthof in Kempten nächste Woche wieder aufmacht. Irgendwann muss man wieder schlachten.“ Sicher sei aber, dass der Betrieb noch bis Mittwoch geschlossen bleibe. Nun kommt es also darauf an, wann die Schlachthöfe wieder öffnen.

 

 

Bei Tönnies war dazu zunächst niemand zu erreichen. Bei der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft geht man davon aus, dass die Schließungen Auswirkungen auf den Markt in Bayern haben werden. Ob und wie weit sie sich auf die Schlachtvieh-Preise auswirken werden, ist im Moment allerdings noch offen, diese ermittelt die Landesanstalt nur wöchentlich. Zuletzt hatten sich noch keine Auswirkungen gezeigt.

Große Strukturen

Ein Grund dafür, dass ein Corona-Ausbruch in Nordrhein-Westfalen Schockwellen bis nach Bayern schicken kann, sind die Strukturen mit immer größeren Schlachtbetrieben. Diese seien über Jahrzehnte gewachsen, auch durch striktere Standards, wie der Geschäftsführer der Allgäuer Herdebuchgesellschaft, Thomas Bechteler, sagt. Viele kleine Betriebe hätten geschlossen. „Wenn man das wieder aufbauen will, braucht man enorme Investitionen. Wir beobachten zwar eine Tendenz der Betriebe in Richtung regionale Vermarktung“, aber noch existiere das „im Kopf mehr als in der Realität“. Auch Felßner plädiert dafür, Lehren aus Corona zu ziehen und die von Großbetrieben geprägten Strukturen zu überdenken. „Zu starke Konzentration macht in Krisen anfällig.“


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