Von Designer bis Musiker: In der Quelle sprudelt das Leben
33 Bilder 6.2.2014, 07:00 Uhr"Kein hundertstes Einkaufszentrum"
Steffi, die in Regensburg Kunst studiert hat, ist eine von vielen Künstlern, die auf dem alten Quellegelände ein Plätzchen gefunden hat. Sie ist extra nach Nürnberg gezogen, als sie davon gehört hat, dass man sich in der Quelle einmieten kann. Fast täglich arbeitet sie in ihrem Atelier an großflächigen Bildern. "Die Option, einen günstigen und großen Raum zu haben, kriegt man sonst nicht." Für die zukünftige Nutzung könnte sie sich eine Art "kleine Stadt" vorstellen aus Wohnungen, Büros und Gastronomie. "Ich finde, man braucht kein hundertstes Einkaufszentrum, wer soll denn das alles kaufen?" © Lisa Susu Hahn
Immer was los
Das Quelle-Gebäude gilt als zweitgrößtes leerstehendes Gebäude Deutschlands. Doch so leer ist es gar nicht. Seit der Insolvenz 2009 entwickelt sich eine lebendige und junge Künstler- und Unternehmerszene auf den 260.000 Quadratmetern.
Im Dezember 2012 haben wir uns vor allem in den leerstehenden Räumlichkeiten der Quelle umgesehen. Hier geht zur Bildergalerie "Ein Rundgang durch die ehemalige 'Versandmaschine'".
Abriss oder Erhalt? Hier geht es zur Online-Petition.
© Lisa Susu Hahn
"Neu, anders und groß"
Sabrina Bohn ist Vorstandsmitglied des Bürgervereins Gostenhof-Muggenhof-Kleinweidenmühle-Doos. Die 30-Jährige findet, dass das Quelle-Gebäude mit seiner Geschichte, seiner nationalen Bedeutung und Größe und mit dem Unternehmen im Hintergrund mit nichts vergleichbar ist. Deswegen sei es in diesem Fall auch notwendig, "neu, anders und groß zu denken". Die Nürnbergerin ist glücklich über die aktuelle Nutzung: "Ich bin einfach froh, dass hier wieder Leben eingekehrt ist und dass so viele tolle Menschen eingezogen sind. Die häufige Mutlosigkeit in Nürnberg erstickt die (Sub-)Kultur, die Kreativität, das Mögliche, die Ideen, das Engagement im Keim. Und den potentiellen Sex-Appeal, den wir uns doch alle wünschen." © Lisa Susu Hahn
Second-Hand-Möbel
Die alten Mitarbeiter-Spinde finden nun eine neue Heimat in der ein oder anderen Wohngemeinschaft. Sie werden auf dem Gelände für 60 Euro das Stück verkauft. Anton (links) lädt das neue Möbel mit seinem Kumpel ins Auto. "Der kommt in unsere Küche. Ich finde vor allem die Farbe gut." © Lisa Susu Hahn
Spritztour
Redakteur Lars (links) und Informatiker Thomas schrauben im Erdgeschoss an Motorrädern der 70 und 80er Jahre. Im großen Innenhof der Quelle kann man gleich eine kleine Spritztour machen. © Lisa Susu Hahn
Mieter der ersten Stunde
Lars (37) ist Mieter der ersten Stunde. "Ich bin sehr gerne hier. Es ist immer etwas los, wir besuchen uns gegenseitig und arbeiten teilweise auch zusammen." © Lisa Susu Hahn
Keine Beschwerden
Seit zwei Jahren kann sich der Sounddesigner und Dozent an der Nürnberger FH in seinem Raum austoben, ohne dass sich Nachbarn über die Musik beschweren würden. © Lisa Susu Hahn
"Großer Traum wahr geworden"
Klaus hat sich im Erdgeschoss eine große Motorradwerkstatt eingerichtet. "Hier ist für mich ein Traum wahr geworden, schließlich habe ich sieben Jahre lang nach solchen Räumlichkeiten gesucht." © Lisa Susu Hahn
Historische Schmuckstücke
Der Metallbauer verbringt seine komplette Freizeit in der Werkstatt und schraubt dabei am liebsten an historischen Schmuckstücken herum. © Lisa Susu Hahn
Gemütliche Wohnküche
Im Nebenraum hat sich der 39-Jährige eine gemütliche Wohnküche eingerichtet. "Wenn ich hier raus müsste, würde ich mich umbringen", sagt er und lacht. "Nein, im Ernst, ich fände es wirklich schrecklich. Solche günstigen Räume in der Stadt bekomme ich nie wieder, das kann ich vergessen." © Lisa Susu Hahn
Kleine Überbleibsel
Überall finden sich noch kleine Überbleibsel aus den einst glanzvollen Zeiten des erfolgreichen Versandhandelsunternehmens. © Lisa Susu Hahn
KüchenQuelle
Das Unternehmen wurde 1927 von Gustav Schickedanz in Fürth gegründet. 2009 reichte die Quelle AG den Insolvenzantrag ein. © Lisa Susu Hahn
Indizien
Auf den Fluren zwischen den Ateliers finden sich in vielen Ecken Zeichen für kreatives Leben. © Lisa Susu Hahn
Trostlos
Doch auch die ganze Trostlosigkeit der Situation offenbart sich in den riesigen leeren Räumen. © Lisa Susu Hahn
Bunt und kreativ
Im fünften Stock befinden sich viele Künstlerateliers und Büroräume nebeinander. © Lisa Susu Hahn
Kleine Nachrichten
Wie in einer WG: Immer wieder finden sich - mehr oder weniger nette - kleine Nachrichten der Mieter an den Wänden. © Lisa Susu Hahn
WG-Küche
Auch die gemeinsame Küche des Stockwerks mutet an wie eine WG-Küche. Hier versammeln sich die Kreativen, um sich auszutauschen oder für eine ihrer Versammlungen im Rahmen des Vereins "Quellkollektiv". © Lisa Susu Hahn
Quellkollektiv
Der Verein, der zum Jahreswechsel gegründet wurde, zählt zurzeit etwa 30 Mitglieder. Ziel ist es, die Vernetzung und das gemeinschaftliche Auftreten der Mieter zu fördern. Unter anderem geplant sind eine gemeinsame Galerie, Veranstaltungen und die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Initiativen. © Lisa Susu Hahn
"Abriss wäre schrecklich"
Daniel ist Webdesigner und arbeitet seit Anfang des Jahres mit einem kleinem Team von Kreativen in einem hellen Büroraum. "Hier sind lauter nette Menschen, die etwas Interessantes schaffen. Außerdem ist die Dachterrasse wunderschön, im Sommer arbeite ich in der Hängematte mit Laptop." Einen Abriss des Gebäudes fände er "schrecklich", da das Gebäude einen sehr hohen geschichtlichen Wert habe. "Allein, wenn man bedenkt, wie viele Leute hier gearbeitet haben." Der Designer fände es außerdem "superschade, wenn wir hier raus müssten, es kann sich so viel entwickeln, sehr offen, ohne Regeln." © Lisa Susu Hahn
"Super Zeit"
Künstler, DJ und Designer Stefan-Christoph arbeitet in seinem gemütlich eingerichteten Atelier an einer Kollektion für junge Frauen. Wie viele andere Mieter ist er sich der Zwischennutzung bewusst. "Wenn wir hier rausmüssen, dann war es einfach eine super Zeit." Dabei würde eine künstlerische Nutzung des Gebäudes seiner Meinung nach Sinn machen. "Man könnte Gastkünstler einladen, sich international vernetzen. Das wäre eine absolute Bereicherung, so kann sich eine Stadt weiterentwickeln. Ich finde, es sollte auch im Interesse der Politiker sein, dass die Künstler bleiben können." Insgesamt arbeiten derzeit etwa 250 Mieter in dem Gebäude. © Lisa Susu Hahn
Relikte
Teile einer Schaufensterpuppe: Relikt aus vergangenen Zeiten. © Lisa Susu Hahn
"Wie im Paradies"
Tom ist Produktdesigner. Ihm bieten die großen Räumlichkeiten genug Platz zum Werkeln, zum Beispiel, um eine Sitzbank zu bauen. "Für mich ist das hier wie im Paradies." © Lisa Susu Hahn
Werkmaterial
In einem der Flure lagert er alles mögliche Werkmaterial. © Lisa Susu Hahn
Lagerraum
Der Raum des 37-Jährigen liegt direkt an der großen Dachterrasse, wo früher die Campingausstellung beheimatet war. © Lisa Susu Hahn
Urban Gardening
Im Winter etwas trostlos, im Sommer dafür umso grüner: Die Mieter haben sich hier einen Garten geschaffen und bauen zum Beispiel Tomaten an. © Lisa Susu Hahn
Kleiner Teich
Sogar ein kleiner Teich wurde angelegt. © Lisa Susu Hahn
Architekturbüro
Neben Künstlern und Grafikdesignern hat sich in diesem Raum des fünften Stocks ein Architekturbüro angesiedelt. © Lisa Susu Hahn
Gemeinsam anpacken
Gemeinsam anpacken: Die Vernetzung der Künstler untereinander, voneinander lernen und sich gegenseitig helfen, sehen die meisten Mieter als enorme Bereicherung. © Lisa Susu Hahn
Büro mit Ausblick
Einen solch traumhaften Ausblick über die Stadt bieten die wenigsten Büros in Nürnberg. © Lisa Susu Hahn
"Optimale Bedingungen"
Nils spielt bei den Nürnberger Bands Vesuv und Seizures. Der 35-Jährige ist absolut begeistert vom Proberaum im ehemaligen Betriebsratsbüro der Quelle. "Im Gegensatz zu den Schimmelkellern, in denen ich bisher geprobt habe, bieten sich hier für uns optimale Bedingungen. Die Räume klingen gut und es passen drei Schlagzeuge rein." © Lisa Susu Hahn
"Zu wertvoll, um abgerissen zu werden"
Tobias hat im Mai 2012 einen der größten Räume im Erdgeschoss bezogen und ist im Vorstand des Quellkollektivs. Der 28-Jährige spricht sich klar gegen einen Abriss aus: "Das Gebäude ist baulich und geschichtlich zu wertvoll, um abgerissen zu werden." © Lisa Susu Hahn
Chance für Kreative
In seinem Atelier erledigt der gelernte Glasgestalter Auftragsarbeiten und werkelt an allerlei Kunst. "Dieses Haus gibt uns Kreativen die Chance, voneinander zu lernen, zusammenzuarbeiten und sich zu helfen." © Lisa Susu Hahn
"Wir sind die Lösung"
Der 29-Jährige möchte gerne daran glauben, "dass wir hier bleiben dürfen. Denn wir sind die Lösung." © Lisa Susu Hahn