Wahlwerbung

Hilpoltstein: Machtlos gegen die Plakatflut der AfD

26.8.2021, 06:04 Uhr
Den Luftraum entlang des Weges in die Hilpoltsteiner Innenstadt hat die AfD okkupiert. Ob sie sich damit einen Gefallen getan hat, steht auf einem anderen Blatt.  

© Tobias Tschapka, NN Den Luftraum entlang des Weges in die Hilpoltsteiner Innenstadt hat die AfD okkupiert. Ob sie sich damit einen Gefallen getan hat, steht auf einem anderen Blatt.  

Wahlplakate überall, mit Politikern und Parolen: Modernes Deutschland, Respekt, Zukunft – unscharfe Begriffe, was durchaus gewollt ist. Manchmal erschlagen sie den Betrachter regelrecht, wie aktuell etwa in Hilpoltstein, wo stellenweise jeder Laternenpfahl ab der Mitte bis zur Spitze mit Wahlwerbung der AfD behängt ist. Nicht nur eine Frage der Rechtmäßigkeit, sondern auch der Achtung unausgesprochener Regeln der Fairness und des guten Stils.

Jede Kommune hat eigene Regeln

Der AfD-Plakatwald noch einmal in voller Größe - inklusiver des schon seit längerem hoch umstrittenen "Bikini statt Burka"-Posters.

Der AfD-Plakatwald noch einmal in voller Größe - inklusiver des schon seit längerem hoch umstrittenen "Bikini statt Burka"-Posters. © Tobias Tschapka

Generell unterliegt das Aufhängen von Wahlplakaten klaren Regeln. Diese werden zwar häufig im Detail von den Bundesländern geregelt, die Rahmenbedingungen sind aber in ganz Deutschland gleich. Wo Plakate hängen dürfen, worauf Wahlkämpfer achten müssen und wann sie die Plakate wieder abnehmen müssen.

Aber auch Städte und Gemeinden können eigene Regelungen treffen. Viele Orte, wie etwa die Kreisstadt Roth, erlauben deshalb die Plakatierung nur auf eigens zur Verfügung gestellten Plakatwänden und reglementieren so die Wahlwerbung in innerstädtischen Bereichen.

Grundsätzlich dürfen laut Gesetz Plakate überall aufgehängt werden. Das regelt Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes, das vom Recht auf Meinungsfreiheit ausgeht. Bei Wahlplakaten geht es um Sichtbarkeit. Jeder möchte am liebsten dort „hängen“, wo die Aufmerksamkeit besonders groß ist.

Es gibt klare Tabuzonen

Genau an diesen Stellen ist das Plakatieren von Wahlwerbung aber oft verboten. Das gilt etwa vor Rathäusern, vor Schulen und Kitas oder direkt vor dem Wahllokal. Hier sind Bannmeilen einzuhalten, denn öffentliche Gebäude verfügen über eine Neutralitätspflicht. Wer sich nicht daran hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit.

Plakate dürfen zudem außerhalb der Innenstädte den Verkehr nicht behindern. Das heißt konkret: Autofahrer müssen freie Sicht auf Verkehrs- und Straßenschilder haben. Somit ist das Plakatieren an einem Masten unterhalb eines Stopp-Schilds ebenso tabu wie an einer Laterne, an der ein Straßenname angebracht ist, oder rund um Ampelkreuzungen.

Viel hilft nicht immer viel

So ist auszuschließen, dass wichtige Hinweisschilder oder Signalanlagen verdeckt werden oder es zu Sichteinschränkungen kommt. Daher ist das Anbringen von Plakaten an Lichtmasten entlang von Geh- und Radwegen beispielsweise erst ab einer Höhe von 2,50 Metern erlaubt.

Obendrein haben einige Kommunen Zonen eingerichtet, in denen nicht plakatiert werden darf. Häufig sind das etwa historische Altstädte oder der Marktplatz der Gemeinde.

Viele Kommunen haben in ihren Satzungen inzwischen eine Höchstmenge an Plakaten definiert, die pro Partei oder Wählervereinigung aufgehängt werden darf. Insgesamt sind Parteien und Kandidaten gut beraten, sich grob an die Vorgaben zu halten, denn eine übermäßige Plakatierung kann am Ende vor Ort auffallen und mitunter zu negativen Diskussionen führen.

Stadt hat keine Handhabe

Beispiel Hilpoltstein. Dort sind - nur einen Tag nach der Aufregung um zwischen Kinderheften platzierter AfD-Wahlwerbung in einem Thalmässinger Supermarkt - beim Ordnungsamt und bei unserer Zeitung mehrere E-Mails und Anrufe von Bürgern eingegangen, die die überproportionale Plakatwerbung der AfD kritisieren.

„Parteien haben grundsätzlich das Recht, auf ihre Belange aufmerksam zu machen“, sagt dazu Herbert Walter von der Hilpoltsteiner Stadtverwaltung, der auch als Gemeindewahlleiter fungiert. Strikte Festlegungen der Stadt, was die Wahlwerbung anbelangt, gebe es jedoch nicht. Lediglich der Bereich der Innenstadt müsse von Plakaten freigehalten werden.

Die Ausfallstraßen würden schon nicht mehr dazuzählen, so Walter. Er könne deshalb auch nichts tun, wenn beispielsweise die AfD an einem Lichtmasten bis zu vier Plakate anbringt, solange die allgemeinen Voraussetzungen ansonsten erfüllt sind. Klar habe man die Kritik an der übermäßigen Plakatierung aus der Bevölkerung mitbekommen. Die Stadt habe sogar versucht, in einem persönlichen Gespräch auf die Partei wegen ihrer Wahlwerbepraxis einzuwirken. Ohne Erfolg.

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