Machtkonzentration

"Vonovia wird auch in Erlangen Mietern letzten Euro abdrücken wollen"

1.6.2021, 15:30 Uhr
Die beiden Dax-Konzerne Vonovia und Deutsche Wohnen wollen sich zusammenschließen, das dürfte Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt in Deutschland haben. 

© imago stock&people, imago stock&people Die beiden Dax-Konzerne Vonovia und Deutsche Wohnen wollen sich zusammenschließen, das dürfte Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt in Deutschland haben. 

Frau Taucher, der große Wohnimmobilienkonzern Vonovia will die Deutsche Wohnen übernehmen, auch in Erlangen und der Umgebung hat die Vonovia Wohnungen, was könnte der Zusammenschluss für die Mieter bedeuten?

Die Übernahme kostet Vonovia 18 Milliarden Euro. Dieses Geld muss der Konzern auch wieder reinholen, um seine Aktionäre zufrieden zu stellen. Also wird Vonovia auch in Erlangen und der Umgebung verstärkt versuchen, ihren Mieterinnen und Mietern noch den letzten Euro abzupressen.

In Erlangen gibt es die Mietpreisbremse, kann diese einen weiteren Anstieg der Mieten verhindern?

Bisher hat sich die Mietpreisbremse als weitgehend wirkungslos erwiesen. Weder bundesweit noch hier in Erlangen konnte sie eine Erhöhung der Mieten verhindern.

Wo sehen Sie bei der Mietpreisbremse Probleme?

Die Mietpreisbremse hat zahlreiche Ausnahmen, etwa bei Neubauten, Sanierungen oder bei bereits überhöhten Vormieten. Außerdem ist ein Verstoß nicht strafbewehrt. Stattdessen müssen die Mieterinnen und Mieter individuell Klagen. Statt der wirkungslosen Mietpreisbremse brauchen wir bundesweit sechs Jahre Mietenstopp.

Erst kürzlich hat der unabhängige Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich der Stadt Erlangen ermittelt, dass die Hugenottenstadt geprägt ist von einem Mangel an Bauflächen bei gleichzeitig steigenden Preisen. Was bedeutet das für den Wohnungsmarkt?

"Bauen, bauen, bauen" gegen hohe Mieten funktioniert nicht, wenn es dafür keinen Raum mehr gibt. Erlangen kommt flächenmäßig an die Grenzen seines Wachstums. Hohe Bodenpreise führen außerdem auch zu hohen Mieten. Hier müssen bestehende Flächen auch genutzt werden und Leerstand nicht nur auf dem Papier bekämpft werden.

Werden Menschen mit mittlerem und niedrigerem Einkommen bald keine Wohnung mehr in Erlangen finden?

Josephine Taucher, Kreissprecherin der Linken für Erlangen-Erlangen-Höchstadt.

Josephine Taucher, Kreissprecherin der Linken für Erlangen-Erlangen-Höchstadt. © e-arc-tmp-20210530_173039-2.jpg, NN

Für Menschen mit mittlerem und niedrigerem Einkommen ist es jetzt schon sehr schwierig, angemessene Wohnungen in Erlangen zu finden. Das bestehende Mietniveau ist einfach zu hoch und der weitere Anstieg verschärft die Situation noch. Es reicht deswegen nicht, bloß den Anstieg etwas zu bremsen, die Mietpreise müssen wieder runter. Der Anteil an Wohnungen in Sozialbindung stieg zuletzt zwar wieder, ist aber trotzdem weit unter dem Niveau von früher.

Sie unterstützen das Berliner Volksbegehren zur Enteignung und Vergesellschaftung der privaten Immobilienkonzerne. Wäre ein solches Begehren auch in Bayern möglich?

Rechtlich ist das in Bayern etwas kniffliger, weil Volksbegehren hier nicht in den Landeshaushalt eingreifen dürfen. Wir würden es aber sehr begrüßen, wenn das juristisch geprüft würde. Der Landtag könnte ohne Zweifel ein Vergesellschaftungsgesetz beschließen. Alternativ würden wir natürlich eine bundeseinheitliche Lösung begrüßen, damit es nicht wie der Berliner Mietendeckel am Kompetenzrahmen der Länder scheitert.

Und wie realistisch ist die Umsetzung?

Auch in Bayern brennt das Thema Miete vielen unter den Nägeln. Beim Volksbegehren "6 Jahre Mietenstopp" konnten wir mit Leichtigkeit zehntausende Unterschriften sammeln. Laut Umfragen ist in Berlin inzwischen eine Mehrheit für die Vergesellschaftung und auch bundesweit sprechen sich etwa Prozent dafür aus. Wir sind optimistisch, uns zusammen mit einer starken Mieterbewegung durchsetzen zu können.

14 Kommentare