Verschiedene Techniken

Jeder ist schlagfertig: So können Sie es trainieren

11.8.2021, 10:24 Uhr
Das Kontern verbaler Angriffe lässt sich lernen, sagen Experten.

© imago images/Westend61 Das Kontern verbaler Angriffe lässt sich lernen, sagen Experten.

Manchen Menschen fällt scheinbar immer ein passender Spruch ein, andere stammeln ein überraschtes "Lassen Sie mich doch erklären...", wenn sie etwa im Beruf abgebügelt werden, und wieder andere bleiben stumm. Schlagfertig ist eben nicht jeder, oder?

Doch, findet Sabine Altena. Die ehemalige Journalistin coacht unter anderem in Sachen Rhetorik und Schlagfertigkeit. Schließlich fällt den meisten nach einer Weile ein guter Konter ein. "Jeder ist schlagfertig, nur halt nicht zum richtigen Zeitpunkt", erklärt Altena.

Bloß nicht schweigen

Schlagfertig sein, das ist im Job nicht ganz unwichtig, sagt Coach und Autor des Buches "Schlagfertigkeit", Matthias Nöllke. Dabei gehe es nicht unbedingt um einen flotten Spruch oder einen guten Konter. "Im Kern geht es darum, nicht sprachlos zu bleiben." Das kann einem etwa in unangenehmen Situationen die Souveränität zurückgeben. Folgende Methoden können den Coaches zufolge helfen:

Zunächst geht es darum, überhaupt irgendetwas zu sagen und in brenzligen Situationen nicht stumm zu bleiben. "Das muss nicht originell oder witzig sein", erklärt Nöllke. "Schlagfertigkeit beginnt mit Nullsätzen." So könne man zunächst einfach sagen: "Dazu fällt mir nichts ein" oder "Keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen." Das irritiere das Gegenüber und gebe einem selbst Sicherheit zurück. "Man kommt aus der unangenehmen Situation heraus."

Wer Teammitglieder oder gar eine Führungskraft hat, die einem dumm kommen, kann vielleicht mit kleinen Spielverderbern arbeiten, sagt Nöllke. "Schön für dich", "Damit beschäftigen Sie sich, nicht ich" oder "Schon okay, wenn Sie das so sehen wollen". Wer hartnäckig bei solchen Phrasen bleibt, verdirbt Sprücheklopfern den Spaß – eher, als wenn man versucht, etwas Originelles zu kontern.

Man tut so, als sei man ein Dolmetscher, der eine Fremdsprache übersetzt. Wenn jemand sich über das eigene Outfit lustig macht, kann man zum Beispiel erwidern: "Sie meinen, Ihnen gefällt meine Jacke nicht?" Der Dolmetscher holt das Gespräch auf die Sachebene zurück, eine sehr diplomatische Technik.

Gegendarstellung: Mit dieser Technik kann man auf Unterstellungen oder Fehlurteile reagieren, erläutert Nöllke. Zum Beispiel auf die Unterstellung, man sei zu jung und habe zu wenig Erfahrung. "Oft fühlt man sich überfahren und will sich rechtfertigen. Das wirkt häufig nicht so souverän." Besser sei es, so zu reagieren: "Das ist Ihre Ansicht. Tatsächlich bringe ich mal frischen Wind in das Projekt." Zurückweisen und richtigstellen, kurz und knapp. Wer das Modell im Kopf habe, dem sei oft schon geholfen.

Das große Ganze: Hierbei wird die Aussage des anderen relativiert. Von einem Detail, das der andere kritisiert, zum Beispiel "Das kostet zu viel" oder "Dafür haben wir nicht genug Manpower", wird zu einem übergeordneten Ziel abgelenkt, skizziert Altena. Beispiel: "Ja klar, das kostet Geld. Und was wir erreichen wollen ist, dass die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich steigt." Idealerweise werden die Sätze mit einem "und" statt einem "aber" verbunden. Das wirkt weniger abwertend.

Überraschendes Ja: Wenn jemand versucht, den anderen persönlich anzugreifen ("Sie sind aber klein!", "Ist Ihr Schreibtisch immer so unordentlich?", "Sie sind ganz schön laut!"), kann dieser einfach zustimmen: "Stimmt", "absolut" oder auch "daran dürfen Sie sich gewöhnen". Weil sich die meisten Menschen eher rechtfertigen, anstatt in solchen Momenten zuzustimmen, heißt die Technik "Überraschende Zustimmung". Sie funktioniert auch bei Dingen, die nicht stimmen, als ironische Überhöhung, sollte aber mit Bedacht eingesetzt werden.

Klassische Rückfrage: Diese Technik funktioniert fast immer, berichtet Altena: Nachhaken, was genau gemeint ist. "Was genau verstehen Sie unter...? Was ist Ihr Verständnis von...? Was ist Ihre Idee dazu? Was brauchen Sie, um...?" Das verschafft Zeit und ganz nebenbei tatsächlich ein besseres Verständnis der Situation und Gedanken. Mutige, die in eine angeregte Diskussion gehen wollen, dürfen es auch mal versuchen mit: "Wie kommen Sie zu dieser Fehleinschätzung?"

Verwirrung: Man sagt etwas, das schlau klingt, aber weder etwas aussagt, noch etwas mit dem Angriff oder der Kritik zu tun hat. Geeignet sind Nonsens-Sprichwörter, Sprichwörter, die keiner kennt, oder auch unbekannte Filmzitate. "Das Unbekannte schafft die Verwirrung", erläutert Altena. Entscheidend sei, dazu ein bedeutungsvolles Gesicht aufzusetzen, langsam zu sprechen und Pausen zu machen. Ihre Lieblingssprüche: "Wer kein Messer hat, kann auch kein Brot schneiden". Oder auch: "Weißt Du, die Birne ... hat den Stiel hinten." Dem fügt Altena ein "Denk mal drüber nach" an. "So muss der andere automatisch darüber nachdenken, und man selbst kann mit seinen Inhalten weitermachen."

Auf Augenhöhe

Wichtig in Sachen Schlagfertigkeit: Es geht darum, eine Situation auf Augenhöhe zu lösen, betont Altena. "Gute Schlagfertigkeit ist elegant und wirkt entspannt. Alle sollten erhobenen Hauptes aus dem Gespräch gehen."

Es gibt auch Situationen, in denen ein schlagfertiger Spruch fehl am Platz ist, wie Nöllke sagt. Zum Beispiel, wenn das Gegenüber absolut humorlos ist oder ein lustiger Spruch einfach nicht zur eigenen Persönlichkeit passt. Und humorvolle Konter sind ebenfalls fehl am Platz, wenn man wirklichen Angriffen unter der Gürtellinie ausgesetzt ist. "Dann sollte man klar Stopp signalisieren und knallhart sagen: So etwas will ich nicht mehr hören."

Körpersprache und Stimme

Es kann immer passieren, dass man sich im Arbeitsalltag von einer Aussage etwas überfahren fühlt. Körpersprache und Stimme können dann helfen, die Situation souverän zu meistern. In Sachen Schlagfertigkeit geht es nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Verpackung. Coachin Altena empfiehlt, bei einem Seitenhieb oder verbalen Angriff nicht unmittelbar zu antworten.

Stattdessen im Blickkontakt bleiben, ein entspanntes Gesicht wahren und sich drei Millimeter aufrichten. "So fühlen wir uns selbstbewusster, kommen raus aus der Fluchthaltung und können besser denken." Auch die Stimme spielt eine wichtige Rolle, sagt die ehemalige Radiomoderatorin: "Wenn man meint, die eigene Stimme sei etwas zu laut, etwas zu langsam und etwas zu betont, dann ist sie in der Regel so, dass die anderen ihr gerne zuhören."

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