Uschi Glas erinnert sich

Vor 30 Jahren starb Roy Black - das sagen alte Weggefährten

9.10.2021, 06:05 Uhr
Der Schlagerstar Roy Black ist vor 30 Jahren in seiner Fischerhütte gestorben. 

© imago images/teutopress, NNZ Der Schlagerstar Roy Black ist vor 30 Jahren in seiner Fischerhütte gestorben. 

Es ist ein später Nachmittag Anfang Oktober. Der Friedhof liegt ein wenig versteckt im Bobinger Ortsteil Straßberg, kurz hinter Augsburg. Einige Senioren pflegen die Gräber ihrer Angehörigen. Noch ist es ruhig hier.

In Straßberg leben rund 1000 Menschen in teils schmucken Einfamilienhäusern mit gepflegten Gärten, nach Bobingen sind es rund vier Kilometer. In dieser behüteten heilen Welt wuchs Gerhard Höllerich auf. Mit nur 48 Jahren verstarb er vor 30 Jahren völlig unerwartet. Das Herz, heißt es offiziell.

Keine deutschen Schlager

Seine letzte Ruhe fand er im Familiengrab, das leicht zu übersehen wäre, gäbe es da nicht ein allzu bekanntes Bild auf dem dunklen Grabstein. Es zeigt einen lächelnden Mann in seinen Vierzigern, die Haare zum Mittelscheitel geföhnt, weißes Hemd, rote Krawatte, schwarzes Sakko. Auch nach seinem Tod ist Gerhard Höllerich noch immer Roy Black.

Mitte der 1960er Jahre wurde aus dem BWL-Studenten, der im Dachgeschoss seines Elternhauses wohnte, Roy Black. Zuvor sang der junge Mann keinesfalls schnulzige Schlager. An diese Zeit erinnert sich etwa Axel Linstädt, damals Mitglied der „Blizzards“. Die Nürnberger Schulband spielte unter anderem beim „Record Hop“ in den Humboldtsälen in der Nürnberger Südstadt.

DJ und Moderator Mal Sondock legte dort auf und bekam Wind davon, dass ein gewisser Roy Black auf der Suche nach einer Begleitband für ein vierwöchiges Engagement in Bochum war. Sondock stellte den Kontakt her, wenig später war der Vertrag unterschrieben.

Abend für Abend standen die jungen Musiker mit Roy Black auf der Bühne. Sie hätten sich wohl geweigert, „Mist“ wie „Du bist nicht allein“ zu spielen, erzählt Linstädt augenzwinkernd. Stattdessen: Lieder von Elvis, Cliff Richard, den Beatles und Roy Orbison – „Interpreten, deren Titel Roy Black gerne sang“, sagt der 74-jährige Linstädt.

Der große Erfolg kam für Roy Black jedoch mit deutschen Schlagern. Aus „Lucky Lips“ wurde „Du bist nicht allein“ und „Eine Rose schenk ich dir“. Aus dem Jugendlichen, der in einer Beatband mitmischte, machten clevere Plattenbosse einen Schnulzensänger, einen ewig sympathischen Schwiegermutter-Typ. „Ganz in Weiß“ wurde zu Roy Blacks erfolgreichster Single mit rund 2,5 Millionen verkauften Einheiten. Allein in Deutschland gingen über eine Million Exemplare über den Ladentisch.

Der Schwabe tourte durch die Lande und trat im November 1968 auch in der Nürnberger Meistersingerhalle auf, wo er „Oma und Enkelin gleichermaßen in die Gartenlaube einer simplen und intakten Welt“ zog, schrieb NN-Autor Hendrik Bebber.

„Das waren Kritiken, die den Star oft verletzten“, erzählt Uschi Glas am Telefon. Sie nehme sich gern Zeit für ein Interview über Roy Black, sagt sie. „Schade, dass er so früh gegangen ist.“

Ende der 1960er Jahre drehte die Schauspielerin mit ihm Filme wie „Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut“ und lernte den Menschen hinter dem Künstlernamen kennen. Nach einem Drehtag, so erinnert sie sich, seien sie in ein Restaurant gegangen. Roy Black habe kurzerhand seine Gitarre mitgenommen und gemeinsam mit ihr gesungen. Einfach so, mitten im Restaurant.

Melancholisch und witzig zugleich

„Er war melancholisch, konnte aber auch sehr witzig sein“, sagt Glas. Er sei keiner gewesen, der Star-Allüren hatte, vielmehr kam er gut vorbereitet zu Dreharbeiten, hatte immer ein freundliches Wort und war diszipliniert. „Bei Autogrammstunden haben ihn Frauen abgebusselt“, erzählt die Schauspielerin. „Ich würde ausrasten, wenn das fremde Männer bei mir machen würden.“ Aber Roy habe das ertragen. „Er war ein ganz Lieber.“

Erfolg, Geld, gutes Aussehen, bei Kollegen angesehen – und doch war da eine Zerrissenheit und Verletzlichkeit. Depressionen und Alkoholsucht wurden ihm nachgesagt. Privat durchlebte er einige Krisen. Und er machte kein Geheimnis daraus, dass er mit der Rolle des Schmusebarden nicht besonders glücklich war. Nach einer Kritik, die ein regelrechter Verriss gewesen sei, sei er sehr mitgenommen gewesen, sagt Uschi Glas.

In den 1980er Jahren wurde es zeitweise still um Roy Black. Er musste am Herzen operiert werden. 1989 erhielt er den „Nürnberger Trichter“. „Wir möchten damit einen Menschen ehren, der trotz schwerer Krankheit nicht resigniert hat und jetzt wieder auf dem Weg nach oben ist“, so der damalige Trichter-Präsident Heiner Steudel in seiner Laudatio.

Auf dem Weg nach oben war Roy Black tatsächlich zu dieser Zeit wieder. Im Februar 1986 war sein Album „Herzblut“ erschienen. Daraus koppelte die Plattenfirma „Wahnsinn“ und „In Japan geht die Sonne auf“ aus. Beide Titel schafften es in die Charts. Ab 1989 spielte er in der erfolgreichen Fernsehserie „Ein Schloss am Wörthersee“ den Hotelchef Lennie Berger. Auch privat schien alles bestens. Im September 1991 brachte seine damalige Lebensgefährtin die gemeinsame Tochter Nathalie zur Welt.

„Er hatte viel Talent“, sagt Axel Linstädt. Er erinnert sich an einen Mann „mit Personality in der Stimme“. Einer, der die Menschen um sich herum einnehmen konnte. „Seinem Lächeln konnte keiner widerstehen“, sagt auch Elisabeth Morhard. Die Bobinger Kulturamtsleiterin steckt in den letzten Vorbereitungen zur Roy-Black-Gala.

Gala in Bobingen

Jedes Jahr gedenkt die Stadt ihres berühmtesten Sohnes mit einem Konzert. Heuer ist Anita Hegerland dabei, die als Kinderstar mit Black auftrat und mit ihm „Schön ist es auf der Welt zu sein“, sang. Fans aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich werden zur Gala anreisen. „Zum Erinnerungs-Programm gehört auch, dass in einem Gottesdienst an Gerhard Höllerich gedacht wird“, so Morhard.

Silke Helmuth wird am Wochenende nicht nach Bobingen fahren. Sie bezeichnet sich als „stillen Fan“, hört unglaublich gern Roy Blacks Musik. Er sei „ein sympathischer, ehrlicher Mensch gewesen“, schwärmt die Erlangerin. Helmuth, heute 57 Jahre alt, ist seit Jugendtagen ein großer Fan. Auf einem Konzert sei sie aber nie gewesen, bedauert sie. „Ich bin in Suhl aufgewachsen. Wir haben ab und an die Hitparade im Fernsehen gesehen“, erzählt sie. Mehr sei in der damaligen DDR nicht drin gewesen. Nach dem Mauerfall, so hoffte sie, könne sie ihr Idol endlich live sehen.

Ihr Wunsch erfüllte sich nicht. Am 9. Oktober 1991 starb Roy Black in seiner Fischerhütte – wie die Tagesschauvermeldete, „mit gebrochenem Herzen“. Seither pilgern jedes Jahr Fans nach Straßberg. Mittlerweile kommen immer weniger. „Die Fans werden älter, sterben“, bedauert Elisabeth Morhard. Vor zehn Jahren war der Blumenberg auf dem Grab kniehoch. Wie hoch er diesmal werden wird? Unklar. Kurz vor dem 30. Todestag ist das Grab jedenfalls eines von vielen auf dem Straßberger Friedhof.

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