Konstanz-"Tatort": Solider Sozialkrimi mit Schwächen

NÜRNBERG - Blum und Perlmann müssen den Mord an einer Frau aufklären, die von einem als Weihnachtsmann verkleideten Unbekannten erschlagen wurde. Die Spur führt ins Obdachlosen-Milieu. "Côte d'Azur" ist ein netter Sozialkrimi, der eine Handvoll Menschen am Rande unserer Gesellschaft porträtiert. Mehr aber auch nicht.

Kurz vor Heiligabend in Konstanz. Die Kamera fliegt am hiesigen Weihnachtsmarkt vorbei in die Wohnung von Vanessa Koch. Der Zuschauer sieht, wie die junge Frau sich in Schale wirft und dabei Prosecco aus der Flasche schlürft. Im Hintergrund erklingt "Stille Nacht, Heilige Nacht". Doch mit der im Weihnachtslied besungenen Ruhe ist es schnell vorbei, als Baby Alex mit der Schreierei beginnt und scheinbar nicht mehr damit aufhören will. Koch verlässt genervt samt Kind die Wohnung und eilt durch das nächtliche Konstanz.

Wenig später liegt die Mutter tot im Schilf am Ufer des Bodensees. Was die permanent miteinander im Clinch liegenden Ermittler Blum (Eva Mattes) und Perlmann (Sebastian Bezzel) erst herausfinden müssen, erfährt der Zuschauer sofort. Eine als Weihnachtsmann verkleidete Person hat die Frau erschlagen. Vom Kind fehlt zunächst jede Spur. Kurze Zeit später kann das Baby jedoch in seinem Kinderwagen nahe der toten Mutter aufgestöbert werden. Stark unterkühlt. Ob es durchkommt, weiß auch der von Barnaby Metschurat überragend gespielte Kinderarzt nicht, der scheinbar großen Gefallen daran findet, mit sarkastischen Phrasen um sich zu schmeißen.

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31.8.2012, 13:57 Uhr

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Ein erster Hinweis führt Blum und den grantigen Perlmann zu einer Gruppe Obdachloser. Die vegetieren in einer Baracke namens "Côte d'Azur" vor sich hin. Die Konstanzer Kommissare - der SWR hat ihr Ende für 2016 angekündigt - schließen Bekanntschaft mit Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft leben. Die einen tun das aus freiem Willen, wie Punk Lucky (Kai Malina), dessen Vater bereits als Punk auf der Straße lebte. Andere widerum konnten private Schicksalsschläge nicht verarbeiten. Sie griffen zur Flasche oder nahmen andere Drogen, wie zum Beispiel der Ex-Kripobeamte Bötzow (Andreas Lust). Alle standen sie in Verbindung zu Vanessa Koch, die ihr knappes Geld lieber für Alk ausgab und das Kind dafür drei Mal in die gleiche Windel scheißen ließ.

Der Mörder ist der Weihnachtsmann

Um an etwas Geld zu kommen, sammelt die Gruppe auf dem Weihnachtsmarkt Spendengelder. In Nikolaus-Kostümen erbetteln sie sich ein paar Münzen, die angeblich Not leidenden Orang Utans zugute kommen. Teilweise wirkt das in der Tat echt rührend. Kaltes Deutschland. Beim Zuschauer klingelts jetzt aber auch noch an anderer Stelle. Einer der Obdachlosen muss der Mörder sein. Bevor dieser überführt ist und ein zugegeben schräges Motiv zu Protokoll bringt, dürfen die Mitglieder der Wohngemeinschaft ihre verdreckten Gesichter in die Kamera halten und ausführlich von ihren dramatischen Erlebnissen berichten.

Dass das zuweilen ein wenig überzeichnet wirkt, liegt an den Dialogen, die Autor Wolfgang Stauch den Schauspielern ins Drehbuch kritzelt. Stauchs Sätze landen oft im tiefen Klischeesumpf, wo doch in den verschiedenen Figuren genug Potenzial für kluge Sätze gesteckt hätte. Immerhin: Dank des Könnens seines Ensembles versinkt der Weihnachts-Krimi im Herbst glücklicherweise nicht im Kitschmorast. Auch dass der Streifen weitesgehend auf unnötige Action verzichtet, bekommt ihm gut.

Völlig daneben und unnötig ist allerdings der Auftritt der "Konstanzer Hitmachine" Jürgen Evers (Markus Hering). Der angegraute Dieter-Bohlen-Verschnitt residiert, umringt von Minirock tragenden Mädchen, in einer imposanten Stadtvilla. Er macht hauptsächlich durch sein Sexleben von sich reden, das trotz kleinem Schniedel als ausschweifend bezeichnet werden kann.

Die Verbindung zur toten Mutter stellt Baby Alexander her. Er ist das Resultat einer leidenschaftlichen Nacht zwischen den beiden und nachdem Evers erfährt, dass er der Vater des Jungen ist, verwandelt der sich innerhalb von Minuten ziemlich unglaubwürdig vom exzentrischen Musikproduzenten in einen treusorgenden Vater. Der Porsche muss also weg. Her mit dem Volkswagen.