David Bowies "Lazarus"-Video: Der letzte Gruß des Major Tom

11.1.2016, 18:19 Uhr
David Bowies

© Screenshot You Tube

Davor hat man das Ende eines Menschen gesehen, der nicht gehen will, der sich verzweifelt wehrt, mit allerletzter, versiegender Kraft: "Look up here, I’m in heaven..." singt er. Und wenn wir jetzt dieses unglaubliche, erschütternde Video sehen, wissen wir, dass dieser Satz traurige, unumkehrbare Wahrheit geworden ist.

Er ist ein szenisches, theatralisches Testament bar jeglicher Attitüde, ein Bild gewordener Schrei; nichts anderes wird darin vermacht als der Auftrag, David Bowie nicht zu vergessen. Und wir werden ihn fortan nicht als den schillernden Pop-Paradiesvogel im Gedächtnis und vor Augen haben, sondern als einen sterbenden, hilflosen, unendlich einsamen Mann, der sich uns auf der Schwelle zwischen dem Hier und dem Nirgendwo in einer entsetzlichen Traurigkeit einprägt.

Mit einer Kopfbinde, auf der zwei starre Knöpfe die verlöschenden Augen markieren, liegt Bowie in einem sterilen Krankenbett in einem nackten, gekachelten Raum. Der Tod sucht sich nicht die schillernden Orte, wenn er kommt. Bowies faltige Hände verkrampft über der Decke, der Mund formt mühsam die Wörter, der ganze krebszerstörte Körper wagt eine allerletzte Anstrengung. Es ist, als schwebe der gezeichnete, aufgegebene Mensch schon fast in einem Moment, der dem unabwendbaren Abgang wie trotzig, wütend vor Machtlosigkeit abgerungen erscheint.

Bowie inszenierte sich ein letztes Mal

Und noch einmal sieht man den Künstler, dem das Überleben misslingen wird (wie wir wissen), an einem Tisch: er zückt den Füller und für Sekunden sieht der aus wie eine Spritze, die dem Leiden vielleicht ein schnelleres Ende bereiten könnte. Aber Bowie schreibt, er versucht zu schreiben. Dieses Lied: „Look up here, man I`m in danger / I`ve got nothing left to loose...“ In Krämpfen zuckt er, er kämpft gegen das Urteil, wer immer es über ihn gefällt haben mag. Seine Hand will ihm nicht mehr gehorchen, gleitet ab. Und wieder beginnt er, schmerzverzerrt das Gesicht...

Sein Leben lang war David Bowie ein genialer Selbstdarsteller, ein Spieler mit Masken und Identitäten, ein Verführer in oft genug obskure Weiten, jenseits von unserer begreifbaren Realität. Jetzt ist das Spiel aus. Ein letztes Mal hat er sich inszeniert, nicht als unerreichbaren Star, allein als einen Sterblichen: „Ain’t that just like me...?“, fragt er und weiß doch, dass er nur noch ein Schatten seiner Existenz ist, eine Erinnerung, ein erloschener „schwarzer Stern“. Die Schranktür schließt sich, der dunkle Raum hat David Bowie verschluckt. Zu hören ist nur noch eine brüchige Stimme, die klingt wie Bowie und auf einmal nur noch die Stimme von Bowie war: „Oh, I`ll be free / Just like thar bluebird...“ Vielleicht ja ist es eine bessere Welt?

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