"Gefangen"

Geister der Vergangenheit: Der Kölner-"Tatort" im Check

9.7.2022, 05:55 Uhr
Ballauf (Klaus J. Behrendt, r) und Schenk (Dietmar Bär) klären in "Gefangen" ihren 79. Fall. Darüber hinaus schlägt der Krimi eine Brücke zu einer Episode aus dem vergangenen Jahr.

© WDR/Thomas Kost Ballauf (Klaus J. Behrendt, r) und Schenk (Dietmar Bär) klären in "Gefangen" ihren 79. Fall. Darüber hinaus schlägt der Krimi eine Brücke zu einer Episode aus dem vergangenen Jahr.

Um was geht's? Mit einem Schuss aus kürzester Distanz ist Professor Klaus Krüger, ein geschätzter Kölner Psychiater, im Wohnzimmer seiner Villa getötet worden. Rechtsmediziner Roth (Joe Bausch) weiß, dass der Mann sofort tot war und die Leiche nicht bewegt wurde. "So wie er daliegt", orakelt Roth, "hat Krüger dem Täter die Terrassentür aufgemacht". Demzufolge könnten sich Opfer und Täter also gekannt haben.

Was passiert dann? Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) beginnen mit ihren Recherchen. Diese führen sie zu einem Anwalt, der in Kontakt mit dem Ermordeten stand. Darüber hinaus geht's per Oldtimer in Krügers psychiatrische Klinik, wo die Cops auf eine Ärztin stoßen, die mit der ein oder anderen Information zunächst hinterm Berg hält, einen sehr sensiblen Pfleger und viele kranke Seelen.

Und nun? Zu Schenks Leidwesen ist Ballauf nicht ganz bei der Sache. Denn dieser wird gerade von einem alten Trauma eingeholt. Der Schuss, mit dem er eine zur Mörderin gewordene Kollegin vor über einem Jahr aus dem Leben reißen musste, bereitet dem Beamten noch immer schlaflose Nächte. Doch anstatt das Geschehene aufzuarbeiten und sich der Polizeipsychologin oder Schenk anzuvertrauen, frisst Ballauf alles in sich hinein. Umso verwunderlicher ist es daher, dass er zu einer Patientin (Frida-Lovisa Hamann) der Klinik eine Verbindung aufbauen kann.

Was sonst so hängen bleibt: Oldtimer-Fan Freddy Schenk, diesmal in einem eleganten, grauen Mercedes 280 SE unterwegs, wirft dem sportlichen, metallic-grünen 911er von Anwalt Florian Weiss sehnsüchtige Blicke zu und Jütte schwört offenbar weiterhin auf die heilenden Kräfte einer Lichtdusche.

Die Erklärung des Films: Das Borderline-Syndrom ist eine schwere Persönlichkeitsstörung mit vielen unterschiedlichen Symptomen. Betroffene Personen leider unter anderem an ihren intensiven und unkontrollierbaren Emotionen. Sie erleben extreme Stimmungsschwankungen, besitzen ein gestörtes Selbstbild. Darüber hinaus setzen sie oftmals manipulatives und selbstschädigendes Verhalten ein.

Die Randnotiz des Films: Für die äußerst fein geschliffene Musik in "Gefangen" zeichnet Volker Bertelmann aka Hauschka verantwortlich und damit ein grandioser Pianist und Kompositeur faszinierender Melodien. So wurde beispielsweise sein in Zusammenarbeit mit dem US-Amerikaner Dustin O'Halloran entstandener Score zu "Lion" 2017 sowohl für den Golden Globe Award als auch den Oscar nominiert.

Unser Fazit: Die Idee, die in Isa Prahls "Tatort" steckt, ist gut. Auch die Umsetzung des Stoffs ist gelungen. Zudem werden Ballaufs Geister für den Zuschauer ansprechend visualisiert. Lediglich der Nebel, der über dem großen Ganzen liegt, löst sich am Ende ein bisschen zu leicht auf. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es sich bei "Gefangen" um einen effektvollen Krimi handelt, der dazu eine elegante Brücke zu einem älteren Fall schlägt. Horizontales Erzählen aus Köln! Zwei.

Verwandte Themen