Darum geht es in "Die goldene Zeit"

Harte Schale, rotes Licht: Dieser Falke-"Tatort" spielt in St. Pauli

30.7.2022, 05:55 Uhr
Falke (Wotan Wilke Möhring) und Grosz (Franziska Weisz) suchen in "Die goldene Zeit" nach einem Auftragskiller, der einen Bordellbetreiber erstochen hat.

© NDR/Christine Schroeder Falke (Wotan Wilke Möhring) und Grosz (Franziska Weisz) suchen in "Die goldene Zeit" nach einem Auftragskiller, der einen Bordellbetreiber erstochen hat.

Um was geht's? Johannes Pohl, Sohn eines Hamburger Kiez-Königs, wird vor seiner Wohnungstür erstochen. Als die Kommissare die Aufnahmen einer Überwachungskamera auswerten, stellen sie mit Erschrecken fest, dass der Täter ein Minderjähriger ist. Ersten Recherchen zufolge handelt es sich bei ihm um einen Jungen aus Rumänien, der den Mord für eine Handvoll Geld verübt hat.

Was passiert dann? Auf der Suche nach Antworten tauchen die Ermittler nun ganz tief ein ins Herz von St. Pauli. Dabei stoßen sie auf viele Hamburger Unterweltler und zu Grosz' Überraschung auch auf einen alten Freund aus Falkes Vergangenheit. Denn bevor der Junge aus dem Beton zur Polizei ging, arbeitete er eine Weile als Türsteher und fand während dieser Zeit in "Eisen-Lübke", einer damals großen Nummer im Pohl-Clan, eine Art Vaterfigur.

Was sonst so passiert: Während Falke einen Moment lang so ein bisschen in Erinnerungen schwelgt, klemmt sich "Eisen-Lübke" selbst an die Fersen des Mörders und kann ihn sogar in seine Gewalt bringen. Doch als der gealterte Rotlicht-Held den Bub aus dem Weg räumen will, erwachen in ihm plötzlich Gefühle. Der Lude zeigt Herz und die Schicksale der beiden scheinen sich miteinander zu verknüpfen.

Die Beobachtung des Films: Falke trinkt nun Milch mit Schuss, ermittelt wird vorwiegend zu Fuß und albanische Unterweltgrößen sitzen tagsüber zumeist in Friseursalons, wo Muskelprotze mit bösen Mienen penibel darauf achten, dass dem Clan-Chef tatsächlich nur die Haare gekrümmt werden.

Die Feststellung des Films: Selbststrangulierung ist kein schöner Tod. Denn erst platzen in Lunge, Herz und Hirn der Reihe nach zahlreiche Gefäße. Bis der endgültige Tod eintritt, kann es dauern.

Was noch hängen bleibt: Der Hurenpass ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die Anmeldebescheinigung von Prostituierten. Das Papier ist Bestandteil des am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetzes zum Schutze von Prostituierten.

Die Randnotiz des Films: Hamburger Berg lautet der frühere Name des heutigen Hamburger Stadtteils St. Pauli. Das Gebiet zwischen Millerntor im Osten und dem westlich an der Grenze zu Altona gelegenen Nobistor durfte aber zunächst nicht besiedelt werden. Ab dem 17. Jahrhundert zogen allerdings immer mehr Händler, Handwerker, Betriebe und Prostituierte auf den elbnahen Hügel, der 1833 nach der gleichnamigen Kirche umbenannt und 1894 eingemeindet wurde.

Unser Fazit: Mia Spengler thematisiert in ihrer emotionalen Kiez-Ballade den Mythos St. Pauli. Ohne zu sehr zu romantisieren stellt sie mithilfe ihrer Geschichte über eine frühere Szene-Legende das alte und oftmals verklärt dargestellte Rotlichtviertel dem heutigen St. Pauli gegenüber, wo inzwischen osteuropäische Banden herrschen und für Leute wie Lübke kein Platz mehr zu sein scheint. Weil Spengler es darüber hinaus versteht, ihre nahegehende Handlung auch optisch und akustisch ansprechend zu verpacken, gibt's für "Die goldene Zeit" eine verdiente Zwei plus.

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