Klammheimlich: Bob Dylan holt endlich Nobelpreis ab

2.4.2017, 10:58 Uhr
Klammheimlich: Bob Dylan holt endlich Nobelpreis ab

© dpa

Bob Dylan schweigt und schweigt und schweigt - und schweigt auch noch weiter, als er den Literaturnobelpreis mit Monaten Verspätung bekommen hat. Bei einem Konzert in Stockholm am Samstagabend verliert der US-Rocksänger 120 Minuten lang kein Wort über die Auszeichnung. Kurz zuvor hat er den Preis aus den Händen der Jury in Empfang genommen. Nur zwölf Mitglieder der Schwedischen Akademie waren bei der kleinen Feier hinter verschlossenen Türen dabei, sonst niemand. So hatte es sich der 75-Jährige gewünscht, den das Gremium im Oktober als ersten Songschreiber überhaupt mit dem prestigeträchtigen Preis bedacht hatte.

Ein bisschen etwas verrät Akademie-Chefin Sara Danius dann noch: "Die Stimmung war ausgelassen", schreibt sie nach Mitternacht in ihrem Blog. Champagner sei geflossen. Vorher hatte alles geheim bleiben müssen: Weder mit dem Ort noch mit dem Zeitpunkt durfte die Schwedische Akademie herausrücken. Für die heimliche Übergabe hat die Jury Dylan entgegen der Tradition wohl in dem Konzerthaus aufgesucht, in dem er kurz darauf auf der Bühne stehen sollte.

Danach besuchen Danius und Co. "Dylans außergewöhnliche Vorstellung", wie die Chefin der Akademie in ihrem Blog schreibt. Dort hatte sie sich tags zuvor als Fan geoutet, indem sie ein Bild von sich postete: Auf dem Foto strahlt Danius im T-Shirt mit Dylan-Konterfei und der Aufschrift "Literatur 2016". Bei dem knapp zweistündigen Auftritt am Samstagabend ist ihr Idol in Höchstform.

Kein Wort zu dem Preis

Im weiten schwarzen Anzug und mit einem weißen Hut mit Krempe auf dem Kopf sitzt der Sänger mal am Flügel, mal steht er breitbeinig vor dem Mikrofon, den linken Arm locker angewinkelt. Das ganze Konzert über schweigt er zum Preis und lässt stattdessen seine Lieder für sich sprechen. Als er den Song "Desolation Row" anstimmt, schnellen einige der überwiegend grauhaarigen Fans von ihren Plätzen auf und reißen die Arme in die Luft. In dem elf Minuten langen Versepos legt Dylan sein lyrisches Genie offen.

In der altehrwürdigen Nobelpreis-Jury dürften es einige inzwischen trotzdem bereut haben, den Preis an den Rockstar vergeben zu haben. Vermutlich hatten die Literaturexperten gehofft, ein wenig von dem Glanz und der Berühmtheit des US-Amerikaners könnte auf das Gremium abstrahlen, als sie ihn im Oktober zum Preisträger kürten.

In den vergangenen Jahren hatten der breiten Öffentlichkeit eher unbekannte Preisträger wie der französische Schriftsteller Patrick Modiano (2014) und die Weißrussin Swetlana Alexijewitsch (2015) nicht sonderlich viel Publicity erregt.

Doch der Rockstar schlug die Jury, selbst Meister des Hinhaltens und der Geheimniskrämerei, mit ihren eigenen Waffen. Erst ließ er sie wochenlang zappeln, dann sagte er ihnen für die Preisverleihung im Dezember ab und verriet bis vor wenigen Tagen nicht einmal, ob er bei seinen Konzert-Auftritten in Stockholm an diesem Wochenende denn auch den Nobelpreis abholen würde.

Dylan sorgt für viel Wirbel

Der Jury blieb derweil nichts anderes übrig, als beharrlich klarzustellen: Für uns ist Dylan Preisträger 2016, für seine "poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition", egal, wie die Geschichte ausgeht. Als der Star sich endlich rührte, dürften die Juroren erleichtert aufgeatmet haben.

Eine Frage bleibt noch offen: Was ist mit der traditionellen Nobelvorlesung, die alle Preisträger innerhalb eines halben Jahres nach der offiziellen Verleihung am 10. Dezember entweder persönlich halten oder etwa per Video einreichen müssen? Nur dann darf Dylan eigentlich Preisgeld, Medaille und Urkunde behalten.

"Die Akademie hat Grund zu der Annahme, dass eine aufgenommene Version zu einem späteren Zeitpunkt gesendet werden wird", schreibt Danius dazu in ihrem Blog. Der Weltstar spielt eben nach seinen eigenen Regeln. Vom Publikum verabschiedet er sich am Samstagabend mit dem Song "Why Try To Change Me Now" ("Warum jetzt versuchen, mich zu ändern"). Eine kurze Verneigung und der Literaturnobelpreisträger huscht von der Bühne.

Verwandte Themen


3 Kommentare