Lahm: Schwule Fußballer sollten sich nicht outen

17.3.2021, 10:50 Uhr
Der erfolgreiche Profi-Fußballer Philipp Lahm - hier mit dem WM-Pokal - hat jetzt sein zweites Buch vorgelegt.

© ODD ANDERSEN, NN Der erfolgreiche Profi-Fußballer Philipp Lahm - hier mit dem WM-Pokal - hat jetzt sein zweites Buch vorgelegt.

Vor zehn Jahren hat Philipp Lahm schon einmal ein Buch geschrieben – und überholte damals auf Anhieb die sogenannte Skandal-Autorin Charlotte Roche, deren "Schoßgebete", eine Art Sex-Ratgeber, dann nur noch Rang zwei der Bestsellerliste des größten deutschen Internet-Ladens belegten. Über Nacht war auch auch Lahm, damals der Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft, ein Skandal-Autor geworden.

"Der kleine Unterschied", so hieß der Erstling, meinte zwar nicht den zwischen Mann und Frau, Sex kam – davon abgesehen, dass Lahm versicherte, nicht schwul zu sein – gar nicht vor. Aber Lahm hatte ein paar seiner ehemaligen Trainer ins Schoßgebet genommen: den taktisch ahnungslosen Klinsmann, den naiven Gute-Laune-Onkel Völler, den selbstgerechten van Gaal, den Despoten Magath.


Mit Philipp Lahm Treuchtlinger Waldluft schnuppern


Das kam nicht gut an, Lahm musste sich öffentlich entschuldigen, man erlebte eine groteske Pressekonferenz. "So etwas tut man nicht als Nationalspieler", sagte der Bundestrainer Joachim Löw; "Trainer kritisieren, das macht man nicht", sagte zu Löws Linker Lahm. "Das habe ich Philipp auch so gesagt", sagte Löw, Lahm sagte: "Der Fehler war, dass ich Trainer kritisiert habe, so, wie der Trainer sagt", Schlusssatz: "Ich werde nicht mehr über Trainer urteilen."

Jetzt hat er es doch wieder getan. Ob dieser Magath "eine Spielidee hatte, ist schwer zu sagen", schreibt Lahm in "Das Spiel: Die Welt des Fußballs" (erschienen bei C.H. Beck, 19,95 Euro), räumt aber auch ein, Magaths Gedankenwelt vielleicht noch nicht ganz durchdrungen zu haben: "Ob es Sinn hatte, Menschen immer wieder den Wallberg hinauflaufen zu lassen, vermag ich nicht zu beurteilen." Zu befürchten hat Lahm diesmal aber nichts, er ist ja kein Fußballer mehr und Löw macht bald auch Schluss als Bundestrainer.

Vorstellen durfte der Weltmeister-Kapitän von 2014 sein Buch im Münchner Literaturhaus, wo einst der damalige Bayern-Trainer Pep Guardiola aus den Werken des katalanischen Dichters Miquel Marti i Pol las. Die Liebe gehört zu dessen großen Themen, Lahm wollte sie auch nicht ganz aussparen – und rät Fußballern ab, sich zu ihrer Homosexualität zu bekennen, solange sie noch aktiv sind. Er misstraut der Toleranz des Betriebs und nennt "die Chancen gering, so einen Versuch in der Bundesliga zu wagen und halbwegs unbeschadet davonzukommen".

Glücksgefühl beim Hobby-Kick

Das löste einigen Widerspruch aus, andere halten die Branche für nicht mehr ganz so beschränkt. Aber ein gewisser Kulturpessimismus zieht sich insgesamt durch Lahms breit gefächertes Sachbuch, in dem es um Taktik und Nachwuchsarbeit geht, aber auch um Rassismus, Korruption und Gewalt – ein weites Feld. Den Frauen, findet Lahm zum Beispiel, müsse sich der Profifußball mehr öffnen. Aber es muss ja gar nicht die Bundesliga sein. Das "Glücksgefühl" Fußball, "dessen Intensität durch die Gemeinschaft wächst", lasse sich, meint Lahm, beim Hobby-Kick schöner erleben als im kommerzialisierten Spiel. Das Glück im Stillen suchen? Immerhin eine schöne Vorstellung für diesen oft so lauten Sport.

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