Sechs Millionen für die Mittelalterhalle

Neue Chance fürs Germanische Nationalmuseum: Sanierung kommt voran

19.5.2021, 17:53 Uhr
Blick in die von Sep Ruf Anfang der 1960er Jahre entworfenen Mittelalterhalle, die derzeit saniert wird. 2023 soll sie wieder öffnen.

© Roland Fengler, NNZ Blick in die von Sep Ruf Anfang der 1960er Jahre entworfenen Mittelalterhalle, die derzeit saniert wird. 2023 soll sie wieder öffnen.

Schnörkellos, offen und hell: Das sind die Markenzeichen der Bauten von Sep Ruf, einem der bedeutendsten Architekten der Nachkriegszeit in Deutschland. Auch die sogenannte Mittelalterhalle am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg hat der Meister der Leichtigkeit und des Lichts Anfang der 1960er Jahre so gebaut. In den Jahrzehnten danach wurde sie "versaut", wie es GNM-Direktor Daniel Hess salopp-drastisch formuliert. Damit ist jetzt Schluss: Für sechs Millionen Euro soll der Geist von Sep Ruf zurückkehren.

Blinde Fenster hinter dicken Vorhängen, ein Sammelsurium an Stellwänden und sonstigen Einbauten in den verschiedensten Materialien, auf dem Boden eine einsame Rollstuhlrampe ohne Geländer und an der Decke ein Durcheinander an nachgerüsteten Lichtquellen: Würdig war dieser Rahmen schon lange nicht mehr für eine der weltweit bedeutendsten Kunstsammlungen des späten Mittelalters, die in diesem rumpeligen Ambiente ein Schattendasein fristeten.


Alles über das Wahrsagen: Neue Ausstellung im GNM


Neue Verglasung

2018 wurde der Ausstellungsbereich für das Publikum geschlossen, seither laufen die Renovierungs-, Entschlackungs- und Aufrüstungsmaßnahmen: Dreifach- statt Einfachverglasung, Barrierefreiheit, klar gegliedertes Kunstlicht an der Decke, Lehmputz an den Wänden zur Regulierung des Feuchtehaushalts, neue Technik, neue Wärmedämmung auf dem Dach und transparente Vorhänge vor die Scheiben.

Denn: Wegen der direkten Lichteinstrahlung durch die viereinhalb Meter hohen Scheiben, kann man auch künftig nicht auf Sonnenschutz verzichten, erklärt Jürgen Wolff, der zuständige Architekt im GNM.
2023 soll die Mittelalterhalle im runderneuerten 1960er-Jahre-Bau wieder eröffnet werden. Und was kommt rein? "Im Prinzip dasselbe wie vorher", sagt Hess. Nur anders präsentiert. Bislang waren die Gemälde, Altartafeln und Madonnen nach sogenannten Schulen geordnet. Ein kunsthistorischer Ansatz, der am Interesse der breiten Besucherschaft aber eher vorbei ging.


Die Pläne des neuen GNM-Chefs Daniel Hess


Märtyrer und Heilige

Künftig soll es um Themen der mittelalterlichen Bildwelt gehen. Um die Heiligenverehrung zum Beispiel, um Märtyrer oder die Bedeutung von Reliquien. Neben Gemälden und Skulpturen sollen dann auch Objekte der Volkskunst und des Kunsthandwerks gezeigt werden für ein vollumfängliches Eintauchen in die Gedanken-, Gefühls- und Kunstwelt des 15. Jahrhunderts.

Sanierungsmaßnahmen wie in der Mittelalterhalle sind in dem größten Kulturhistorischen Museum im deutschsprachigen Raum mit seinen Bauteilen aus verschiedenen Jahrhunderten ein Dauerzustand seit zwanzig Jahren. Und einer der bleiben wird. Auch der sogenannte Süd- und der Südwestbau müssen saniert werden. Das ist dann aber mit 5000 Quadratmetern Ausstellungsfläche eine andere Nummer als die vergleichsweise überschaubare Mittelalterhalle mit ihren 800 Quadratmetern.

Weitere Maßnahmen können jedoch erst angegangen werden, wenn das riesige Tiefdepot bezogen ist, das derzeit unter dem Großen Klosterhof entsteht. Denn dort müssen die Stücke aus den zu sanierenden Gebäuden unterkommen.


Mit der Ausstellung "Der frühe Dürer" gelang dem GNM 2012 ein echter Blockbuster


Fertig werden soll das Tiefdepot in diesem Herbst. Seine Bestückung wird zwei Jahre dauern und ist eine logistische Herausforderung: 65.000 Objekte müssen bewegt werden. Die Vorbereitungen laufen. Jedes Teil – vom Knopf bis zum Himmelbett – bekommt seinen exakten Platz in den fünf Geschossen des Tiefdepots zugewiesen. Es dürfte der größte Umzug des Jahrzehnts in Nürnberg werden.

Verwandte Themen


Keine Kommentare