Porentief rein: Die Kreuzwegstationen von Adam Kraft

20.2.2018, 09:18 Uhr
Porentief rein: Die Kreuzwegstationen von Adam Kraft

© Katrin Müller

Frau Müller, warum war der Zustand der Sandsteinreliefs überhaupt so schlecht?

Die Bildwerke standen rund 400 Jahre als Andachtsbilder im Freien, und die Zeit hatte sichtbare Spuren hinterlassen. Deshalb entschied die Stadt Nürnberg schon in den 1850er Jahren, sie zu restaurieren und anschließend vor Ort durch Kopien zu ersetzen. Das geschah allerdings nicht auf einmal, sondern schrittweise im Laufe mehrerer Jahrzehnte. Dafür beauftragte man auch immer wieder andere Restauratoren, die jeweils ihre eigenen Methoden und Mittel anwendeten. Die ersten Reliefs wurden Ende des 19. Jahrhunderts als Depositum ins Germanische Nationalmuseum verbracht, das letzte Relief erst kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Szenen haben also einerseits eine ganz unterschiedliche Restaurierungsgeschichte und waren andererseits unterschiedlich lange der Witterung ausgesetzt.

 

Was sind die ersten Arbeitsschritte?

Bevor wir mir den Reinigungsarbeiten begonnen haben, untersuchten wir erstmal den Zustand der Reliefs: Das bedeutet, für jede Szene wurden alle Befunde zur Werktechnik und auch Reste der ehemaligen Farbfassung genau dokumentiert. Außerdem habe ich an einzelnen Stellen Proben des aufliegenden Schmutzes und der dunklen Verfärbungen entnommen und im Labor auf ihre Bestandteile untersuchen lassen. Erst als wir all diese Informationen zusammen hatten, konnten wir gemeinsam mit dem zuständigen Sammlungsleiter Frank Matthias Kammel und den Restauratoren des Instituts für Kunsttechnik und Konservierung (IKK) das weitere Vorgehen planen.

Für welches Verfahren haben Sie sich entschieden?

Die dunkle Schmutzkruste bestand vor allem aus Ruß, aber auch aus Staub, Gips und Fasern, schlicht also aus „dreckiger Großstadtluft“. Sie hatte sich im Laufe der Zeit mit dem Stein fest verbunden und ließ sich nicht einfach mit heißem Dampf abwaschen. Bei so hochwertigen Bildwerken setzen wir einen spezifizierten Laser ein. Mit präzise justierbarer Energiedichte kann er gezielt Verschmutzungen beseitigen, ohne die Sandsteinoberfläche auch nur im Geringsten zu beschädigen. Die konzentrierte Energie bewirkt, dass die Schmutzpartikel verdampfen. Dabei muss man sehr genau arbeiten, man scannt die Oberfläche mit dem Laserstrahl Zeile für Zeile ab. Für eines der rund 1,70 mal 1,50 Meter großen Reliefs habe ich knapp zwei Wochen gebraucht.

Gab es auch Stellen, an denen es nicht gelang, den Schmutz zu verdampfen?

Der Laser arbeitet mit hoher Energie, also Hitze. Er erreicht seine Grenzen, wenn es um die Entfernung von organischem und brennbarem Schmutz geht. Deswegen war die Reinigung der Szene mit Veronika, die Christus das Schweißtuch reicht, ganz schön kniffelig. Dieses Relief kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg ins Museum, nachdem es bei einem Bombenangriff schwer beschädigt worden war. Es barst und die Bruchstücke fielen in glühenden Schutt. Durch die große Hitze schmolzen Überzüge aus organischen Substanzen wie Harzen und Ölen, die bei früheren Restaurierungen aufgetragen worden waren, und drangen tief in die Poren des Steins ein.

Was taten Sie in dem speziellen Fall?

Wir verwendeten eine schwache Lauge, die in einem chemischen Prozess die Harze und Öle zu einer wasserlöslichen Seife umwandelt. Um das schwarzbraune Gemisch möglichst restlos aus dem Stein heraus zu ziehen, habe ich auf der Oberfläche des Reliefs eine mit Lauge getränkte Kompresse aus Zellstoff wie einen Verband aufgelegt. Nach ein bis spätestens fünf Tagen hatte sich die Kompresse mit der schwarzbraunen Farbe vollgesaugt und konnte ausgetauscht werden. Mindestens drei Durchgänge waren nötig, bis die Sandsteinoberfläche wieder zum Vorschein kam, an manchen Stellen musste ich die Kompressen sogar achtmal wechseln.

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