Starker Terror-"Tatort": Plötzlich fällt eine Leiche vom Himmel

20.3.2016, 21:45 Uhr
Starker Terror-

© NDR/Marion von der Mehden

Der letzte Fall, in dem Falke (Wotan Wilke Möhring) im niedersächsischen Salzgitter den Tod eines Asylbewerbers in einer Polizeizelle aufklärte und dabei in einen tiefen, braunen Sumpf geriet, hat sichtbare Spuren hinterlassen, die sich bis in die jetzigen Folge ziehen. Weil Kollegin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) am Ende von "Verbrannt" ihren Abschied verkündete, streift der Bundesbulle fürs erste wieder als einsamer Wolf von einem Ort des Verbrechens zum nächsten. Doch Falkes Chef will dem Cop zügig einen neuen Partner zur Seite stellen.

Bis dahin testet der Milchtrinker im Auftrag der Bundespolizei die Sicherheitssysteme deutscher Flughäfen. Selten hat ein derart überqualifizierter Mitarbeiter diesen Job ausgeführt. Bei seinem Einsatz am hannoveranischen Airport versucht Falke, verbotene Gegenstände durch die Kontrollen zu schleusen und überprüft dabei, ob und wie schnell die dortigen Mitarbeiter ihm auf die Schliche kommen.

Mit neuer Kollegin auf Verbrecherjagd

Im Zuge dessen macht er zunächst unsanfte Bekanntschaft mit der Faust von Polizistin Julia Grosz (Franziska Weisz). Weil jedoch nicht nur buchstäblich eine Leiche wenig später vom Himmel fällt, sucht die junge Ermittlerin den erfahrenen Cop am Abend in dessen Hotelzimmer auf und bittet ihn um Rat. Die Kommissare fördern zutage, dass der jordanische Geschäftsmann getötet worden ist und eigentlich nur deswegen, weil er verwechselt wurde. Schon bald haben es die Cops mit einer Bande zu tun, die eine Art Luxusschleuserei betreiben, bei der pro Person bis zu 200.000 Euro den Besitzer wechseln. Außerdem lungert da noch ein IS-Rückkehrer in Hannover herum. Enis Günday (Cem-Ali Gültekin) kämpfte jahrelang in Syrien. Nun plant er mit seinen Gefolgsleuten einen Anschlag.

Der siebte Einsatz von Ermittler Falke liefert in der Tat reichlich, zumeist sehr realitätsnahen Stoff. Manch ein Regisseur hätte sich jedoch dabei übernommen, aus den vielen Zutaten ein gutes Stück Film zusammenzubrauen, das unterhält und Spannung generiert. Doch Özgür Yildirim, der bereits beim ersten Falke-Krimi auf dem Regiestuhl saß, und seinem Autor Florian Oeller gelingt es in der Tat, dem Zuschauer eine flotte Story aufzutischen. Auch wenn man von Anfang an Bescheid weiß, wer der Mörder ist. Nur ganz selten wird im neuen Falke-Fall die Logik kurz aus den Angeln gehoben.

Ästhetische Bilder, wirkungsvoller Soundtrack

Da Yildirim in Kooperation mit seinem langjährigen Kameramann Matthias Bolliger ein spezielles Farbkonzept entwickelt und etliche Schauplätze in ein grüngelbes und grüngraues Licht getaucht hat, ist "Zorn Gottes" schon allein optisch ein sehenswerter Streifen. Die Farben ziehen sich durch den ganzen Krimi und verleihen ihm so eine gewisse ästhetische Struktur. Auch was die Musik angeht überließ Yildirim nichts dem Zufall. Der in Hannover ansässige House-Produzent Mousse T. generierte gemeinsam mit Peter Hinterthür den unauffälligen, aber äußert wirkungsvollen Soundtrack, in dem kühle Synthesizer-Klänge im Hintergrund vor sich hin wabern und sich bei Bedarf mit flächigen Sounds vereinen. Zudem hat Mousse T. einen eigenen Falke-Song komponiert.

Erfreulich ist obendrein, dass Yildirim darauf verzichtet, seine brisante Geschichte über Schleuser und IS-Kämpfer mit erhobenem Zeigefinger zu erzählen. Ohne in die Klischeefalle zu tappen, flechtet der Regisseur das schwierige Thema Terrorismus in der richtigen Dosis in die Geschichte ein. Eine Wertung jeglicher Art findet nicht statt. Yildirim überlässt es dem Zuschauer, sich ein Urteil zu bilden. So wird denn auch der zurückgekehrte Terrorist nicht dem Vorurteil entsprechend als radikales, gewissenloses Monster dargestellt. Enis erfährt viel elterliche Liebe, bekommt sogar kurz vor Ausübung des Anschlags Skrupel und zweifelt an der Richtigkeit seiner bevorstehenden Tat.

Dass Yildirim viel Wert darauf legt, dass seine Schauspieler ihre Texte frei sprechen können, merkt man dem "Tatort" in jeder Szene an. Yildirim fordert von seinen Akteuren stets, sich vom Drehbuch zu lösen, damit eine Natürlichkeit entsteht und starre, steife Konversationen verhindert werden. So etwas fördert die Lebendigkeit. Agil und frisch wirkt denn auch Falke selbst. Nachdem er in "Verbrannt" viel zu hadern hatte, scheint er bei den Ermittlungen am Flughafen regelrecht aufzublühen. Falke plaudert unentwegt. Er scherzt und juxt. Doch Kollegin Grosz, die am Ende seine neue Partnerin werden wird, kann dem Gagfeuerwerk noch nicht all zu viel lustiges abgewinnen. Aber das ändert sich vielleicht im Laufe der kommenden Fälle.

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