Viel Lob für eine spürbare Verjüngung des NN-Kunstpreises

19.7.2019, 10:45 Uhr
Die Preisträger (von links) mit der Jury-Vorsitzenden, Prof. Julia Lehner (Dritte v. links): Urban Hüter (1.Preis für seine Kupferskulptur "pole"), Dashdemed Sampil, Anders Möhl und Claudia Schulz (die eine gemeinsame Arbeit zeigen), Alexander Ivanovski, André Debus (2. Preis), Susanne Jost, Jürgen Durner und Simon Kellermann (weiterer 2. Preis).

© Günter Distler Die Preisträger (von links) mit der Jury-Vorsitzenden, Prof. Julia Lehner (Dritte v. links): Urban Hüter (1.Preis für seine Kupferskulptur "pole"), Dashdemed Sampil, Anders Möhl und Claudia Schulz (die eine gemeinsame Arbeit zeigen), Alexander Ivanovski, André Debus (2. Preis), Susanne Jost, Jürgen Durner und Simon Kellermann (weiterer 2. Preis).

Kinder, schafft Neues! Was Richard Wagner vor bald 170 Jahren forderte, bewegt seither die Kunstwelt. Auch der NN-Kunstpreis ist in diesem Jahr davon nicht unberührt. Und das gleich mehrfach: Nicht nur die Arbeiten kommen frisch aus den Ateliers. Vor allem ist mehr als jeder Dritte der Kunstschaffenden zum ersten Mal in der großen Sonderschau oder sogar überhaupt vertreten, die wieder "ganz unterschiedliche, aber richtungsweisende Positionen" vereint, so Moderator Rainer Kretschmann zur Eröffnung am Mittwochabend.

Beim Ort der offiziellen Preisverleihung gab es schließlich ebenfalls eine Premiere: Weil der Kulturgarten für längere Zeit eine Baustelle und daher gesperrt ist, diente die benachbarte, wiederaufgebaute Marthakirche als würdige Ausweichstätte. Freilich trauerte mancher Gast der lauschigen Sommerabend-Atmosphäre im Freien und unter alten Bäumen nach.

Bürgerschaftliches Engagement

Doch der stilvolle Kirchenraum erwies sich als keineswegs weniger passend: "Wir sind hier ja auch eine Art Gemeinde", begrüßte Nürnbergs Kulturreferentin Julia Lehner, auch als Vorsitzende der Kunstpreis-Jury, die Anwesenden und zog noch eine weitere Parallele: "Ohne großes bürgerschaftliches Engagement wäre die Wiederherstellung dieses Gotteshauses nach dem schweren Brand nicht so schnell gelungen. Solcher Einsatz hatte schon die Einrichtung der Kunstvilla in der Blumenstraße möglich gemacht." Damit hatte Lehner den Bogen zu Bruno Schnell geschlagen. Der im vergangenen Jahr verstorbene Verleger der Nürnberger Nachrichten hatte der Stadt das Gründerzeit-Anwesen für einen symbolischen Preis überlassen und so den entscheidenden Anstoß gegeben, hier der Kunst aus Franken ein Domizil zu schaffen. Und er hatte mit dem NN-Kunstpreis Maßstäbe gesetzt. "Dass Sie das nicht nur aus familiärer Verpflichtung, sondern als eine Herzensangelegenheit fortführen, ist nicht hoch genug zu schätzen", würdigte Lehner das Engagement der beiden Verlegerinnen Sabine Schnell-Pleyer und Bärbel Schnell.


Urban Hüter gewinnt NN-Kunstpreis - das sind die Preisträger


Mit der Dotierung in Höhe von insgesamt 27.000 Euro und der Überblicksausstellung, die bei freiem Eintritt ein möglichst breites Publikum ansprechen soll, sucht der NN-Kunstpreis seinesgleichen, betont die berufsmäßige Stadträtin. Nicht zuletzt passe er perfekt zu den Leitlinien der Bewerbung Nürnbergs um den Kulturhauptstadt-Titel: "Die spielerische Aneignung der Welt, wie sie auch in der Kunst zum Ausdruck kommt, die Freiheit der Kunst und das Miteinander spielen da eine zentrale Rolle." Für angeregte Gespräche und zum Feiern fanden sich Künstler mit Angehörigen, Freunden, Kollegen und Förderern im Glasbau des Künstlerhauses zusammen.

Die NN-Verlegerinnen Bärbel Schnell und Sabine Schnell-Pleyer (Zweite und Dritte von links) beim Rundgang, hier vor Axel Gerckes Ölbild "Yard" und Figuren von Claudia Wirth.

Die NN-Verlegerinnen Bärbel Schnell und Sabine Schnell-Pleyer (Zweite und Dritte von links) beim Rundgang, hier vor Axel Gerckes Ölbild "Yard" und Figuren von Claudia Wirth. © Günter Distler

Als "lebendig, abwechslungsreich und reizvoll" empfand nicht nur der Maler Manfred Hürlimann die Sonderschau; in sein Urteil stimmten auch Gäste wie die Galeristin Sabine Röver, Inge Lauterbach von den Altstadtfreunden und die frühere Abgeordnete Renate Blank ein, die im Bundestag selbst an der Auswahl von Gegenwartskunst für das Hohe Haus beteiligt war. Richtig begeistert war Gabi Meier – besonders über die Verleihung eines 2. Preises an Simon Kellermann. "Sein Talent war damals schon erkennbar", erinnert sich die Grundschullehrerin; Kellermann war in ihrer dritten und vierten Klasse auf der Insel Schütt. Und für sein mutiges Selbstporträt in brillanter Technik hätten ihm auch andere Kunstfreunde sogar den 1. Preis gegönnt.

Für die Aufregung des Abends sorgte ein angeblich spontaner Männer-Strip: Vor dem Bild "WIR" der Malerin Susanne Heinrich entkleidete sich ein Mann, der für das Werk auch Modell gestanden hatte. Auf ihrem „Wimmelbild', wie sie es selbst sagt, hat sie unzählige dünne und dickere, junge und alte Menschen in verschiedenen Positionen in Szene gesetzt – in paradiesischer Nacktheit. Das Vorbild für eine schelmische Figur rechts unten ist ein Bekannter der Künstlerin, der als Striptease-Tänzer sein Geld verdient. Zur Verblüffung und vielleicht auch Verwirrung mancher Besucher, ließ er alle Hüllen fallen und nahm exakt die Position wie im Bild ein: Hände hoch, Zunge raus, frecher Blick. „Das wirkte, als wäre er dem Bild entstiegen“, sagte Susanne Heinrich und erklärte den Auftritt kurzerhand zur Kunst-Performance.

Ausstellungs-Info:

Die Ausstellung im Kunsthaus, Königstraße 93. ist bis 1. September geöffnet (Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr). Der Katalog kostet 15 Euro.

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