Von Schuld und Reue: Der Berliner "Tatort" im Check

4.10.2020, 15:47 Uhr
Berlins Ermittler Karow (Mark Waschke) und Rubin (Meret Becker) bekommen es diesmal mit einer komplizierten Familiengeschichte zu tun. 

Berlins Ermittler Karow (Mark Waschke) und Rubin (Meret Becker) bekommen es diesmal mit einer komplizierten Familiengeschichte zu tun. 

Was zuerst passiert: Am Morgen seines 90. Geburtstags wird Klaus Keller (Rolf Becker) erschossen aufgefunden. Um seinen Hals hängt ein Schild mit der Aufschrift "Ich war zu feige, für Deutschland zu kämpfen". Da sich der Bauunternehmer unermüdlich für die deutsch-jüdische Versöhnung einsetzte, halten Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) einen Anschlag von Rechts durchaus für möglich.

Was danach passiert: Wenig später kommt auch Kellers Bruder Gert ums Leben. Im Gegensatz zu Klaus lebte dieser nach 1945 im Osten der Stadt weiter und machte bis zur Wende Karriere bei der Stasi. Rubin und Karow beginnen nun, im Leben zweier scheinbar vollkommen ungleicher Brüder zu blättern, die das Ende des Krieges getrennt hat und die auch nach dem Mauerfall nicht wieder zueinander fanden.

Was jetzt passiert: Berlins Ermittler verfolgen viele vermeintlich heiße Spuren. Sie beleuchten die Familien der Opfer, stoßen dabei auf rechte Politiker, linke Aktivisten und ein dunkles Geheimnis, das die zerstrittenen Brüder teilen und das sie bis zu ihrem Tod zutiefst gequält hat.

Was sonst so passiert: Die Zuschauer machen Bekanntschaft mit Karows Eltern und erfahren durch sie, dass der Beamte in jungen Jahren eine Vorliebe für Stretchjeans hatte. Derweil sitzt Rubin mit einem jungen Burschen in der Wanne und raucht dabei eine Tüte Gras.

Was sie womöglich schon wussten: Die im Film geschändete Gedenktafel an der Uhlandstraße / Ecke Berliner Straße ist keine Erfindung dieses "Tatorts", denn es gibt sie wirklich. Ein Historiker fand heraus, dass an dieser Stelle 1945 ein Deserteur erhängt wurde. Das 2015 enthüllte Denkmal ist allen gewidmet, die aufgrund ihrer Weigerung, am Krieg teilzunehmen, ermordet wurden.

Was sie womöglich noch nicht wussten: Die Dreharbeiten zu "Ein paar Worte nach Mitternacht" begannen Anfang März dieses Jahres und mussten wegen der Corona-Pandemie mehrere Wochen unterbrochen werden. Erst Ende Mai fiel die letzte Klappe zu dieser zwölften Berliner Episode.

Unser Fazit: Lena Knauss' erster "Tatort" beschäftigt sich mit der deutsch-deutschen Geschichte und wirft zudem einen Blick auf Deutschlands NS-Vergangenheit. Derlei Themen sind eingebettet in ein sich über drei Generationen erstreckendes, überaus komplexes Familiendrama, das von den Zuschauern volle Konzentration verlangt und in dem die Kommissare lange Zeit an der Nase herumgeführt werden. Definitiv kein Krimi für nebenher. Zwei.

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