Wenn Mann Gott spielt: Odenthal-"Tatort" im Check

8.9.2019, 21:46 Uhr
Wenn Mann Gott spielt: Odenthal-

© SWR/Sabine Hackenberg

Um was geht's? Am Ufer des Rheins steht ein verwaister Rollstuhl. Vom Besitzer fehlt jede Spur. Lediglich eine mit Ausweispapieren befüllte Brieftasche können die Kriminaltechniker am Fundort sicherstellen. Lena Odenthal wäre natürlich nicht Lena Odenthal, wenn sie nicht sofort spüren würde, dass hier etwas zum schönen blauen Himmel stinkt. Daher glaubt sie weder an einen Unfall noch an einen Suizid.

Was passiert dann? Auf der Suche nach dem Vermissten stoßen die pfälzischen Fahnderinnen zuerst auf eine Gruppe durchtrainierter Männer, die ihre Autos frisieren und illegale Rennen veranstalten und dann auf Professor Bordauer, einem Hirnforscher mit visionären Plänen. Der Mediziner will Homo sapiens und Künstliche Intelligenz (KI) miteinander fusionieren. Davon profitieren sollen unter anderem Gelähmte und Demenzkranke. Bordauers Pläne gehen aber noch weiter. Mittels präzise gesetzter Platinen will er Sexualstraftäter therapieren, damit die ihre Neigung nicht mehr wahrnehmen und infolgedessen keine weiteren Verbrechen begehen.

Die Geschichte hinter der Geschichte: In seinem sechsten Ludwigshafener "Tatort" setzt sich Regisseur Tom Bohn mit den Möglichkeiten der Gehirnstimulation auseinander. Vor dem Hintergrund eines Verbrechens stellt Bohn in "Maleficius" Chancen und Risiken der fortschreitenden Digitalisierung gegenüber.

Was sonst so passiert: Lena Odenthal schafft es, mit nur einem einzigen Handgriff einen Apfel in zwei exakt gleich große Hälften zu teilen. Daneben legt sie sich kurzzeitig mit Spurenleser Becker an, da der während seiner Pause das Telefon leise stellt und sich zum Kaffeeplausch mit Sekretärin Keller trifft. Johanna Stern hat derweil noch immer so ihre Probleme mit Obduktionen. Doch den gut gemeinten Rat des Rechtsmediziners, sich komplett vegetarisch zu ernähren, da dies den Abstand zu dem ganzen Fleisch größer halte, schlägt sie in den Wind.

Die Empfehlung des Films: Es ist wesentlich einfacher, vorsichtig in eine lang gestreckte Kurve zu fahren, als danach ungeduldig von den Ärzten zu fordern, wieder laufen zu können.

Die Randnotiz des Films: Sich selbst zu lieben, ist der Beginn einer nie enden wollenden Leidenschaft.

Hätten Sie's gewusst? Transhumanisten arbeiten im lockeren Zusammenschluss auf fast jedem Gebiet: Robotertechnik, Hirnforschung, Genetik, Organchirurgie. Sie haben gemeinsam, dass sie nicht an eine Zukunft des Homo Sapiens glauben, weil der offensichtlich nicht in der Lage zu sein scheint, so zu überleben, dass die Erde in ihrer jetzigen Form eine Zukunft hat.

Unser Fazit: Tom Bohns Geschichte über einen zu allem bereiten Professor ist ein "Tatort" an der Grenze zwischen Realität und Science-Fiction und wegen der interessanten Grundidee immerhin einer der besseren Odenthal-Krimis der letzten Zeit. Da der Film aber relativ unspektakulär vor sich hin plätschert, viele Dialoge furchtbar ausgelutscht klingen und vor allem die Akteure in den Nebenrollen wie emotionslose Fremdkörper erscheinen, ist man froh, wenn das Treiben nach knapp 90 Minuten wieder ein Ende findet. Vier minus.

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